Wir segeln und wandern durch die Welt

Getrennte Wege – Alaska bis Gran Canaria

Thomas bringt mich zum Flughafen, der auf der anderen Seite der Tongass Narrows gelegen ist. Zunächst haben wir eine halbe Stunde Fußweg entlang der hässlichen Hauptstraße – zum Glück ohne Regen. Dann geht es mit einer kleinen Fähre hinüber nach Gravina Island.

Mein erster Flug mit Alaska Airlines startet mit mehr als 2 Stunden Verspätung. Daraus ergibt sich eine stark verkürzte Umsteigezeit in Seattle. Ziemlich unentspannt, das ist gar nicht gut für meine Nerven. Bin 5 Stunden lang total nervös und überreizt. Endlich landet der Flieger, und mir bleiben noch genau 30 Minuten bis zum nächsten Abflug. Kaum dass mich meine Maschine ausgespuckt hat, da bitte ich schon energisch beim nächstgelegenen Schalter um Hilfe, obwohl der Herr gerade mit dem Einchecken der Passagiere für einen anderen Flug beschäftigt ist. Zum Glück erkennt der meine Not, fragt mich nach Fluglinie und Buchungsnummer. Dann schaut er in seinen schlauen Computer und sagt mir, wo ich hin muss. Er zeigt mit seinem Finger die Richtung an, ich renne los ( zum Glück ohne schweres Gepäck  ). Gate S ! Einige Leute machen Platz und lassen mich vor. Ich muss drei Rolltreppen hoch, das geht nicht ohne Drängeln. Rennen, rennen, rennen. Der Flughafen ist riesig, zu Fuß unmöglich. Mehrere Untergrund-Bahnen führen durch das Flughafen-System. Davon muss ich zwei verschiedene Bahnen nehmen, um von C nach A und von A nach S zu kommen. Alles ist so groß und deutlich beschriftet, dass man den Weg tatsächlich sofort finden kann, auch wenn man das Leitsystem nicht versteht. 5 Minuten vor der Abflugzeit erreiche ich völlig außer Atem mein Gate, um dort zu hören, dass der Schalter bereits geschlossen hat. Boarding ist beendet. Drei junge Frauen wuseln dort noch herum und haben Mitleid, denn ich bin inzwischen nicht nur durchgeschwitzt, sondern ziemlich aufgelöst, beinahe den Tränen nahe. Es folgt ein Anruf im Cockpit. Sie geben mir eine Minute Zeit. Reisepass, Buchungsnummer, e-mail-Adresse, Handy-Nummer werden im Bruchteil einer Minute abgefragt. Der Boarding Pass wird erstellt, zusammen mit meinem Reisepass vor den Scanner gehalten – wieder eine Viertel Minute vergangen. Dann wird die Tür zum Tunnel nochmal geöffnet, und eine der Damen führt mich eiligst einen geheimen Weg bis zu meiner Maschine. Ich bin drin, die Tür wird verschlossen. „Ready for take of !“ Gerade noch geschafft. Hinsetzen, Luftholen, Entspannen.

Mein Gepäck ist nicht angekommen. Das war’s dann mit der Entspannung. Ich habe ewig beim Gepäckband gewartet, bin dann zum Sperr-Gepäck, danach zum Lost & Found. Nichts. Wunderte mich jetzt auch nicht weiter nach dem Rennen beim Umstieg in Seattle. Musste an drei Schaltern vorsprechen und mein Anliegen mehrmals erklären, diverse Formulare ausfüllen und bin dann ohne meinen Rucksack zum Ausgang.
Irgendwie nahm das aber kein Ende mit dem Pech. Die Deutsche Bahn fiel mal wieder komplett aus. Es fuhr kein Intercity, kein Regionalzug, noch nicht einmal die S-Bahn. Funkstörung in ganz Hessen. Der Verkehr auf Schienen war komplett lahmgelegt. So brauchte ich 3 Stunden vom Flughafen Frankfurt bis zum Hauptbahnhof. Das ist eine Strecke, die normalerweise 12 Minuten dauert. Ich war für den Tag bedient mit Pleiten, Pech und Pannen. Hatte nur meine kleine Tasche mit Handgepäck, aber natürlich alle Papiere und Wertsachen bei mir. Trotzdem ärgerlich. Und daraus ist ein Generve entstanden, das einige Tage und Nächte andauern sollte. Niemand weiß, wo mein Rucksack auf der Strecke geblieben ist. Es gibt einen Online-Service, angeblich kann man mit einer Tracking-Nummer dort die Reise des Gepäcks verfolgen. Funktioniert aber nicht. Unzählige e–mails und Telefonate später stellt sich heraus, dass es ein Problem mit meinem Nachnamen gab. Ich habe ja nicht nur einen Doppelnamen, der je nach Fluggesellschaft mal auseinander oder zusammen geschrieben wird. Dann die Frage, ob mit oder ohne Bindestrich …. Und ein „ü“ ist auch noch drin, schreibt man dafür jetzt „ue“ im Formular ? Weder noch, die Amis schreiben einfach „Muller“. Und zu guter Letzt hat der Mann am Schalter von Lost & Found bei der Aufnahme der Verlustmeldung noch einen weiteren Schreibfehler in meinen Namen eingebaut. Da muss man auch erstmal drauf kommen. Deswegen konnte das nicht klappen mit der Nachverfolgung im Internet. Eigentlich war vereinbart, dass der Rucksack in mein Frankfurter Hostel geliefert wird. Drei Tage gewartet, aber er kam nicht an, auch keine Information über wann und wo er nun steckt. Hoffentlich landet der nicht  auf Norderney bei meiner Heimatanschrift ! Immerhin habe ich noch einige Wochen „Urlaub“ vor mir und müsste mir dann tatsächlich alles neu kaufen. So habe ich mir in Frankfurt erstmal nur die nötigsten Dinge besorgt : Zahnbürste, Zahnpasta, Waschzeug, ein T-Shirt, Socken und Slip zum Wechseln. Am 4. Tag dann ein Anruf, dass der Rucksack gefunden wurde. Juchhu ! Allerdings war ich nicht mehr im Hostel, sondern den ganzen Tag unterwegs mit dem Zug nach Berlin zu meinem favorisierten Billigflieger. Leider unerreichbar für eine Zustellung. Die Sache wird unheimlich kompliziert dadurch, dass ich nicht direkt nach Hause fahre. Habe den Vorschlag gemacht, meinen Rucksack an den Flughafen Berlin Brandenburg zu schicken, wo ich am Mittwoch früh starte. Das vorläufige Ende der Geschichte : Ich fliege ohne Gepäck nach Gran Canaria. Mein Rucksack sollte bereits einen Tag früher mit einem anderen Flieger auf die Kanaren geschickt werden und kann angeblich dort am Flughafen abgeholt werden. Ich bin gespannt.

Aufstehen um 2.30 Uhr. Die Bahn fährt tatsächlich pünktlich, und mein Flug verläuft angenehm. Auf Gran Canaria frage ich zunächst beim Gepäckschalter der Fluggesellschaft und beschäftige zwei Damen mit meinem Anliegen. Irgendwie verstehen die gar nicht, was ich will. Sie schicken mich weiter zur Ground Force, aber die muss man erstmal suchen und finden. Nichts. Beim Lost & Found bekomme ich mein vermisstes Teil leider auch nicht zurück. Ratlose Gesichter auf allen Seiten. Der Rucksack sollte gestern verschickt werden, ist aber wieder nicht auffindbar. Ich hinterlege meine neue Adresse, das Gepäckstück soll dorthin zugestellt werden.
Eine knappe Stunde Busfahrt nach Playa del Ingles, dann bin ich endlich am Ziel. Im Hostel bekomme ich mein Lieblingszimmer, das versöhnt mich etwas mit der Welt. 🙂

Um 16.00 Uhr Termin beim Zahnarzt. Das Röntgenbild sieht gut aus, der Doktor hat einen Plan. Eine Woche muss ich nun noch so herumlaufen und kann nichts Festes essen. Danach darf ich mich wieder lächelnd unter die Menschen trauen.

Ich brauche dringend ein paar Klamotten. Abends waschen und am nächsten Tag dieselben Sachen wieder anziehen, das möchte ich nicht noch drei Wochen. In zwei Second Hand Läden kaufe ich mir das Nötigste. Warte weiter und habe die Hoffnung schon fast aufgegeben.
Donnerstag bekomme ich eine Nachricht von der Ground Force. Sie haben mein Gepäck gefunden, und ich kann es am Flughafen abholen. Die Freude wird etwas getrübt durch den Umstand, dass ich jetzt extra noch einmal mit dem Bus zum Flughafen fahren muss. Nichts mit Zustellung zum Hostel. Dafür ist dann gleich wieder ein halber Tag futsch. Habe ja keinen Stress und keinen Termin heute, aber ich könnte auch etwas Besseres mit meiner Zeit anfangen. Zwei Stunden später bin ich am Schalter, aber der hat leider gerade geschlossen. Ein Schild sagt : „Komme gleich wieder.“ Ich stehe ungefähr eine halbe Stunde, dann kommt endlich ein Angestellter. Eine weitere halbe Stunde geht drauf für Papierkram. Dann wieder auf den Bus warten, eine Stunde Fahrt nach Playa del Ingles und 25 Minuten Fußweg in brütender Hitze mit 20 Kilo auf dem Rücken. Das Auspacken muss jetzt nicht sofort sein. Ich habe eine ganze Woche auf meine Klamotten gewartet, damit muss ich mich jetzt nicht beeilen.

Das waren ein paar Tage mit viel Ärgern und Nerverei. Sehr schlecht geschlafen, weil mich das Problem auch nachts beschäftigt hat. Aber am Ende wird alles gut. Der Rucksack ist unversehrt, wurde nicht geöffnet, alles drin.  🙂