Wir segeln und wandern durch die Welt

Grand Canyon 01.10. – 04.10.2017

Der Grand Canyon ist eine steile Schlucht im Norden des US-Bundesstaates Arizona. Er zählt zu den großen Naturwundern der Erde und wird jedes Jahr von rund fünf Millionen Menschen besucht. Der gesamte Gebiet des Grand Canyons ist etwa 450 Kilometer lang, zwischen 6 und 30 Kilometer breit und bis zu 1800 Meter tief.

Zunächst einmal stehen wir am Sonntag eine Stunde zu früh auf, weil wir unsere Uhren nicht umgestellt haben. Trotzdem ist es um 6.00 Uhr schon hell und warm. Was für ein Unterschied zu den frostigen vergangenen drei Wochen ! Thomas geht rechtzeitig zum Ranger Office wegen unseres Backcountry Permits. Um Viertel vor acht warten dort bereits 6 Leute, die reservieren möchten, aber wir sind an zweiter Stelle auf der Warteliste. Die Situation hat sich nicht geändert, unsere gewünschten Plätze sind nicht verfügbar. Also ändern wir mal wieder unsere Pläne, damit wir morgen auf unsere 3-Tage-Tour starten können. Als Nächstes möchten wir unseren Zeltplatz für eine Nacht verlängern. Stehen um 9.00 Uhr beim Büro und erfahren, dass freie Einheiten erst nach 12.00 Uhr vergeben werden. Das Dumme ist nur, dass wir nicht einfach stehenbleiben können. Wir müssen unseren Platz bis um 11.00 Uhr räumen, das bedeutet, unser Zelt abbauen und alles im Auto verstauen. Was für ein Schwachsinn ! Jedenfalls in unseren Augen …. und die Dame im Office ist nicht kompromissbereit. 🙁 Okay, wir werden warten und wiederkommen. Wir checken aus, nutzen die Zeit für Kaffee und Internet im General Store, gehen duschen. Immer noch haben wir zwei volle Stunden zum Totschlagen. Mittags steht hinter Thomas eine junge Frau in der Schlange, die gar kein Zelt dabei hat, sondern im Auto schläft. Gestern war sie auch schon hier, musste allerdings abends aus dem Park herausfahren, weil sie keine Parzelle bekommen hatte. Das ist ja noch unverständlicher. 🙁 Theoretisch könnte der Wagen auf einem der zahlreichen Parkplätze stehen, aber das ist streng verboten. Als Thomas endlich an der Reihe ist, bekommt er tatsächlich einen neuen Zeltplatz für die nächste Nacht. Wir bilden eine Mini-Gruppe mit der jungen Frau. Drei Personen, zwei Autos und ein Zelt auf einer Parzelle zahlen dasselbe wie wir alleine. Ist nicht ganz logisch …. Die junge Frau freut sich, dass wir zusammen stehen, denn die letzte Nacht war es ihr alleine am Waldrand etwas unheimlich. Uns ist es egal. Sie ist ein nettes Mädel. Und wir sind nicht gemacht für solche starren Regeln. Im Grand Canyon Nationalpark brauchen wir die Erlaubnis und zahlen für etwas ganz Elementares : Wandern und Zelten, was wir auf dem CDT über 5 Monate lang umsonst hatten. Wahrscheinlich sind diese strengen Vorschriften notwendig, um den Besucher-Strom zu regulieren, aber deswegen müssen wir es ja trotzdem nicht toll finden. Das ganze Theater dauert bis um 13.00 Uhr, dann dürfen wir unser Zelt in einer anderen Ecke des Campingplatzes wieder aufbauen und einräumen. Wir ärgern uns sehr darüber, dass wir nun einen halben Tag mit Warten und Anstehen verbracht haben, anstatt die Gegend zu erkunden. 🙁 Am Nachmittag reicht die Zeit gerade noch für den Widforss Trail. Das sind nur 16 Kilometer über einen schönen Waldweg bis zum äußersten Ende, wo der Berg steil abfällt und eine grandiose Aussicht auf die verschiedenen Canyons freigibt. Am Widforss Point steht ein Picknick-Tisch, an dem wir Pause machen. Dann geht es auf demselben Weg wieder zurück. Trotzdem sieht aus der veränderten Perspektive alles ganz anders aus. Die Sonne scheint durch jungen Birkenwald und lässt die Blätter goldgelb leuchten. Ein richtiger Hingucker ! Nur leider bekommen wir keine Tiere zu sehen. Die sind wohl so schlau, dass sie sich in Regionen mit nicht so vielen Menschen zurückziehen …. oder erst abends aus ihrer Deckung kommen, wenn der Wald ihnen alleine gehört. 😉

Am Montag dürfen wir endlich richtig loslegen. Wir haben nur einen kurzen Wandertag bis zum Cottonwood Campground vor uns. Deswegen machen wir am Vormittag noch eine kleine Rundfahrt mit unserem Auto, den sogenannten „Scenic Drive „. Endpunkt unserer Spritztour ist der Point Imperial, mit 2700 Metern der höchste Aussichtspunkt. Von dort aus hat man Blick auf den tiefsten Punkt im Nationalpark, den Colorado River, der 1830 Meter weiter unten durch die Schlucht fließt.

Danach starten wir voll motiviert den North Kaibab Trail. Wir möchten von Norden nach Süden durch verschiedene Canyons laufen. Es geht nur bergab, eine gut angelegte Spur, steil, aber ohne weitere Schikanen. Wir laufen durch den Supai Tunnel, einem Durchgang aus rötlichem Gestein. Von da aus geht es auf einem schmalen Pfad tiefer und tiefer in den Keller des Grand Canyons. Die hohen senkrechten Felswände zur rechten Seite, den Abgrund zur linken Seite …. Da wird es uns direkt schwindelig, wenn wir stehenbleiben und mit gerecktem Hals nach oben blicken. Anfangs begegnen uns noch manchmal ein paar Wanderer, die schwitzend auf dem Weg nach oben sind. Je weiter wir uns vom Startpunkt am Parkplatz entfernen, umso einsamer wird es. Wegen unseres späten Starts haben wir den ganzen Nachmittag Schatten, weil die Sonne bereits hinter den Bergen steht. Einmal kommt uns eine Gruppe mit 15 Maultieren am Hang entgegen. Offensichtlich werden die Mulis von Touristen geritten, die ihre eigenen Beine nicht so anstrengen wollen. Wir verlassen den Weg und machen uns an der Felswand dünne, um die Karawane vorbei zu lassen. Dabei denke ich, dass mir das Reiten auf diesem schmalen Pfad gar nicht geheuer wäre. Da laufe ich doch lieber selber und passe auf, wo ich hintrete. 😉 Über die Redwall Bridge marschieren wir weiter bis zur Roaring Forks Spring. Das ist eine Quelle, die hoch oben aus dem Berg entspringt und so einen breiten Wasserstrahl hat, dass man dazu getrost “ Wasserfall “ sagen kann. Die Roaring Forks Spring stürzt sich mehr als 50 Meter tief bis in den Canyon, wo sie sich als rauschender Bach weiter durch die Schlucht windet. Je tiefer wir kommen, umso wärmer wird die Temperatur. Am Wegesrand stehen vereinzelte Wacholder-Büsche, und es gibt wieder Kakteen. Die Abendsonne beleuchtet die Berge auf der Ostseite, die Gipfel sehen aus wie mit Gold überzogen. Gegen 18.00 Uhr erreichen wir unseren gebuchten Platz am Cottonwood Campground. Nicht ganz so eng wie befürchtet – wir haben eine eigene Parzelle mit Picknick-Tisch und verschließbarer Metallkiste für unser Essen. Tiere scheint es hier kaum zu geben. Unterwegs haben wir nur einige besonders dicke graue Eichhörnchen ( Aberthörnchen ) gesehen. Beim Abendessen fliegt eine Fledermaus mehrmals über uns hinweg ( oder waren es vielleicht zwei ?). Grillen zirpen laut, das haben wir schon lange nicht mehr gehört. Durch die Zeitverschiebung wird es schon sehr früh dunkel. Den größten Höhenunterschied haben wir heute bereits hinter uns gebracht. In den letzten drei Stunden sind wir ungefähr 1300 Höhenmeter abgestiegen in den Canyon. Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass wir diesen steilen Weg übermorgen wieder aufsteigen müssen, um zurück zum Auto zu gelangen. 😉

Sternenklarer Himmel über der Schlucht. Der Mond scheint hell durch die Zeltwände. Wir hatten eine sehr milde Nacht. 🙂 Frühmorgens geht es auf dem North Kaibab Trail gleich kräftig weiter mit Absteigen. Unser Pfad schlängelt sich immer eng an den Wänden entlang. Neben uns fließt der Bright Angel Creek, den wir mehrmals überqueren. Feste Holzbrücken führen über den Fluss, so dass wir mal auf der einen, mal auf der gegenüberliegenden Seite des Bright Angel Canyon wandern. Wir können eine Herde von Maultier-Hirschen mit Nachwuchs am Wegesrand beobachten. Die Jungtiere sehen echt witzig aus, denn die langen Eselsohren sind größer als das Gesicht. Eine knallgrüne Echse flitzt vor uns davon und verschwindet zwischen den Felsen. Im Tal gibt es eine Ranger-Station, vor der Holzhütte hängt eine riesige US-Flagge auf Halbmast. Warum, das wissen wir bisher noch nicht, aber es wird sicher einen triftigen Grund geben. Irgendetwas Schlimmes muss im Land passiert sein. 🙁 Bereits um 11.00 Uhr haben wir die ersten 12 Kilometer geschafft und erreichen die Phantom Ranch. Dort gibt es einige Unterkünfte und eine bewirtschaftete Hütte. Laut unserer Karte soll das eine Kantine mit Snack Bar sein, deswegen hatten wir auf ein zweites Frühstück spekuliert. Aber die Preise sind derart unverschämt, dass wir gleich wieder umkehren und die Tür von außen zumachen. Nur ein kleines Stück weiter liegt der Bright Angel Campground, wo wir die Nacht verbringen werden. Es war nicht unbedingt unser Wunsch, aber die beste verfügbare Alternative. Nun haben wir den großen Vorteil, dass wir bereits unser Zelt aufstellen und einräumen können. Die nächsten 20 Kilometer machen wir einen Rundweg, und am Abend werden wir hier wieder ankommen. Nachdem das Lager eingerichtet ist, gibt es unsere beliebten Haferflocken. Gut gestärkt starten wir mit leichtem Gepäck von diesem tiefsten Punkt unserer 3-Tage-Tour. Von nun an geht es wieder stetig bergauf. Links vom Wegesrand gibt es eine kleine Nische, die Platz für einen aufgeworfenen Grabhügel bietet. Das Grab ist mit komplett mit Steinen aus dem Grand Canyon bedeckt, eine Fahne und einige Kleinigkeiten sind als Dekoration eingebaut. Zunächst staunen wir nur und wundern uns über dieses überraschende Denkmal. Dann finden wir eine in den Felsen eingelassene Tafel mit der Erklärung : Hier liegen die Überreste von Rees Bladen Griffith, der sich sehr um den Grand Canyon verdient gemacht hat. Im Jahre 1922 wurde er beim Bau des South Kaibab Trails von einem großen Felsen getroffen und erlag wenig später an dieser Stelle seinen schweren Verletzungen. Wir finden, es gibt schlechtere Orte für die letzte Ruhestätte. Eine faszinierende Brücken-Konstruktion mehr als 20 Meter über dem Wasser liegt vor uns. Die Black Bridge führt in einer Breite von 134 Metern über den Colorado River. Das Besondere daran ist, dass sie auf der anderen Uferseite direkt in den Berg führt. Die feste Metallbrücke ist bis in die Felswand hineingebaut, so dass man durch ein Tor in einen Steintunnel läuft. So eine interessante Wegführung haben wir noch nie erlebt.

Nun teilt sich der Trail in zwei verschiedene Abzweiger, dazwischen liegt der Haupt-Canyon. Wir nehmen zunächst den South Kaibab Trail in Richtung Süden. Sehr schön, aber auch ganz gut begangen. Alleine sind wir erst wieder, als wir auf den Tonto Trail abbiegen. Das ist ein schmalerer Pfad ohne Wegweiser und ohne Wasser. Hier sind keine weiteren Wanderer unterwegs, weil wir abseits der Hauptroute sind. Für uns ist es der Verbindungs-Trail, der uns nach Westen auf die andere Seite bringt. In der Pause leistet uns eine hübsch gezeichnete Echse Gesellschaft, sehr schlank mit grauen Längs-Streifen. Im weiteren Verlauf des Tages sehen wir noch einige weitere Echsen unterschiedlicher Farbe und Größe. Es ist warm, die Reptilien scheinen mit der Sonne aufzuleben.

Das Wandern im Grand Canyon ist etwas ganz Besonderes, eine unglaubliche Landschaft mit erstaunlich gut angelegten Wegen. 🙂 Es folgt ein Stück auf dem Bright Angel Trail, der dann in den River Trail übergeht. Das ist ein richtig toller “ Heimweg “ , denn nun laufen wir direkt über dem sprudelnden Colorado River. Das Wasser schillert grün in der Sonne und fließt mit gewaltiger Strömung dahin. Baden verboten ! Über eine weitere Metallbrücke, die Silver Bridge, kommen wir zurück auf unsere Uferseite. Gegen 18.30 Uhr erreichen wir den Bright Angel Campground und freuen uns über das bereits gemachte Nest. Es war sehr windig, roter Sand hat unser Zelt von außen und innen gepudert. Ein anstrengender Tag – wir sind 30 Kilometer weit gelaufen und hatten dabei etliche Höhenmeter im Aufstieg sowie im Abstieg zu bewältigen. Insgesamt befinden wir uns jetzt 1800 Höhenmeter tiefer als beim gestrigen Startpunkt. Morgen müssen wir alles wieder hinauf ! 😉

Was für eine grandiose Kulisse ! Unser Zelt steht am tiefsten Punkt im Grand Canyon. Gleich neben uns rauscht der Bright Angel Creek. Die Nacht war richtig warm. Unsere Nachbarn beginnen schon mit dem ersten Tageslicht zu rumoren. Kein Problem, da wir gestern bereits um 20.00 Uhr im Schlafsack gelegen haben. 🙂 Die Beine zwicken ordentlich. Zwei Wochen nach Beendigung des CDT sind wir solche harten Tage nicht mehr gewöhnt. Heute geht es auf dem North Kaibab Trail raus aus der Schlucht. Wir starten früh, denn noch sind die Temperaturen angenehm. Die Cafeteria der Phantom Ranch lassen wir wieder links liegen. Bereits um 9.00 Uhr morgens knallt die Sonne in den Kessel. Nach knapp 3 Stunden kommen wir am Cottonwood Campground an, wo es Trinkwasser aus der Leitung und Picknick-Tische im Schatten gibt. Haferflocken-Pause. 😉 Bis hierhin haben wir ungefähr ein Viertel des Aufstiegs hinter uns, 1350 Höhenmeter liegen noch vor uns. Nach weiteren 5 Stunden ist es geschafft. 🙂 Ging ganz gut, aber jetzt reicht es auch. 😉 Am Trailhead treffen wir nochmal auf die junge Frau, mit der wir uns eine Nacht den Platz geteilt haben. Von da aus fahren wir direkt zum General Store für Kaffee, Eis und Internet. Wir erfahren den Grund für die Halbmast-Beflaggung : In Las Vegas ist ein Irrer Amok gelaufen und hat 59 Menschen erschossen. Er selbst nahm sich das Leben, kurz bevor die Polizei sein Zimmer stürmte. 🙁 Wir gönnen uns zum Abschluss eine Dusche, richtig gut und sauber, nur 1,50 Dollar für 6 Minuten. Am frühen Abend verlassen wir den Grand Canyon National Park, um uns einen freien Zeltplatz im Wald zu suchen. Auf dem Weg dahin sehen wir einen Baumstachler, der scheinbar orientierungslos neben der Straße läuft. Als ich zum Fotografieren aus dem Auto steige, wird er aber sehr schnell und rennt in Richtung der Bäume davon. Ich eile hinterher und kann noch ein paar Bilder knipsen, bevor das Stacheltier hoch in der Baumkrone verschwindet.

Links und rechts von der Hauptstraße stehen Dutzende von Rehen. Anscheinend ist Abendessen-Zeit, denn sie grasen seelenruhig ganz dicht neben der Fahrbahn. Ein Wapiti-Hirsch und eine pechschwarze Kuh direkt neben dem Randstreifen ….. Hier am Highway sehen wir mehr Tiere als die letzten 5 Tage im Nationalpark. Wir fahren extrem langsam, weil wir ständig damit rechnen, dass uns ein Reh vor’s Auto springt. Inzwischen ist es schon dunkel, und wir haben Hunger. An einer Tankstelle kaufen wir Sandwiches und Bier, dazu gibt es hart gekochte Eier und Chips. Tolle Party ! 🙂

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