Fahrt nach Cabo Frio 04.02 bis 06.02, Strandleben und Karneval in Rio
Bei leichtem Wind sind wir gegen Mittag gestartet. Endlich wieder unterwegs. Herrliches Wetter aber zu wenig Wind, somit mussten wir etliche Stunden unter Motor fahren. Die Annäherung an die Küste um Cabo Frio ist sehr schön, man sieht die kilometerlangen Strände und segelt zwischen den vorgelagerten Inseln. Die Hafeneinfahrt selbst war sehr nervenaufreibend, schmal und starker Seitenwind. Weil wir nicht so recht wussten, wo wir liegen können, sind wir dem Kanal gefolgt bis mitten in die Innenstadt. Dort haben wir unser Boot ganz gepflegt auf eine Sandbank gesetzt. Von der nahen Brücke war es bestimmt ein Schauspiel, zu sehen wie unsere Walkabout sich immer weiter auf die Seite legt. Zum Glück ist der Tidenhub nicht so groß. Mitten in der Nacht sind wir wieder frei gekommen und haben an einem der vielen Ausflugsschiffe festgemacht. Nach einer kurzen Nacht haben wir dann an einem Liegeplatz in der Nähe der Hafeneinfahrt an den Steg gegangen. Die folgenden Tage waren traumhaft. Die Gegend um Cabo Frio ist sehr idyllisch. Blaues Wasser und weißer Sand. Es gibt viele Strände mit ganz unterschiedlichem Charakter, vom durchgestylten Touristenstrand bis zu den Familienstränden der Einheimischen. Die Tage vergingen wie im Flug, und eigentlich wollten wir gar nicht ans Weiterfahren denken. Am 17.02 sind wir nochmal auf dem Landweg nach Rio und wohnten dort in einem kleinen Hotel mitten im Stadteil Lapa . Tagsüber eine normale Stadt, aber in der Nacht tobt das Leben, überall Buden für Getränke und Essen und ein irres Gedränge bis zum frühen Morgen. Wir haben die Treppe Escaderia Selaron mit Kacheln aus aller Welt gesehen und sind in der Altstadt in einen Karnevalsumzug geraten. Aber der absolute Hammer war das Sambodromo: Vier Karnevalsumzüge haben wir ausgehalten, dann mussten wir einfach ins Hotel zurück, total müde. Das was man im Fernseher davon sieht, ist nur ein müder Abklatsch von dem, was einem dort geboten wird. In unserer Abwesenheit hat sich Cabo Frio total verändert. Die Stadt und die Strände sind jetzt total überfüllt, auch im Iate Clube ist es voll geworden. Alles Flüchtlinge aus Rio de Janeiro, die ein verlängertes Wochenende hier sind. Wir haben heute das Schiff klar gemacht und morgen am 21.02. geht es wieder los. Wir werden die letzten 1400 Seemeilen in Angriff nehmen. Geplant ist noch ein Zwischenstopp in Südbrasilien, weil wir dort endgültig ausklarieren müssen, d. h. zum Zoll, zur Hafenpolizei und zur Policia Federale.
Cabo Frio nach Rio Grande 21.02 bis 03.03.12 882 Seemeilen
Cabo Frio wollte uns einfach nicht ohne Hindernisse loslassen. Wir waren super vorbereitet, hatten das Schiff klar und sogar Essen vorgekocht. An dem Tag war viel Schiffsverkehr und ordentlich Wind, so das wir ständig Schwell von achtern hatten, während wir noch festgebunden waren. Aber die Vorleinen waren von Clubpersonal besetzt und ich habe eine Lücke abgewartet, um rückwärts herauszufahren. Aber kaum war der Gang drin, blieb der Motor schon stehen, denn ich hatte mit der Schiffsschraube eine Leine erwischt.Also ab ins Wasser, nach einigen Tauchgängen war die Leine wieder frei, dafür aber meine Hände mit kleinen Schnitten übersät. Wer braucht schon Handschuhe? Na, beim nächsten Mal werde ich dran denken. Die folgenden 2 Tage hatten wir zum Glück beständigem Wind, so dass wir kaum änderungen an den Segeln vornehmen mussten und meine Hände heilen konnten. Leider hatten wir ansonsten unbeständigen Wind, eher zu wenig, teilweise auch von vorne, so dass wir für die Strecke sehr lange gebraucht haben. Am 9.ten Tag haben wir das ungewöhnlichste Gewitter bisher erlebt: eine riesige Wolkenwalze die über den ganzen Horizont ging . Als wir dort drunter mussten, war es, als würden wir verschluckt. Heftige Böen und Regenschauer, danach stundenlanges Blitzen und Donnern um uns herum. Wir haben uns beide in die Kabine verkrochen und nur gelegentlich die Nase herausgesteckt, um einen Blick auf das Radar zu werfen. Eine Besonderheit auf diesem Törn waren die Vögel: das erste Mal haben wir den majestätischen Albatros gesehen, und sehr oft wurden wir von verschiedenen Sturmvögeln und Sturmtauchern begleitet. Die Einfahrt nach Rio Grande ist mit 10 Seemeilen sehr lang. Sie beginnt mit 2 Dämmen, die uns an die Zufahrt Norddeich Mole erinnert haben. Nur mit dem Unterschied , dass auf der einen Seite Dutzende von Seelöwen lagen. Die meisten lagen nur faul auf den Wellenbrechern herum. Einige haben sich mit einem lauten, unheimlichen Gebrüll Respekt bei ihren Nachbar verschafft. Gefunden haben wir den Yachthafen nur durch die freundliche Begleitung eines einheimischen Motorbootes, das sicherlich 2 Stunden in unserem Schneckentempo vor uns herfuhr. An dieser Stelle herzlichen Dank ! Im Yachtclub Rio Grande hatten wir auch gleich einen Menschenauflauf zum Empfang. Immer wieder sind wir von der Freundlichkeit der Menschen hier begeistert. Der Aufenthalt in Rio Grande war nötig, um uns bei der Polizei abzumelden und einen Ausreisestempel zu bekommen, aber der Ort ist auch sonst einen Besuch wert. Wir haben trotzdem nach 2 Tagen die Leinen wieder losgeworfen, weil wir auf der Zielgeraden nach Bahia Blanca waren und schon wieder etwas Zeitdruck hatten.
Rio Grande Brasilien-Mar del Plata Argentinien 05.03 bis 09.03.12 512 Seemeilen
Nun wird es spürbar, dass wir aus den Tropen heraus sind. Es geht an der Küste von Uruguay vorbei, und die Nächte sind kalt geworden. Wenn der Wind zulegt, dann hat er mehr Biss. Unsere Sprayhood löst sich in einer stürmischen Regennacht auf. Nun wird sie nur noch von Klebeband zusammengehalten. Der Wind war ständig am Drehen, die Fahrt wurde dadurch sehr anstrengend. Aber wir sind so glücklich, endlich mit der Walkabout in Argentinien zu sein, dsas wir schnell wieder im Lot waren. Im Yacht Club Argentino wurden wir sehr freundlich empfangen und liegen dort 7 Tage frei. Und endlich mal ein Yachtclub mit Stander – so konnte ich den ersten Norderneyer Stander tauschen. Die Tage bis zur Weiterfahrt haben wir genutzt, um nochmal einen Besuch in Buenos Aires zu machen. Wir hatten einen Interviewtermin in der amerikanischen Botschaft wegen unseres 6-Monats- Visums und haben uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten angeschaut. Man merkt ganz deutlich, dass nicht viele europäische Segelboote bis Mar del Plata kommen. Wir hatten einen sehr netten Besuch von dem Trans-Ocean -Stützpunktleiter mit seiner Frau, von denen wir sehr viele wichtige Informationen für unsere Weiterfahrt nach Patagonien bekommen haben. Diese ist aber erst im Oktober/November 2012 geplant.
Mar del Plata bis Punta Alta – Puerto Belgrano 18.03 bis 21.03.12
Obwohl der Wetterbericht wieder sehr unbeständig war, sind wir am 18.03. am Nachmittag los, diesmal Richtung Westen. Ein ganz besonderer Törn für uns, der letzte erst einmal, und dementsprechend wehmütig ging es auch los. Wie zu erwarten war, hatten wir keine beständige Wetterlage. Wir mussten uns wegen der Kälte wieder so anziehen, wie es zu Beginn unserer Reise in Deutschland nötig war. Die letzten 20 Seemeilen sind sehr anspruchsvoll gewesen. ähnlich wie bei uns in den Tidengewässern ist es außerhalb der Fahrwasser flach. Die Strömung geht bis zu 4 Knoten, und der Tidenhub liegt bei 4 Metern. Zum Glück hatten wir die Strömung mit uns und sind so mit 7 Knoten bis zum Hafen motort. Inzwischen hatte der Wind kräftig zugelegt. Wir wurden bereits in Puerto Belgrano erwartet. Dank eines Onkels von Nestor hatten wir die Erlaubnis, diesen Hafen anzulaufen, und es waren etwa 6 Personen dort, um unsere Leinen anzunehmen. Aber nach einigen vergeblichen Versuchen war klar, dass wir an dem uns zugedachten Platz nicht anlegen konnten. Wegen des kräftigen Südwindes war der Schwell dort viel zu stark. Na, bis wir endlich sicher festgemacht haben, hat es eine ganze Weile gedauert. Wir lagen am Ende an langen Leinen, zwischen einem großen Fischkutter und der Kaimauer, die wegen des ablaufendem Wassers immer höher wurde. Bevor wir dann völlig geschafft in die Koje krochen, rief uns noch irgendjemand von oben zu: I will bring you a cake!
Puerto Belgrano ist der größte Marinestützpunkt in Argentinien. Und eigentlich darf man dort nur im Notfall, nach vorheriger Anfrage über Funk, hinein. Aber der Onkel von Nestor hat es geschafft, uns dort einen Platz zu beschaffen. Wir haben Ausweise, damit wir die Kontrollpunkte passieren können. Die zivilen Angestellten des Stützpunktes und die Marinesoldaten haben einen kleinen Yacht Club mit 5 Mooringplätzen und einem kleinem Steg gegründet. Obwohl es nur wenig Mitglieder sind, ist dort vor allem am Wochenende einiges los. Die Kinder fahren mit den Optis Regatta, und es wird gegrillt. Unser Cake war hervorragend, und dabei lag noch ein Brief, mit einer Einladung zum Essen, Duschen und Schlafen. Die Gastfreundschaft ist wirklich unglaublich. Wir hatten immer wieder interessierte Segler am Boot, wurden ständig fotografiert und haben sehr viele nette Menschen kennengelernt. Einen besseren Platz für unser Boot wird man nicht finden können. Denn hier ist erst mal Pause mit dem Segeln. Nun beginnt der Winter, und wir wollen erst mit dem nächsten Südsommer nach Süden weitersegeln . Wir haben 8216 Seemeilen hinter uns!
Am 30.03 wurden wir abgeholt, um noch ein paar Tage in La Pampa bei Nestor und Familie zu verbringen. Die letzten 10 Kilometer haben wir geschleppt zurückgelegt, weil bei unserem Auto die Lichtmaschine den Geist aufgegeben hast.
Jetzt beginnt ein grosser neuer Abschnitt unserer Reise. Wir fliegen am 03. April nach Kolumbien, um Lisa zu besuchen. Eine Woche später am 11. April fliegen wir in die USA nach Atlanta. Dort beginnt einer der längsten Trails weltweit. Wir haben uns vorgenommen die 3440 Kilometer des Appalachian Trail bis Ende September zu laufen. Mal sehen, ob unsere Knochen da mitmachen.
Im Oktober geht es wieder zum Boot, das dann unbedingt Zuwendung braucht. Das Grossegel, die Sprayhood und Rostklopfen sind nur die wichtigsten Punkte auf einer langen Liste.
Kolumbien Popayan bis 10.04.2012
Unser Abschied in Argentinien war mit gemischten Gefuehlen behaftet. Sehr haben wir die Gastfreundschaft und die Herzlichkeit unserer Familie genossen. Aber neue Erlebnisse warten auf uns. Die Ankunft in Kolumbien war ueberwaeltigend, eine totale Reizueberflutung. Wir sind durch Brasilien ja schon etwas gewohnt, aber das war noch eine Steigerung. Zum unserem Glueck hat uns Lisa in Cali am Busbahnhof abgeholt, den wir hatten noch eine 3-stuendige Busfahrt vor uns. Ein Gewusel und Laerm ueberall. Wirklich nicht einfach, dieses alles zu verarbeiten. Autos , Busse, Fussgaenger und vor allem Mopeds, alles faehrt kreuz und quer durcheinander. Wenn der Bus anhaelt, sammeln sich vor den Fenstern Verkaeufer, die Fruechte, Gebaeck und Unbekanntes anbieten. Der Bus jagt mit einem Affenzahn ueber die Strassen, man wird gut durchgeruettelt und die lauten Fahrgeraeusche werden durch noch lautere Musik uebertoent. Ich war nach den 3 Stunden voellig fertig und bin beinahe auf allen Vieren aus dem Bus gekrochen :-). Lisa hat uns in Popayan herumgefuehrt, wir haben einen Reitausflug in den Bergen von Silvia gemacht und waren in einem nahen Nationalpark. Wunderschoene Tage in einer fantastischen Natur, die mit einer mehrstuendigen Busfahrt ( ich wurde seekrank) durch steile Berge bis auf 3100 Meter ging. Wir haben Schwefelquellen besichtigt und kleine Wasserfaelle am Strassenrand gesehen. Eigentlich war eine Vulkanbesteigung geplant, aber der viele Regen hat uns dann davon abgehalten. Untergebracht waren wir bei einer befreundeten Familie von Lisa. Auch dort wurden wir sehr herzlich aufgenommen. Die Familie wohnt in einer Gegend, wo man nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr nach draussen geht. Tagsueber war die Strasse von Haendlern gesaeumt, und es war ein Fest, aus dem Fenster das Gewimmel zu beobachten. Gutes Kino ! Um 22 Uhr war bei uns Sperrstunde, danach wurde niemandem mehr die Tuer geoeffnet. Wir haben die ganze Zeit so gut wie keine Touristen gesehen, es gibt hier keine. Aber man kann hier wirklich reisen, ohne zu Schaden zu kommen, wenn man sich an ein paar einfache Regeln haelt. Es war eine ausgezeichnete Idee von Lisa, uns in dieser Familie unterzubringen. “ Damit Ihr mal echtes kolumbanisches Leben kennenlernt “ war ihr Kommentar. Dazu gehort unter anderem auch, dass man kein warmes Wasser hat. Also kalt duschen. Und es ist dort nicht so warm, dass man das geniessen kann. Obwohl es hier nicht sehr weit zum Aequator ist, hat man durch die Hoehe ( 1700 m) in Popayan oft Pulloverwetter. In der Familie haben wir auch eine typische Geburtstagsfeier miterlebt, und ich habe gekocht. Es gab Lasagne, obwohl der Wunsch nach einer deutschen Spezialitaet war. Aber bei Lasagne war mir Erfolg sicherer. Obwohl nur etwa 10 Gaeste angekuendigt und es dann schliesslich ungefaehr 25 Personen waren, sagte man uns, das ist aber nur die Haelfte der Verwandtschaft. Es war ein besonderes Erlebnis, in der feierlichen Gesellschaft mit den vielen freundlichen Menschen gemeinsam zu feiern.
Wir haben natuerlich auch Lisa in der Einrichtung Fundacion Florecer besucht. Den Vormittag haben wir mit den Kindern verschiedenen Alters gespielt und gepuzzelt und beim Unterricht zugeschaut. Es wurde viel gelacht, und es war irgendwie ganz normal, dass wir dazwischen waren. Nun sitzen wir in Cali am Flughafen und warten auf den Flieger nach Bogota. Morgen geht es weiter in die USA zum Appalachian Trail. Bilder kann ich hier leider nicht hochladen, werde das aber bei naechster Gelegenheit nachholen.