Wir segeln und wandern durch die Welt

El Hierro bis Vitoria Brasilien 16.10.2011 bis 04.02.2012 3524 Seemeilen

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El Hierro – nach Sao Vincente Mindelo Kapverden  16.10 bis 24.10. 790 Seemeilen

Es war eine schöne Fahrt, auch wenn es anstrengend war. Zu Beginn ordentlich Wind und Seegang. Wir sind tagelang mit 2 ausgebaumten Vorsegeln gefahren. Das Wetter war meistens bedeckt, gelegentlich ein paar Tropfen Regen. Aber es wurde immer wärmer, vor allem das Wasser. Irgendwann klatschte uns der 1. fliegende Fisch ins Cockpit, ca. 15 cm groß, blauschillernd mit Flossen wie Flügel. Es gab dann einen Flautentag, und am letzten Morgen einen so starken Regen, dass man es kaum glauben konnte. Auf den letzten Seemeilen haben uns noch Delphine begleitet. übrigens haben wir die ganze Fahrt keine Schiffe gesehen, es war nichts außer uns und dem endlosen Meer.

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Mindelo 24.10 bis 31.10.

Die Fahrt in die Bucht von Mindelo war eine Fahrt in eine andere Welt. Viele größere Schiffe, die am Ankerplatz vor sich hin rosten, aber auch Schiffswracks, die dort einfach so liegen. Ohne dass dort irgendetwas wie Tonnen oder andere Markierungen sind. Der Yachthafen selbst ist ganz neu und ist so, wie wir es aus Spanien gewöhnt sind , außer das die Leute hier nicht so freundlich sind. Alle Türen sind nur mit der Marinakarte zu öffnen. Und alles wird bewacht. Ist man dann draußen, weiß man auch warum. überall lungern die armen Menschen herum. Einige lauern darauf, dass sie an die Müllcontainer kommen, andere betteln dich einfach plump an. Und wieder andere verkaufen irgendetwas. Sonnenbrillen, Schmuck, Bananen, Lutscher oder wer weiß was sonst noch. Die Menschen hier sind so arm, der Verdienst liegt bei 180 € im Monat, wenn man Glück hat und überhaupt Arbeit findet. Ich möchte wirklich nicht wissen, was die von uns denken, wenn wir hier so rumlaufen, womöglich noch die Kamera in der Hand… Der Fischmarkt ist so das Verückteste, was ich bisher gesehen habe. Eine kleine Anlegestelle, die Fischer mit den kleinen Booten stehen bis zu den Knien in Sardinen und schaufeln die Fische in Kisten. Ein Gedränge und Geschrei überall. Dann geht es in die Halle. Man quetscht sich durch die Leute, die in der Tür im Weg stehen. So viele Menschen auf engstem Raum. Wir als Weiße dazwischen. Und dann die Fische: Fische, so groß und schwer, dass sie von 2 Personen getragen werden müssen. In einer Ecke der Halle werden die Großen geschlachtet, überall nur Blut. Die Flossen und Gedärme fliegen nur so durch die Gegend. Wenn man da wieder raus ist, dann kommt einem der aufgewärmte Müllduft draußen wie die beste Bergluft vor. Gestern haben wir mit ein paar anderen deutschen Seglern ein Auto mit Fahrer gemietet und sind über die Insel. Wir sind auf den höchsten Berg gefahren. Dort gibt es eine super Aussicht, wenn kein Nebel ist. Wir haben nur den gesehen und ein paar Funkmasten, die von einem Soldaten bewacht wurden der ein russisches Sturmgewehr in der Hand hatte . Die Armut hier ist schockierend, aber die überall beschriebene Kriminalität haben wir nicht kennengelernt, und auch die Ausländer, die hier schon längere Zeit sind, können das nicht bestätigen. Es ist sicher gut, wenn man sich an einige vorbeugende Regeln hält, aber man kann sich hier ganz normal bewegen. Weil wir ja ständig unsere Pläne ändern, hier nochmal ein neuer Plan: Wir starten Morgen Richtung äquator und Brasilien, aber nach dem wir gehört haben, wie hoch die Gebühren auf der Insel Fernando de Noronha sind, wollen wir dort nicht mehr Zwischenstopp machen. Der ist nun aktuell in Salvador geplant. Alles andere bleibt, wie es geplant war. Wir sind dann erstmal eine Weile nicht mehr erreichbar.

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 Mindelo Kapverden- Natal Brasilien 01.11 – 20.11  1629 Seemeilen

Gleich zu Beginn wurde es ruppig, weil zwischen den Inseln eine Düsenwirkung entsteht. Nachdem wir ein paar Stunden später im ruhigerem Wasser waren, ging es die erste Woche zügig mit guten Etmalen Richtung äquator. Aber dann zeigte sich, dass unsere Routenwahl nicht die Beste war. Es geht darum, möglichst schnell durch die Wetterküche der Doldrums zu kommen. Also eine Stelle zu erwischen, die nicht so breit ist. Normalerweise braucht man 1 bis 3 Tage, um dort durchzukommen.Wir aber nicht: geschlagene 5 Tage heftige Regenschauer, Gewitter und wechselnde Winde. Alles an Bord war nass und muffig durch die große Wärme. Als wir dann endlich dadurch waren, hatten wir den Wind von vorne, dadurch sind wir nur sehr langsam vorwärts gekommen. Aber dennoch haben wir diese Tage sehr genossen. Die Sonne, mäßiger Wind und ein unbeschreiblicher Frieden war um uns. Wir hätten so wochenlang weiter segeln können. Die Tage flogen gleichmäßig dahin im Rhythmus unserer 4 Stündigen Wachen. Das ganze Dasein reduziert sich auf unser winziges Schiffchen. Wenn dann mal ein fliegender Fisch ins Cockpit geflogen kommt, wird daraus eine Sensation. Das gilt auch für den Besuch von Delfinen oder Vögeln, die sich einen Moment ausruhen wollen. So ging es dann bis kurz vor der Brasilianischen Küste, nur eben viel weiter westlich als geplant, weil der Wind nicht günstig war. Die letzten 30 Stunden haben wir dann motort und sind so früh morgens in Natal angekommen. Brasilien!!!

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Sandstrand mit Kokospalmen. Der Atlantik ist überquert.

Natal liegt an der Nordostecke von Brasilien und hat auf uns gewaltig Eindruck gemacht mit den vielen Wolkenkratzern. Wir lagen an einem kostenpflichtigen Ankerplatz, der zu einem sehr exklusiven Club gehört. Komplett von der Außenwelt abgeschirmt, mit ständiger überwachung durch das zahlreiche Personal. Wir konnten die Anlage benutzen und waren sozusagen Gäste des Clubs. Wenn man dann das Gelände verlässt, wird einem auch die Notwendigkeit klar. Wir sind trotz des Hinweises, unbedingt nur mit dem Taxi in die Stadt zu fahren, gelaufen. Es war helllichter Tag und wir sahen auch nicht so aus, als wenn es etwas bei uns zu holen gibt. Es war uns aber schon komisch zumute, als wir durch dieses Elendsviertel sind. Unser dreitägiger Aufenthalt ging viel zu schnell um, wir hatten viel zu erledigen. Neuen Proviant, Wasser und Diesel . Dann die zeitraubenden Behördengänge, das Boot aufräumen, alles lüften und trocknen. Einen Nachmittag sind wir auf Erkundungstour mit dem Beiboot und haben uns in das unglaubliche Getümmel von einem überfüllten Badestrand geworfen.

 Natal – Vitoria (Espirito Santo) 23.11 – 05.12  1105 Seemeilen

Die Fahrt an der Küste entlang war weniger schön, wie wir gehofft hatten. Die Sicht war nie so gut, dass man wirklich etwas sehen konnte, zudem war dort sehr viel los, besonders in der Nacht. Viele kleine Fischerboote, die auch tagsüber schlecht zu sehen waren in der Dünung. Und mit jedem Tag wurde dann auch das Wetter schlechter. Am neunten Tag drehte dann der Wind, und es war schlagartig mit den guten Etmalen vorbei. Mit schlechtem Wetter lässt sich ja leben, aber wenn dann noch der Wind von vorne weht, dann reicht es. Wir waren beide genervt und hatten die Nase voll. Es war auch eine lange Zeit auf See, und der Proviant ging zur Neige, vor allem die Leckereien . Und irgendwie wurde es dringend Zeit, sich mal wieder richtig bewegen zu können. Laufen, Laufen, Laufen….Und so haben wir in Vitoria festgemacht. Dort haben wir uns die folgenden Tage über jeden Regenschauer gefreut, den wir nicht auf See abbekommen haben. Wir liegen hier auch wieder in einem Club. Aber im Gegensatz zu Natal ist es hier nicht so nötig, abschirmt zu werden. Es war uns schon erzählt worden, dass zwischen Nord- und Südbrasilien große Unterschiede sind, was die Armut angeht. Hier ist es ohne weiteres möglich, sich frei zu bewegen. Es ist hier vergleichbar mit den spanischen Großstädten, auch wegen der gigantischen Shoppingcenter. Die ersten Tage haben wir so richtig genossen, die riesige Auswahl an frischem Obst und Gemüse und endlich mal wieder ein Stückchen Fleisch.

05.12 – 12.12 Vitoria

Am Sonntag haben wir einen Ausflug gemacht. Ein englischer Segler den wir in Mindelo kennengelernt haben, lebt hier mit seiner brasilianischen Frau. Die beiden waren so nett und haben uns herumgefahren. Unter anderem zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man die gigantischen Ausmaße von Vitoria sehen konnte. Es ist ein unglaubliches Häusermeer. Es war ein schöner Tag und wir haben viel gesehen, was uns sonst aus unserer Hafenperspektive verborgen bleibt.
Das Wetter ist einfach schlecht geblieben, und jeden Tag präsentiert sich ein neuer schlechter Wetterbericht mit Regen und Gegenwind. Da wir nun keine Möglichkeit mehr sehen, noch pünktlich zu Weihnachten in Argentinien anzukommen, haben wir beschlossen die restlichen 1400 Seemeilen erst im neuen Jahr zu segeln. Wir werden von hier auf dem Landwege mit dem Bus weiterfahren, damit wir auf jeden Fall pünktlich in Buenos Aires am Flughafen sind, um Nina und Lisa abzuholen.

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Wir sind wieder auf der Walkabout

Nun sind wir endlich wieder auf dem Boot. Insgesamt 6 Wochen waren wir an Land unterwegs. Die Reise nach Argentinien von hier begann mit einer 8 stündigen Busfahrt nach Rio de Janeiro. Dort sind wir ein paar Stunden herumgelaufen und waren erschlagen von der Armut und dem Dreck, den wir dort sahen. Ein Flug nach Buenos Aires und dann weiter mit dem Bus nach Santa Rosa La Pampa, wo wir nach etwa 36 Stunden angekommen sind. Die Freude war sehr groß, denn Nestor hat uns morgens um 5 Uhr abgeholt. Wir haben die Familie Lara endlich kennengelernt und ein paar faule Tage im Dorf Catrilo verbracht. Es war sehr beeindruckend, mit welcher Wärme und Herzlichkeit wir dort empfangen wurden. So lange hatten wir von diesem Moment gesprochen, und nun war es endlich soweit! Heiligabend haben wir dann im Auto verbracht – eine abenteuerliche Fahrt mit Nestors Wagen nach Buenos Aires und zurück, um Lisa, Nina und Tom abzuholen. Auch das war so richtig herzergreifend, Lisa und Nina nach so langer Zeit wieder zusehen. Mit einem Mietwagen sind wir dann zu viert ( ohne Lisa) auf Reisen gegangen. Durch die endlosen Weiten der Pampa über St. Rafael, Mendoza und St. Luis bis zu den Anden. Auf dem Weg dorthin sind wir bei einer Raftigtour ordentlich nass geworden. An Silvester haben wir in Puente del Inka, auf 2400m Höhe, einen berauschenden Sternenhimmel bestaunt. Die Anden haben uns sehr gefallen, und wir wollen dort unbedingt noch einmal hin, um uns mal so richtig die Beine vertreten. Auf einer sehr schmalen, unbefestigten Naturstraße sind wir einen Pass hinaufgeschraubt. Dort war dann auch die Grenze nach Chile, somit waren wir sogar in Chile. Naja, nur ein paar Meter, denn der Grenzposten war am Neujahrsmorgen noch nicht besetzt, aber immerhin. Von dort sind wir in eisiger Kälte und dünner Luft von 4200 m noch ein wenig höher gewandert. Nach einer Woche waren wir wieder in Santa Rosa. Das bedeutete für uns, Abschied von den Kindern zu nehmen, und Frauke ist für 2 Wochen nach Deutschland in die Kälte geflogen. Während dieser Zeit bin ich mit dem Bus zurück nach Brasilien gefahren. Ich habe 4 Tage aus dem Fenster die Landschaft an mir vorbeifliegen gesehen. Die Fahrt ging von Santa Rosa nach Buenos Aires, dann nach Florianopolis in Südbrasilien, wieder Rio de Janeiro und nochmal mit einem weiteren Bus nach Salvador. Ich bin nicht sofort zum Boot zurück, sondern habe einen Freund in Salvador besucht, den wir auf unserer Reise kennengelernt haben. Es war so schön, wieder auf einem Schiff zu sein. Die Stimmung im Hafen und all das, Salvador hat mich wirklich schwer beeindruckt. Dort sollen jedes Wochenende 20 Menschen getötet werden! Ständig wird man angesprochen, wegen Geld oder Zigaretten. Man macht jeden Schritt mit erhöhter Aufmerksamkeit. Dort legen fast täglich Kreuzfahrschiffe an. Was für ein Kontrast, wenn dann hunderte von „Reichen“ über die Stadt einfallen. Teile der Altstadt sind sehr schön restauriert. aber direkt daneben sind dann schon wieder die Armenviertel. In Salvador ist es völlig normal, an Menschen vorbeizugehen, die sich auf dem Bürgersteig zum Schlafen hingelegt haben. Und alle Müllsäcke werden gründlichst nach Essbarem durchgewühlt. Mit unserem Freund sind wir, nachdem wir Frauke vom Flugplatz abgeholt haben, noch einige Tage per Mietwagen herumgefahren. Wir waren südöstlich von Rio de Janeiro an der Costa Verde, Badeurlaub, damit Frauke wieder Sonne tanken kann. 2 Tage hatten wir ein Appartement in Rio gemietet, in der zweiten Reihe an der Copacabana. Die Wohnung hatte eine riesige Dachterasse, und wir hatten Blick aufs Meer, zwischen 2 Hochhäusern hindurch. Der Zuckerhut stand auch noch auf dem Programm, die Seilbahn dort hinauf ist sehr teuer. Aber wie sich Rio von dort oben präsentiert, macht einen schier sprachlos. 560 km sind es von Rio de Janeiro bis nach Vitoria. Und die Fahrt wäre uns beinahe zum Verhängnis geworden. In der Nacht endloser Gegenverkehr, auf einmal ist ein LKW direkt vor uns auf unserer Spur am überholen. Ich musste von der Straße herunter und war heilfroh, dass es dort keine Hindernisse gab. Echt Glück gehabt!!

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Mitten in der Nacht sind wir beim Boot angekommen. Zum Glück haben wir noch jemanden gefunden, der uns mit einem Schlauchboot zur ankernden Walkabout gebracht hat. Aber unser Boot lag dort mit abgerissenem Bugspriet. Ich hatte so etwas schon geahnt, durch ein Telefongespräch mit unserem Aufpasser. Bei sehr starkem Wind ist die Leine zur Mooring gerissen und der Bug in den Steg hineingeknallt. Der Schaden ist jedoch überschaubar gewesen. Und wenn man überlegt, dass wir einen dicken Mastunfall vor dem Start hinter uns haben, kann mich so etwas nicht wirklich schocken. Ohne den neuen Tag abzuwarten, sind wir wieder an den Steg und haben uns erst dann in die Koje geworfen. Jetzt haben wir uns wieder auf dem Boot eingerichtet, unser Freund ist abgereist. Der Schaden am Bugspriet ist provisorisch so behoben, dass wir sicher weiterreisen können. Das abgerissene Wasserstag habe ich durch ein Stück Ankerkette ersetzt, und der Bugkorb wurde geschweißt. Wir haben Glück, dass der Mast stehen geblieben ist, denn ich lasse das zweite Vorstag immer angeschlagen. Wenn das Boot dann später an Land steht, muss unser Bugkorb neu gerichtet werden, und ein neues Stück Teakholz muss eingepasst werden. Auch die Kette werden wir wieder mit einem Draht austauschen. Das ärgerlichste an dieser ganzen Aktion war unser Schweißer. Er hat sich einen Tag vorher die Arbeit angeschaut und ein Angebot gemacht. Dem habe ich zugestimmt, aber ich hatte ihn durch meine mangelnden Portugiesisch-Kenntnisse wohl falsch verstanden. Selber Schuld, ich hätte es ja aufschreiben können. Aber dennoch hat er die Arbeit nicht gut gemacht und für die 2 Schweißnähte viel zu viel Geld bekommen, fast 200 €.

Wir haben uns nun vorgenommen, nicht mehr so schnell zu reisen, sondern an unseren Stationen mehr Zeit zu verbringen. Somit haben wir an den letzten beiden Tagen schöne Ausflüge mit unserem Segel-Dhingi rund um die Buchten und Inseln in der Nähe gemacht.