Unsere Starter-Batterie können wir jetzt notfalls über den Generator laden. Der Käpt’n war erfinderisch und hat ein entsprechendes Kabel gebastelt, weil es hier keins zu kaufen gibt. Im Moment sieht es gut aus, die Batterie hat sich zum Glück wieder erholt. Es lässt sich problemlos starten.
Das Gas ist leer, die Flasche muss ausgetauscht werden. Hatten wir schon erwartet, denn eine 12-Kilo-Flasche hält ziemlich genau drei Monate, wenn wir ganz normal kochen und backen.


Es regnet nicht mehr. Stellenweise wagt sich sogar die Sonne hervor. Sehr schön.
Wir starten in der Kashevarof Passage mit der Strömung und sind fein schnell.
Das Gebiet wird als anspruchsvoll beschrieben. Aufpassen sollte man natürlich. Es gibt Stromversatz und Wasserstrudel. Slalom-Fahrt zwischen treibenden Baumstämmen und Kelp fordert unsere volle Aufmerksamkeit. Zu beiden Seiten der schmalen Fahrrinne wird es flach. Nach vier Stunden Motorfahrt sind wir im Hauptkanal, der Clarence Strait. Anfangs läuft die Strömung dort leider nicht mit. Walkabout macht nur noch zwischen 3,5 und 4 Knoten, die Geschwindigkeit wird aber bald wieder besser. Haben wir also doch richtig mit der Tide gerechnet.


Unterwegs lesen wir von Meyers Chuck, wo es einen langen Holzsteg zum Anlegen geben soll. Das Dörfchen wird als hübsch und idyllisch beschrieben, was sich für uns nach einem lohnenswerten Stopp anhört. Es liegt quasi auf dem Weg, nur 10 Seemeilen auf die andere Seite der Clarence Strait queren. Wir müssen sowieso auf die gegenüberliegende Seite, um nach Ketchikan zu kommen. Um 19.00 Uhr machen wir unsere Leinen fest am Public Dock. Das waren 42 langweilige Seemeilen unter Motor durch die Clarence Strait. Bei Navionics heißt es, dass der Platz am Steg 0,20 pro Fuß kostet, angenehme 7,60 US$ für die Walkabout. Thomas macht sich auf die Suche nach einer Bezahl-Station, findet aber weder einen Kasten zum Einwerfen des Geldes noch irgendwelche Informationen. Vielleicht muss man nicht bezahlen, weil die Saison zu Ende ist ? Morgen schauen wir weiter. Wir möchten natürlich das kleine Dorf erkunden, und es soll einen Trail geben, der zu einem Strand führt. Nur in 5 Hütten brennt am Abend Licht. Im Jahr 2000 wohnten 21 Menschen auf Meyers Chuck, verteilt auf 9 Haushalte. Seitdem hat es wohl keine Volkszählung mehr gegeben. 😉



Früh am Morgen klettert der Käpt’n hoch hinauf. Die Mast-Kontrolle ergibt keine Beanstandungen. Sehr beruhigend. Die paar Menschen, denen wir begegnen, sind ausgesprochen freundlich zu uns. Keine Rede davon, dass wir für den Platz am Steg bezahlen müssen. Wir quatschen mit einem Schreiner, der nur in den Sommermonaten hier lebt. Aus dem angeschwemmten Treibholz schneidet er gleichmäßige Bretter zum Bauen. Wir müssen das Gespräch beenden, weil dessen Frau anruft und Fisch für’s Abendessen bestellt. Also verlässt der Mann seine Holzsäge, um mit dem Motorboot zum Angeln zu fahren. Ein anderer Dorfbewohner sucht ebenfalls den Kontakt und erzählt aus seinem Fischerleben. Auch er möchte gleich zum Angeln raus und sagt dazu : „Das ist viel besser, als nach Hause zu gehen und die ToDo-Liste meiner Frau abzuarbeiten.“ Die Leute, die hier leben, haben Humor. 🙂


Dieses unerwartete Juwel am Rande der Clarence Strait möchten wir etwas genauer erkunden. Es wird wahrscheinlich unser letzter Ausflug mit Bär-Spray sein. Natürlich laufen wir den kleinen Trail, der bis an die Westseite zu einem Strand führt. Eine Menge von der Sonne ausgeblichenes Totholz liegt am Strand. Ein Fischreiher von beachtlicher Größe breitet seine Schwingen aus und ergreift die Flucht, als wir uns nähern.





Am Wegesrand muss man nicht lange suchen, da lauern viele Kuriositäten. Wir haben unseren Spaß daran. Die Einwohner vom Dorf sind echt kreativ. Zum Beispiel entdecken wir auf einem winzig kleinen Hügel ein wunderschönes Gipfelzeichen. Die Redneck Ridge hat eine Höhe von 51,6 Fuß aufzuweisen, das sind weniger als 16 Meter. Außerdem steht auf dem Schild eine Warnung. Es soll ein steiler Anstieg sein. 😉


Eine täuschend echt aussehende Schlange aus Plastik ist um das Ende eines Holzgeländers gewickelt und jagt jedem neuen Besucher erstmal einen Schrecken ein. Mitten im Wald gibt es eine Rutsche, die man besser nicht benutzen sollte. Witzig ist das hier. 🙂



Thomas hält alle paar Minuten an und sagt : „Hier wachsen einem die Beeren in den Mund.“ Ein Wasserflugzeug startet und zieht eine enge Kurve im Hafen, bevor es in die Luft abhebt. Sehr knapp, es sieht schon etwas beängstigend aus. Wir sind froh, dass wir diese Begegnung nicht bei der Ein- oder Ausfahrt haben. Das wirkt aus der Boots-Perspektive vermutlich so, als ob es uns den Mast absäbelt. Auf der anderen Seite führt ein schmaler Pfad entlang der Häuschen. Mittendrin steht ein zutrauliches Reh auf der Wiese. Richtig nett ist es in Meyers Chuck.


Um 15.00 Uhr machen wir die Leinen los. Das Wasser sollte jetzt ablaufen und uns mitnehmen. Kein Wind, ruhige See. Morgen ist mit Gegenwind zu rechnen für das letzte Stück bis Ketchikan.
Mehrere Kreuzfahrt-Schiffe kommen uns in der Clarence Strait entgegen. Eigentlich erstaunlich, denn wir dachten, dass deren Saison vorbei ist.
Erfolgreicher Angel-Stopp bei Ship Island. Eine dicke Scholle landet im Eimer, das reicht uns zum Abendessen.
Es wird jetzt schon um 20.00 Uhr dunkel. Herbst bedeutet lange Nächte. Wir haben uns eine „einfache“ Ankerbucht ausgesucht, die wir mit Hilfe von Plotter und Radar auch in der Dunkelheit sicher anlaufen können. Um 21.45 Uhr fällt der Anker in der Vallener Bay auf Gravina Island.
Unsere letzte Etappe ist angebrochen. Die Landschaft ist zahmer geworden, sanfte Hügel auf den Inseln, wie weichgespült. Noch einmal haben wir Glück mit dem Wetter. Der angesagte „heavy rain“ hat sich auf morgen verschoben. Wir lieben Alaska, auch wenn die Inside Passage mit ihren breiten Kanälen und regem Verkehr nicht zu unseren Favoriten gehört. Die Tide stimmt, wir machen gute Fahrt durch die Tongass Narrows. Was wir am Ufer sehen, das ist fast wie ein Kulturschock. Sehr viel Verkehr, Häuser dicht an dicht, Straßen, Autos, Stromleitungen, hohe Masten. Sowas haben wir lange nicht gehabt. Das ist die Zivilisation mit all ihren Vor- und Nachteilen.
Zunächst halten wir an der Tankstelle, wo wir von einem netten Mädel mit blauen Fingernägeln bedient werden. Haupttank und die Reservekanister sind wieder voll, das Portemonnaie leer. Das einzig Negative an unserem Alaska-Sommer sind die vielen Motorstunden. Demnächst wird endlich wieder gesegelt.
Wir möchten in den Süd-Hafen. Nach kurzem Funkkontakt weist uns der Hafenmeister von Bar Harbor einen guten Platz zu. Direkt vor der Einfahrt ist ein hoher Blas zu sehen. Hoffentlich verirrt der Wal sich nicht zwischen die Stege.


Der erste Eindruck : Ketchikan ist hässlich, laut und stinkt. Es liegen drei Kreuzfahrt-Schiffe an der Hautpier, dementsprechend groß ist das Gewusel. Entlang des Ufers reiht sich ein Souvenirgeschäft neben das andere. Auch wir stürzen uns ins Getümmel und verfallen dem Kaufrausch. In drei Läden werden wir fündig und kaufen Sachen, die wir nicht brauchen.





Langer Weg entlang der Hauptstraße, bis wir endlich „Downtown“ erreichen. Das gefällt uns schon besser, es hat auf jeden Fall einen gewissen Charme. Im Herzen der Stadt sind einige Monumente verteilt, die alle im historischen Bezug zu den Tlingit stehen. Der Adler „Thundering Wings“ wurde von einem Künstler des Tinglit-Stammes aus Zedernholz geschnitzt. Die Skulptur „The Rock“ besteht aus Bronze und repräsentiert 7 Persönlichkeiten aus den Anfangszeiten der Besiedelung.
Erfreulich verläuft später der Einkauf im Safeway. Riesiges Angebot ! Der Laden hat frisches Obst und Gemüse, endlich wieder zu normalen Preisen.



Bei uns gibt es eine Plan-Änderung. Die Reparatur meines Zahnersatzes hat leider nicht lange gehalten. Das Provisorium ist bereits zweimal gebrochen. Ich muss so schnell wie möglich zu meinem Zahnarzt, damit der die angefangene Behandlung wie geplant zu Ende bringt. Nach einer unruhigen Nacht und langem Überlegen steht der Entschluss fest. Ich fliege von Ketchikan direkt nach Gran Canaria, um den Schaden beheben zu lassen. Thomas wird die Walkabout alleine nach Mexiko segeln. Das sind ungefähr 1700 Seemeilen bis Ensenada, wo er einklarieren muss. Danach folgen weitere 1200 Seemeilen um die Baja California herum bis in die Sea of Cortez. Zum 15. Oktober haben wir dort einen Platz in Guayamas reserviert, um das Boot zu lagern.