Wir segeln und wandern durch die Welt

Fidschi – Vanua Levu – Savusavu

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Nachdem wir 15 Seemeilen vor Tonga abgedreht haben, sind wir zügig und bei besten Segel-Bedingungen bis nach Vanua Levu durchgerutscht. Das bedeutet zu deutsch “ großes Land “ und ist mit 5600 qkm die zweitgrößte Fidschi-Insel. Die im Süden gelegene Hauptinsel Viti Levu hat eine Gesamtfläche von 10400 qkm. Fidschi besteht aus 332 Inseln, davon sind über 100 dauernd bewohnt. Unser erster Eindruck bei der Annäherung : grün, alles total grün und sehr hügelig. Bei der Einfahrt am Morgen nähert sich von hinten eine schicke Segelyacht mit deutscher Flagge. Das ist die 20 Meter lange Red Cat mit den beiden Eignern, einem befreundeten Paar und Bootsmann Alex an Bord. Mit denen zusammen werden wir später noch einen netten Abend im Restaurant der Marina verbringen. Nicht ganz unsere Liga, aber trotzdem gut für interessante Gespräche beim Bier.
Es ist kaum zu glauben, aber nun liegen wir schon seit über einer Woche in Savusavu am Steg der Copra Shed Marina. Sehr angenehm, so können wir einfach unabhängig voneinander ausgehen. Unser Platz ist ausgesprochen günstig, da der Preis nach Bootslänge abgerechnet wird. So zahlen wir für diesen Luxus mit unserer Walkabout nur etwa 10 Euro mehr als draußen an einer Mooring – pro Woche. Da kann man nicht meckern. Viel los ist in dieser überschaubaren Marina nicht, aber natürlich kommen wir mit vielen Leuten ins Gespräch. Amerikaner, Kanadier, Neuseeländer, Franzosen, nur zwei deutsche Boote außer uns. Wir machen die Bekanntschaft mit einem jungen Mann aus der Schweiz, welcher auf einer der umliegenden Inseln einige Monate Freiwilligen-Arbeit leistet. Er hat die Walkabout von der Straße aus gesehen und kommt uns am Steg besuchen. Sehr interessiert an unserer Reise und sehr erstaunt, denn er hat noch nie so ein kleines Boot gesehen, das über die Weltmeere schippert. Die Leute haben einfach keine Ahnung davon, dass die Größe eines Schiffes überhaupt nichts mit der Sicherheit zu tun hat. Allerdings muss ich zugeben, dass ich hier auf Fidschi zum ersten Mal einen Kühlschrank vermisse. Savusavu mit seinen knapp 3500 Einwohnern soll laut unserem Reiseführer einer der schönsten Orte Fidschis sein, allerdings haben wir diese Schönheit bis jetzt noch nicht entdeckt. Der Yachtclub ist nett, es gibt ein paar kleine Geschäfte und Restaurants, Busbahnhof, eine Tankstelle, mehrere Geldautomaten ( Vorsicht ! ) und einen Bäcker mit einem mageren Angebot. Währung ist der Fidschi-Dollar, die Preise für das tägliche Leben sind okay, in Fidschi-typischen Lokalen kann man sogar richtig günstig essen. Einen Großteil der Bevölkerung stellen die Inder, zur Zeit etwa 40 %. Die Amtssprache ist englisch – sehr praktisch. Gesprochen werden aber ebenfalls Fidschianisch und Hindustani. Wir lernen schnell ein paar wichtige Wörter auf Fidschianisch, z. B. “ Bula “ für “ Hallo ! Guten Tag ! “ oder “ Vinaka “ für “ Danke „. Ausnahmslos alle Einheimischen begegnen uns sehr freundlich. Die einzige Hauptstrasse ist staubig und lebhaft, ringsherum verwilderte Gärten und nicht zu bändigender Urwald. Hurricane Winston, der im Februar über das Land gefegt ist, hat starke Spuren hinterlassen. Am Ufer und im flachen Wasser verrotten viele Boote. Ein paar Einheimische versuchen, das ein oder andere Schiff wieder flott zu machen. Auf unseren Ausflügen ins Hinterland sehen wir überall demolierte Häuser, eingestürzte Holzhütten und Wellblech-Baracken ohne Dach. Es ist heiß, dazu herrscht eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Man geht also duschen, und gleich danach strömt der Schweiß schon wieder aus allen Poren. Die Sonne brät gnadenlos jeden Tag, die Hitze macht uns ziemlich platt. Dabei befinden wir uns hier gerade mitten im Winter. Es gibt nur elf Stunden Tageslicht, gegen 7.00 Uhr morgens wird es hell, und um 18.00 Uhr ist es schlagartig zappenduster.

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Wir machen zusammen mit Hilde und Hermann einen Tagesausflug per Taxi, damit wir etwas mehr als die Hafen-Perspektive kennenlernen. Der indische Taxi-Fahrer Mahendra holt uns morgens um 9.00 Uhr vor der Marina ab und bringt uns zunächst zu den nahegelegenen Hot Springs. Aus mehreren Quellen sprudelt und dampft siedendheißes Wasser. Die Einheimischen aus den umliegenden Häusern nutzen dieses, um dort ihr Essen zu kochen. Tatsächlich steht in der Mitte ein mit einem Kartoffelsack abgedeckter Kochtopf im Wasser. Weiter geht die Fahrt, zunächst an der Küste entlang und dann ins Landesinnere bis zum Botanischen Garten.

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Hier werden wir bereits von einem Führer erwartet, der von uns pro Person 20,- Dollar kassiert. Unverschämt teuer ! Aber der Park ist gepflegt, die Wege sind gut in Schuss, wir sehen eine Menge wirklich beeindruckender Pflanzen. Das Einzige, was stört…. dass wir von unserem Fahrer einfach ohne Absprache dahingekarrt wurden und sofort wieder tüchtig zur Kasse gebeten werden.

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Als Nächstes werden wir zu einem unüberschaubar großen Privat-Grundstück gebracht, das in früheren Zeiten einer reichen Dame gehört hat. Es wird kein Eintrittsgeld verlangt, dafür hören sich die Erzählungen von Mahendra wie das Verkaufsgespräch eines Immobilienmaklers an. In diesem Resort mit eigenem Swimmingpool-Pool stehen 5 schicke Villen für zahlungskräftige Gäste bereit. Die alte Lady ist bereits vor 10 Jahren verstorben, seitdem versuchen die Erben, das Anwesen für 2 Millionen Dollar zu verkaufen. Gärtner halten das riesige parkähnliche Grundstück in Ordnung, selbst der Pool ist mit Wasser gefüllt und sauber. Mittagspause im Hongkong-Restaurant, danach kauft Hermann ein Bündel Kava als Gastgeschenk. Unser nächstes Ziel ist ein Wasserfall, allerdings führt die Straße an einem kleinen Dorf vorbei. Hier lässt uns der Fahrer aussteigen. Wir werden vom Dorfältesten begrüßt, der Kava wird überreicht, zusätzlich müssen wir noch 10,- Dollar Wegegeld bezahlen. Es folgt ein Ritual mit zahlreichen gemurmelten Beschwörungsformeln und lautem Händeklatschen. Danach steht unserer Weiterfahrt nichts mehr im Wege. Das Dorf können wir leider nicht besichtigen, da der Sonntag auf Fidschi heilig ist und keine Störungen geduldet werden. Ein kurzer Fußweg bringt uns zum Wasserfall, man kann sich sogar ins kalte Wasser wagen.

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Zum Abschluss dieses Tages gibt es am Abend eine private Kava-Zeremonie auf der Pacifico. Wir möchten das Zeug ja mal probieren, bevor es ernst wird und wir es in den entlegenen Dörfern aus Höflichkeit mittrinken müssen. Wir nennen die schlammgraue Flüssigkeit “ Pfütze “ – und ungefähr so schmeckt es auch. Man verspürt recht schnell ein Kribbeln im Mund, die Lippen werden taub, die Zunge wird schwer. Viel mehr passiert nicht, trotzdem ist es ganz lustig.
In den nächsten Tagen sind wir alleine und unternehmen ein paar kleine Paddeltouren mit unserem Dinghi in der Savusavu Bay, unter Anderem zum Hausboot von Curly und zur SY YabYum von Andrea und Heinz aus Oesterreich. In Whangarei haben wir uns noch am letzten Tag vor der Abreise ein kleines Kayak gekauft. Dieses sit-on-top Kayak muss jetzt unbedingt ausprobiert werden. Dafür machen wir einen Ausflug zur Nachbarinsel Nawi, auf der gerade ein schickes Resort gebaut wird. Leider ist die Insel in Privatbesitz, so dass wir nicht auf Erkundungstour gehen können. Kaum an Land, da kommt schon ein Angestellter mit dem Fahrrad angefahren und erzählt uns, dass das Betreten verboten ist. Aber der Mann ist sehr nett und erlaubt uns, an diesem flachen Sandstrand ein bisschen zu üben. Es klappt besser als erwartet. Ich glaube, ich kann mich mit unserem neuen Wassertaxi anfreunden.
Wir möchten gerne den Hauptort der Insel kennenlernen und fahren dafür morgens früh mit dem Linienbus nach Labasa an der Nordküste. Für nur umgerechnet 3,- Euro pro Person bekommt man gut 2 Stunden Fahrt von Savusavu im Süden bis auf die andere Seite Vanua Levus geboten. Es geht schaukelig durch das bergige Landesinnere. Auch hier sind die Zerstörungen durch den Hurricane Winston allgegenwärtig. In der Mitte des Busses über dem Fahrer hängt ein großer Fernseher, auf dem die neuesten Videos laufen. Laute Musik-Berieselung nonstop während der ganzen Fahrt, das gibt Kopfschmerzen. Wir sind froh, als wir endlich aussteigen können.

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Labasa ist mit 24.000 Einwohnern schon eine richtige Stadt. Der Markt ist wesentlich größer als in Savusavu. Obst, Gemüse, Gewürze und handwerkliche Arbeiten werden in zwei Hallen angeboten. Dahinter am Flussufer reihen sich wackelige Bretterbuden aneinander, an denen es ein reichhaltiges Angebot an frischem Fisch zu kaufen gibt. Touristen ? Fehlanzeige. Es kommt uns so vor, als wären wir die einzigen Ausländer zwischen den hier lebenden Fidschianern, Indern und Chinesen. Nach Labasa fährt wohl Niemand, um Urlaub zu machen. Kein Wunder, die Stadt ist nicht besonders attraktiv. Eine Moschee und zwei Hindu-Tempel, das wissen wir aus dem Reiseführer. Wir finden diese Gebäude auch ohne Tourist-Info und Stadtplan.

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Einer der Tempel ist weithin zu sehen, schön bunt, und mit Elefanten verzierte Tore wirken fröhlich und einladend. Durch das nur angelehnte Tor wagen wir uns auf das Grundstück und werden von einem jungen indischen Mädchen empfangen. Schon am Eingang habe ich meine Schultern mit einem Tuch bedeckt, nun ziehen wir noch die Schuhe aus und werden barfuß zu einer Art Veranda geführt. Hier gibt es einen prunkvollen Sessel, ein Sofa mit Brokatdecken und eine schlichte Bank, auf der wir warten. Dann erscheint der Erste Priester aus den hinteren Räumen, begrüßt uns freundlich und fragt, ob wir den Tempel besichtigen möchten. So bekommen wir eine Führung und einen kleinen Eindruck von der indischen Kultur. Gegen 16.00 Uhr finden wir uns wieder am Busbahnhof ein. Inzwischen herrscht reges Treiben – was für ein Gewimmel ! Die Schule ist aus, es ist Wochenende, alle Kinder und Jugendlichen aus den Internaten fahren nach Hause. Weiße, graue, blaue und rosafarbene Schuluniformen bestimmen das Bild. Wir bekommen zum Glück gerade noch einen Sitzplatz. Der Bus fährt abends die längere Tour, wieder kostet es nur 3,- Euro pro Person, dazu die neuesten Videos und Musikhits inclusive. Im Dunkeln geht die holprige Fahrt über die Dörfer, wo die Eltern ihre Kinder an den Haltestellen abholen. Das Aus-dem-Fenster-Schauen ist richtig spannend.
Trotz unserer Hitze-Apathie haben wir inzwischen unsere To Do- Liste abgearbeitet und sind bereit zum Auslaufen. Das kaputte Segel ist abgeschlagen und unser altes Groß-Segel wieder montiert. Thomas war oben im Mast, das Rigg ist gründlich kontrolliert. An dieser Stelle herzlichen Dank an Manni Hausmann, der uns nach unserem Kran-Unglück 2011 sehr geholfen hat und viele Stunden an unserem neuen Mast gebastelt hat. Saubere Arbeit, und er wollte dafür keinen Cent als Bezahlung annehmen. Unsere Einladung steht immer noch ! Das Gasproblem ist gelöst, die Solarpaneele arbeitet einwandfrei, wir haben Strom ohne Ende. Unsere Polster wurden nochmal geändert, die nette Schneiderin kam direkt an Bord. Die Matratzen haben viele Stunden draußen in der Sonne gelegen, um dem Schimmel entgegenzuwirken. Viel Diesel haben wir auf dem Hinweg nicht gebraucht, aber dennoch 35 Liter nachgetankt. Unsere Wassertanks sind wieder voll, 100 Liter Wasser haben wir gebunkert, da dieses auf den entlegenen Inseln ein Problem werden könnte. Unser Motor ist frisch gewartet. Die Ankerkette liegt komplett an Deck, wurde Zentimeter um Zentimeter genau angesehen und mit neuen Markierungen versehen.

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Unser Cruising Permit ist fertig ausgestellt und erlaubt uns, alle anderen Inselgruppen ohne weitere Formalitäten anzulaufen, sogar die Lau-Gruppe im Osten. Eigentlich ist alles bereit, es fehlt nur noch der Einkauf. Wir brauchen Frisch-Proviant für die nächste Etappe und viel Kava als Gastgeschenk für die Stammesältesten, damit wir die Erlaubnis bekommen, durch die Dörfer zu laufen. Wahrscheinlich werden wir Savusavu am Mittwoch verlassen. Es wird höchste Zeit – wir haben Ameisen an Bord. Die kleinen Krabbeltiere kommen über die Leinen an Deck, den Honigtopf im Schapp haben sie bereits gefunden. Aber wir warten noch auf unsere Freunde von der Meerbaer, die Freitag aus Neiafu / Tonga gestartet sind und Montag oder Dienstag ankommen werden.

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