Wir segeln und wandern durch die Welt

Neue Freunde

Warten, warten, warten ….Unsere Lieferung war von FedEx angekündigt für den Zeitraum Montag zwischen 8.30 und 13.00 Uhr. Das Zimmer muss geräumt werden, wir warten in der Lobby. Gegen 12.30 Uhr kommt Karl ins Hotel. Wir warten gemeinsam. Plötzlich die Nachricht, dass die angekündigte Lieferzeit nach hinten verschoben wird. Jetzt schreiben die auf einmal „bis 17.00 Uhr“.  Damit würde unser Plan für heute wieder scheitern. Das ist viel zu spät für Karl, weil er ja auch noch wieder zurück muss. Ein Weg dauert ca. 4 Stunden, und die Schotterstraße sollte man nicht im Dunkeln befahren. Unsere Laune sinkt immer mehr. Punkt 17.00 Uhr gibt es ein neues update. Jetzt heißt es auf einmal „until end of the day“ – bis zum Ende des Tages. Was ist das denn ? Mitternacht ? Unser neuer Freund Karl hat uns angeboten, dass wir bei ihm zu Hause übernachten können. Aber wir trauen uns hier nicht weg. Nochmal ein Zimmer für die Nacht gebucht. Außer Spesen nichts gewesen. Immer noch keine Schlafsäcke. Das Leben ist kein Ponyhof. Oder …. Die größte Schwierigkeit vom PCT ist der Start. Wie kommen wir dahin ? End of the day ….. Nichts. Ein Anruf spät am Abend bringt uns nicht weiter. Wir haben es wieder nur mit einer Computerstimme zu tun, die uns erzählt, dass die Lieferung zugestellt wurde. Nein, wurde sie nicht !

Früh um 7.00 Uhr am nächsten Morgen kann Thomas die Computerstimme davon überzeugen, dass wir einen richtigen Menschen als Gesprächspartner brauchen. Dessen unbefriedigende Auskunft lautet, dass unser Paket heute unterwegs ist, aber das Auto von FedEx nicht lokalisiert werden kann. Immerhin erreichen wir, dass unsere Lieferung im Lager festgehalten wird, wenn sie in Bellingham eintrifft. Uhrzeit ? Fehlanzeige. Keine Angabe. Warten. Suchen uns ein Café, wo wir zu Dritt eine Stunde Zeit vertrödeln. Es ist immer noch früh am Morgen. Karl weicht nicht von unserer Seite. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns zum Hart’s Pass zu bringen ( oder mindestens bis Mazama ). Nächste Station ist das traute Heim von Premila und Katie. Ihre Spitznamen sind „Mosey“ und „Swept Away“. Beide sind Vollblut-Hikerinnen und auf den verschiedensten Trails zu Hause. Mutter und Tochter, die sich blendend verstehen. Tolle Bekanntschaft, sehr nette Runde. Es werden unzählige interessante Trail-Geschichten erzählt. Wir bekommen mehr Informationen, als wir aktuell verarbeiten können.

Gegen 13.00 Uhr ein weiterer Versuch bei der FedEx Station. Immer noch nichts. Wir gehen Mittagessen. Danach fährt Karl uns ein bisschen durch die Gegend. Was sollen wir sonst machen ? Diese vielen Stunden, die wir jetzt schon warten ….. so langsam wird es zäh. Insgesamt 5 mal betritt Thomas den Laden. Um 16.00 Uhr endlich – der letzte Wagen, der auf den Hof fährt – ist unser Paket dabei. Das waren heute wieder 8 Stunden Warten. Karl hat tapfer mit gewartet und möchte uns tatsächlich noch bis mindestens Mazama bringen. Für ihn wird es vermutlich Mitternacht, bis er wieder zu Hause ist. Seine Zeit und seine Informationen sind unbezahlbar. Wir sind unbeschreiblich dankbar für seine Gesellschaft und seine Hilfe. Bereits vor dem PCT haben wir unseren ersten Trail Angel gefunden. Die Fahrt führt durch den North Cascades National Park. Nördlich von hier gibt es keine Netz-Abdeckung mehr. Trotz US-SIM-Karte werden wir 8-10 Tage ohne Internet sein, sobald wir Bellingham verlassen haben. Wir halten kurz zur Pipi-Pause an einem Wander-Parkplatz an, wo sich noch etliche Touristen tummeln. Tolle Aussicht, aber deswegen sind wir nicht hier. Wir wollen zum PCT.

Der Hart’s Pass liegt in 50 Kilometer Entfernung von der kanadischen Grenze auf etwa 6.500′ Fuß (1.980 Metern). Es ist die höchstgelegene befahrbare Straße in Washington. Schotterweg wäre die richtige Bezeichnung, eng und kurvenreich.19.30 Uhr stehen wir tatsächlich am Hart’s Pass. Der Abschied von Karl ist sehr emotional. Wir haben einen Freund gefunden.

Die Moskitos sind sehr aktiv am Trailhead. Aber kein Vergleich mit den Blutsaugern auf dem AT in Maine 2019 oder denen auf dem Florida-Trail 2022. Der Schnee ist fast weg. Verschiedene Sorten bunter Frühlingsblumen wachsen am Wegesrand. Sehr schön anzusehen. Wir nehmen an einem Bach 2 Liter Wasser mit und bauen bereits nach einer Stunde unser Lager auf. Gegen 22.00 Uhr steht das Zelt. In unseren Rucksäcken herrscht totales Chaos. Nichts ist da, wo es hingehört,  weil wir schon vor einigen Tagen gepackt haben und immer auf dem Sprung waren. Wir kippen erst einmal alles auf den Boden und müssen uns in den nächsten Tagen unbedingt besser sortieren. Die erste Nacht auf dem PCT schlafen wir beide schlecht. Die Isomatten und die neuen Schlafsäcke sind gewöhnungsbedürftig. Das Ersatzzelt ist so klein, dass wir unser Rucksäcke draußen lassen müssen. Damit kann man nicht so leicht nachgreifen. Es fehlen ein paar Teile, die wir nicht mit ins Zelt genommen haben. Ich vermisse mein Schaltuch und mein aufblasbares Kissen. Da gibt es noch Optimierungsbedarf. Auf 6850′ Fuß geht die Temperatur hinunter bis knapp unter den Gefrierpunkt. Kalte Nase und kalte Füße die ganze Nacht hindurch. Es herrscht absolute Stille, bis wir gegen 4.00 Uhr früh vom Vogelgezwitscher geweckt werden.

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