Entlang der Grenze zwischen Washington und Oregon fließt der Columbia River. Er mündet in den Pazifik und ist umgeben von unzähligen Wasserfällen, die das Kaskadengebirge herunter donnern. Wir machen einen kleinen Rundgang durch den Marine Park und zum Campingplatz. Über eine Brücke geht es nach Thunder Island, wo an den Trail Days die Zelte stehen werden. Auf dem Columbia River fährt ein historischer Raddampfer mit Touristen. Es gibt sogar einen kleinen Yachthafen, der sehr geschützt aussieht.


In der Brauerei wird Freibier für PCT-Hiker ausgegeben. Wir schauen kurz hinein, aber es ist uns viel zu betriebsam, zu voll, zu raschelig. Das gefällt uns nicht, da zahlen wir lieber selber für unser Bier. Ganz in der Nähe liegt das Ale House ( alles ist in der Nähe ). Hier fühlen wir uns auf Anhieb wohl. Gemütliche Kneipe und freundliche Betreiberin. Fish & Chips sind sehr empfehlenswert. Dort gibt es eine Hiker-Box, in der wir ein paar nützliche Dinge finden. Das Städtchen ist echt cool. Wir werden bald noch einmal wiederkommen für die PCT Trail Days. 🙂


Die bisher längste Etappe liegt vor uns : 196 Meilen oder 315 Kilometer bis nach Elk Lake. Wir brauchen also etwas mehr Proviant als sonst. Ich mag gar nicht ans Schleppen denken.
Wir haben uns für die alternative Route Eagle Creek Trail entschieden. Beinahe die Hälfte aller Hiker laufen diese 25 Kilometer lange Variante, weil sie besonders viel Natur zu bieten hat. Wunderbare Szenerie. Der Weg führt bergauf immer parallel zum Eagle Creek. Rechts von uns liegt eine tiefe Schlucht, unten fließt der Fluss. Alles ohne Netz und doppelten Boden. Man soll die Route nicht gehen, wenn man nicht schwindelfrei ist. Kein Problem, wir lieben diese ausgesetzten Wege. Es geht auf schmalem Grat immer hart an der Kante entlang. Überholen ist an manchen Stellen schwierig, weil kaum Platz zum Ausweichen ist. Ein Dutzend Brücken und noch mehr Wasserfälle machen den Eagle Creek Trail schön abwechslungsreich.


Tunnel Falls mit über 50 Meter Höhe sind wirklich spektakulär. Man läuft auf den höchsten Wasserfall zu und durch einen grünen Tunnel im Berg bis auf die andere Seite. Dort bekommt man eine ordentliche Dusche von Spritzwasser und Gischt ab. Feuchte Angelegenheit, absolut einmalig.


Es ist Wochenende, und es dauert eine ganze Weile, bis wir aus dem Einzugsbereich der Spaziergänger heraus sind. Nach 18.00 Uhr kommen uns nur noch Hiker entgegen, die in Mexiko gestartet und auf dem Weg zur kanadischen Grenze sind. Und eine Baby-Schlange, die sich blitzschnell versteckt.
Die letzten beiden Stunden des Tages quälen wir uns den Indian Springs Trail hinauf. Kategorie super-steil ohne Serpentinen. Loser Sand, ziemlich rutschig, mit kleinen Steinchen durchsetzt. Auf jeden Fall besser hoch als runter zu gehen. Nicht so gut in Schuss wie der Eagle Creek Trail. Ein Dutzend quer liegender Baumstämme, die dem letzten Feuer zum Opfer gefallen sind, geben dem Pfad die richtige Würze. So müssen wir die Beine zum Abend hin nochmal richtig anheben. Kurz vor Schluss ein paar Hänge mit Geröll. Da trete ich fast auf eine riesige Nacktschnecke. Brrrr – igitt ! Die finde ich schon in normaler Größe im heimischen Garten ekelhaft.

Um 20.30 Uhr erreichen wir unser Abendziel. Beim Indian Springs Campground ist ein bisschen was los. Da stehen bereits 2-3 Zelte und ein Wohnmobil. Platz genug, auch wenn wir lieber alleine wären. Immerhin gibt es einen Picknicktisch und eine saubere Wasserquelle in der Nähe. Nur ein kleines Stückchen weiter wird morgen die Wiedervereinigung mit dem Original PCT stattfinden. Von Meeres- bzw. Fluss-Niveau am Mittag in Cascade Locks haben wir uns hochgearbeitet auf 1400 Höhenmeter.
Aus dem Schlafsack heraus können wir eine Gruppe von Schneehühnern beobachten. Die trippeln über den Platz und picken das auf, was die Wanderer gestern verkrümelt haben. Unsere durchgeschwitzte Kleidung hatten wir gestern Abend in die Bäume gehängt, aber nichts ist trocken geworden. Neblig ist die Luft und kühl.


Wir starten mit leichtem Aufstieg und Traverse durch Geröllfelder. Die Picas sind heute ungewöhnlich aktiv und flitzen zwischen den Felsen herum. Entweder mögen die es lieber kalt, oder sie sind morgens um 8.00 Uhr so emsig bei der Frühstücks-Beschaffung. Danach wird der Pfad schmal und ist zugewachsen mit Büschen. Die Nebelwolken hängen tief. Dicke Tropfen fallen aus den Wolken. Ist das nun Regen ? Auf jeden Fall werden wir nass durch das dichte Grünzeug an unseren Beinen. Höher geht immer – wir steigen weiter auf. Der PCT bleibt lange oben, wir laufen immer schön auf der Ridgeline. Leider keine Aussicht, wir tappen im Nebel. Irgendwann lichtet sich der Vorhang kurz, und vor uns taucht der weiße Gipfel des Mount Hood auf. Mit 3425 Metern ist er der höchste Berg in Oregon und der vierthöchste der Kaskadenkette. Einen Moment später ist Mount Hood wieder in den Wolken verschwunden.

Die kühlere Luft verleiht Thomas anscheinend Flügel. Mit den schnellen Schuhen und ohne Sonne läuft er mir heute davon. Es gibt wieder reichlich Heidelbeeren und Himbeeren zum Naschen. Links und rechts des Weges wächst jetzt Rhododendron statt des stacheligen Krautes. Gut. Wir laufen durch die Mount Hood Wilderness. Zum Nachmittag geht es richtig bergab. 700 Höhenmeter in die Tiefe – und das auf einer Strecke von nur 3 Kilometern. Einfach und schnell. Aber wir können uns nicht uneingeschränkt darüber freuen, wohl wissend, dass wir uns jeden Meter wieder erkämpfen müssen, wenn der Weg anschließend wieder nach oben führt.

Vor uns liegt plötzlich ein Hindernis, von dem wir nichts geahnt haben. Muddy Fork muss überquert werden. Der ist von gräulicher Farbe, denn es handelt sich um Gletscherwasser vom Mount Hood. Ich höre das Wasser schon von Weitem rauschen und denke : „Oh nein, bitte heute kein river crossing mehr !“ Aber doch …. Ein dicker Baumstamm liegt von einem Ufer zum anderen und dient als Brücke über den Fluss. Mag ich gar nicht mehr gerne heute. Es ist schon 18.00 Uhr. Wir haben bereits 30 Kilometer in den Knochen. Mein Rucksack macht mich fertig. Der ist viel zu schwer, außerdem gerade noch beim letzten Bach 2 Liter Wasser zum Kochen drauf gepackt. Aber muss ja. Tief Luft holen und konzentrieren. Baumstamm-Balancieren mit Gepäck wird nie mein Lieblingssport. Aber geschafft, wir sind trocken über den Muddy Fork.


Gleich dahinter beginnt der Ramona Falls Trail. Ein Drittel aller Hiker läuft diese Variante des PCT. Wir auch. Es sind nur etwa 3 Kilometer, aber es lohnt sich. Die Landschaft ist viel abwechslungsreicher als der Waldweg, von dem wir abgebogen sind. Weicher Sandboden unter den Füßen, rechts ein Bach, links steile Granitwände. Mehrere grob gezimmerte Brücken führen immer mal wieder über’s Wasser. Am Ende des Trails stürzen die Ramona Falls 40 Meter in die Tiefe. Dieser Wasserfall ist ganz anders als die gestrigen. Breit gefächert plätschert er in Kaskaden nach unten. Es gibt eine Brücke zum Überqueren, aber auch, um stehen zu bleiben und das Schauspiel zu genießen.


Besprechung beim Abendessen. Wir möchten zur Timberline Lodge. Am liebsten zum Frühstück, aber das werden wir kaum schaffen. Die Lodge liegt nämlich 1500 Meter höher als wir im Moment sind. Wie befürchtet geht es nach den Wasserfällen in einen satten Aufstieg. Ohne uns. Heute nicht mehr. Eine Stunde stapfen wir noch bergauf, so ist der aktuelle Plan. Den Rest lassen wir für morgen früh.
Okay, die Sache mit dem Frühstück in der Timberline Lodge haben wir abgehakt. Zu weit und zu viel Aufstieg. Dann laufen wir eben nur noch so lange weiter, bis wir einen guten Zeltplatz gefunden haben. Schon wieder hört es sich vor uns nach donnerndem Wasser an. Unser Pfad führt zu einem Fluss, der ebenfalls vom Gletscher des Mount Hood gespeist wird. Der Sandy River hat enorme Kraft. Das Wasser ist milchig trüb. Steine in allen Größen im Fluss, aber die Abstände sind groß, und es sieht sehr glitschig aus. Bei dieser starken Strömung möchten wir nicht fjorden. Ein dünner Baumstamm liegt von einem Ufer zum nächsten. Thomas macht einen Probeschritt, das ganze Ding wackelt und dreht sich. Ich fühle mich heute nicht mehr fit genug für jegliche Art von Akrobatik.


Wenigstens gibt es einen Platz für unser Zelt im Ufersand. Ringsherum sind Tierspuren zu sehen. Wahrscheinlich gehen die Hirsche am Ufer spazieren. Wir machen hier Feierabend, und morgen sehen wir weiter. Thomas baut das Zelt auf, während ich flussaufwärts laufe, um mir die Lage genauer anzuschauen. Unten ist der Fluss breit und wild, weiter oben sind es zwei und noch weiter aufwärts sogar drei schmalere Ströme. Theoretisch habe ich schon einen Weg durch dieses verzweigte Wassersystem gefunden. Aber Sandy River muss heute nicht mehr sein. 34 Kilometer reichen auch.

Gestern Abend im Zelt liegend konnten wir mehrmals das Hufgetrappel irgendwelcher Tiere hören. Absolut richtige Entscheidung, die Überquerung des Sandy River im ausgeruhten Zustand zu machen. Die Strömung ist heute viel schwächer, und der Wasserstand mindestens einen halben Meter weniger als noch vor 12 Stunden. Logisch eigentlich, denn der Gletscher schmilzt ja am Tage bei Sonne und nicht während der Nacht. Tap – Tap – Tap. Ruckzuck sind wir über vier Steine und zwei Baumstämme über die gesamte Breite des Flusses. Am anderen Ufer finden wir die Wegspur bald wieder, und los geht’s. Der Berg ruft. Wir steigen und steigen.

Eine weitere Fluss-Überquerung liegt vor uns. Das ist der ZigZag River, ebenfalls Gletscherwasser, aber am frühen Morgen ist es kein Problem. Auf halber Höhe stehen wir im dichten Nebel. Die Luft ist feucht und kühl, das wird Thomas gefallen. Kommen an mehreren Aussichtspunkten vorbei, aber wir sehen nur graue Nebelsuppe. Schade. Dafür kommen wir bei diesen Temperaturen sehr gut den Berg hoch. Zwei Stunden ziehen wir durch bis zum Frühstück. Auf 1700 Meter Höhe sind wir nun schon, dementsprechend kalt ist es. Ich friere während der Pause. Nur noch 10 Kilometer weiter, dafür brauchen wir allerdings knapp 3 Stunden. Immer mehr Menschen kommen uns entgegen, überwiegend Tageswanderer ohne Gepäck. Mount Hood liegt direkt vor unserer Nase. Aus der Nähe betrachtet wirkt er gar nicht so gigantisch, weil wir inzwischen so weit aufgestiegen sind.

Die Timberline Lodge ist ein Gebirgshotel auf einer Höhe von 1830 Metern an der Südflanke des Mount Hood. Das Gebäude ähnelt einem Schloss. Ein Touristen-Magnet, zudem per Auto zu erreichen. Viel zu viele Leute für unseren Geschmack. Um 14.00 Uhr erreichen wir die Lodge, leider zu spät für Frühstücks- oder Mittags-Buffet. Wir essen trotzdem gut in der Bar mit Fernblick aus der 3. Etage. Lange Pause, erst um 16.30 Uhr starten wir wieder.

Draußen weht ein frischer Wind, so dass man über Mütze und Handschuhe nachdenken könnte. Zum Glück führt der Trail bergab, wir kommen bald wieder in wärmere Gefilde. Die Wasser-Situation auf der nächsten Etappe ist richtig doof. Wir hatten so viele Wasserfälle, Fluss-Querungen und Bäche in den letzten beiden Tagen ….. Nun ist es wie abgeschnitten. Tatsächlich liegen knapp 20 Kilometer vor uns bis zur nächsten Quelle. Heute erreichen wir die natürlich nicht mehr. Aber wir möchten noch wenigstens die Hälfte davon schaffen, damit wir morgen nicht zu lange auf den Kaffee warten müssen. Der Weg ist einfach, ein sanftes Auf und Ab ohne Hindernisse. Aufgeputscht von Cola rennen wir fast 4 Stunden ohne Pause durch den Wald.

Am Highway 26 sollen Campsites sein, dort möchten wir Feierabend machen. Wir trauen unseren Augen nicht, als wir uns der Straße nähern : Zwischen den Bäumen steht ein Tisch, Bänke, Kühlboxen und allerlei Kartons. Eine Frau wartet auf „Gäste“, obwohl es mittlerweile schon 20.30 Uhr ist. Unsere erste Trail Magic auf dem PCT von „MacGyver“. Sie ist 63 und selber bereits den PCT gelaufen. Seit 3 Tagen schläft sie in einer Hängematte und bewirtet tagsüber die Hiker. Was für eine Überraschung ! Eigentlich möchten wir nur gerne Wasser haben für den Kaffee morgen früh. Eine Dose Bier und Chips gibt es als Zugabe, außerdem spannende Trail-Geschichten. Mit 1,5 Litern Wasser ziehen wir zufrieden ab, nur einmal um die Ecke zum Zelten.

Morgens früh noch einmal an der Trail Magic vorbei. Aber nein, wir nehmen nichts mit. Unsere Proviantbeutel sind noch gut gefüllt. Nach 90 Minuten erreichen wir das Wasser, welches gestern so weit entfernt schien. MacGyver hat uns bereits vorgewarnt : Moskito-Hölle. Wir füllen nur unsere Flaschen und suchen uns einen besseren Platz. Um uns herum fliegen Hunderte von Schmetterlingen. Alles eine Sorte, der Kalifornische Schwalbenschwanz. Die sind wohl gerade eben erst geschlüpft.

Schnelles Vorwärtskommen auf breitem Waldweg. Wenn das Oregon ist, dann bitte gerne mehr davon. Wir kommen an einem von Ameisen erschaffenen Kunstwerk vorbei. Zunächst fällt uns nur ein perfekt durchgesägter Baumstamm auf. Wir schauen uns die Jahresringe genauer an. Ameisen laufen emsig auf der Schnittkante hin und her. Am Boden liegt ein Haufen mit frischen Sägespänen. Bei genauerer Beobachtung sieht man, wie jede Ameise ein Körnchen trägt und an einer ganz bestimmten Stelle fallen lässt. Dadurch bildet sich ein spitzer Kegel aus Sägespänen. Vielleicht höhlen die den Stamm aus, um darin zu wohnen ? Wie gut die Ameisen alle miteinander funktionieren – und was für ein tolles Gebilde daraus entsteht ! Schwer beeindruckend.

Wir spazieren lange am östlichen Ufer um einen riesigen See herum. Das ist der Timothy Lake, mit 5,6 m² etwa so groß wie das Zwischenahner Meer. Wir betreten das Gebiet der Warm Springs Indianer. Von denen haben wir bislang auch noch nichts gehört. Am Nachmittag folgt dann der unvermeidliche Aufstieg. Na endlich, das wird ja auch mal Zeit. 😉

Zum Abendessen holen wir das Wasser aus einer Quelle, in der anscheinend ein toter Vogel liegt. Federn und irgendetwas drumherum ist zu erkennen, näher kommt man nicht dran. Ein bisschen eklig, aber nach dem Filtern ist das Wasser unbedenklich. Zeltplatz gibt es gleich nebenan. Der schmale Pfad durch’s Gestrüpp ist so zugewachsen, dass man ihn eigentlich gar nicht mehr erkennen kann. Da kommt garantiert kein Besuch mehr abends oder morgen früh. Wir bleiben und machen um 19.00 Uhr Feierabend. Es wird jetzt schon um 21.00 Uhr dunkel.

Während der Nacht hat es ein bisschen geregnet. Hört sich schön an, wenn die Tropfen auf’s Zeltdach platschen, während man warm und gemütlich im Schlafsack liegt. Morgens ist alles wieder trocken. Start schon um Viertel nach sieben. 1100 Höhenmeter Aufstieg liegen vor uns. Wir möchten abends vor Ladenschluss beim Olallie Resort ankommen. Bis dahin sind es 32 Kilometer. Das sollte zu schaffen sein, wenn das Gelände nicht zu schwierig wird.

Zunächst führt der PCT hinunter zum Warm Springs River, den wir auf einer Baumstamm-Brücke überqueren. Danach geht es lange Zeit bergauf. Frisch und ausgeruht bei kühlen Temperaturen laufen wir das einfach nur weg. Die von oben Entgegenkommer sind nass, bei uns nieselt es nur minimal. Wir haben viel Spaß mit einem wilden Eichhörnchen. Es flüchtet nicht vor uns, sondern gebärdet sich wie verrückt. Immer wieder lugt es mal links und mal rechts hinter dem Baumstamm hervor. Das Eichhörnchen scheint mit uns zu „sprechen“. Wahrscheinlich schimpft es.

Um 11.00 Uhr haben wir den größten Anstieg des Tages bereits hinter uns. Sehr angenehm. Immer noch wandern wir durch die Warm Springs Indian Reservation. Es gibt ein paar Schilder an den Bäumen, eine gelbe Markierung, sonst keine weiteren Zeichen. Das Wasser an der Trooper Spring hat viele Insektenlarven an der Oberfläche. In der Tiefe ist es besser, wir machen zwei Flaschen zum Trinken voll. Bald dahinter passieren wir die 600-Meilen-Marke, 960 Kilometer geschafft.

Die Heidelbeeren wachsen uns heute fast in den Mund. Thomas kann die Finger nicht davon lassen. Zu beiden Seiten unseres Weges stehen die Sträucher dicht an dicht. Das geht so weiter über mehrere Kilometer. Irgendwann fange ich auch an zu pflücken. Beide futtern wir Heidelbeeren und laufen dabei immer langsamer. Macht nichts, wir sind sehr gut im Zeitplan.

In der letzten Stunde laufen wir durch Waldbrand-Gebiet. Das Feuer kann noch gar nicht so lange her sein, es ist noch nicht viel Grün nachgewachsen. Später erfahren wir, dass diese Gegend im Sommer 2021 vom Lionshead Fire stark verwüstet wurde. Ein böiger Wind lässt die toten Bäume quietschen und knarren. Es fängt an zu nieseln. Ich bin hin- und hergerissen zwischen Regenkleidung an oder aus. Wir diskutieren darüber, ob das nun „Regen“ ist. Thomas gewinnt. Er überzeugt mich mit dem Argument : „Deine Klamotten und dein Rucksack werden viel nasser vom Schwitzen.“ An einem Baum hängt ein Willkommens-Schild mit Wegbeschreibung vom Olallie Resort. Klingt nett. Hiker-freundlich. 🙂

Um 16.30 Uhr sind wir am Ziel. Schön früh, bevor der große Ansturm der Hiker kommt. So ergattern wir uns den besten Platz für’s Zelt inklusive Picknicktisch. Der Boden ist schmutzig, kein Dreck, aber durch die lang anhaltende Trockenheit ist es sehr staubig. Kein Handy-Empfang, kein Internet, wie das auf dem ganzen PCT außerhalb der Städte so üblich ist. Bei diesem schlechten Wetter sind keine Ausflügler mehr am See. Ein erster Gang in den kleinen Campstore für Bier und Chips, dann wird schnell das Zelt aufgebaut. Vor dem Laden lernen wir „Mountain Dancer“ kennen. Sie ist von Holland und hat ein Problem. Man kann nicht mit Karte bezahlen, sondern nur mit Bargeld. Gerade erst ist sie angekommen und möchte gleich wieder zurück zum Trail, kann aber nicht einkaufen. Wir tauschen die Kontaktdaten aus und leihen Mountain Dancer 40,- Dollar in bar. Unser Abendessen heute : 3 verschiedene Konserven gemischt und im Jetboil aufgewärmt. Wir nennen so etwas „schweres Essen“. Man nimmt natürlich keine Konservendosen mit auf den Trail. Hier können wir dann auch gleich den Müll entsorgen. Mittlerweile regnet es richtig. Wir essen im Zelt, während es kräftig auf unser Dach pläddert. Dazu gibt es noch ein Bier. Draußen sitzen ist keine Option, wir liegen um 19.30 Uhr im Schlafsack und sind zufrieden.

Regen, Regen, Regen ….. Die ganze Nacht hindurch und auch noch morgens beim Aufwachen. Gestern war der Untergrund staubig, weil es so lange nicht geregnet hatte. Heute ist unser Platz richtig siffig, weil nass dazu.
Kleiner Einkauf für den Rest unserer langen Etappe. Thomas hatte über Nacht sein Handy im Campstore zum Laden abgegeben, das zeigt jetzt wieder 100 % an. Unsere Powerbank möchten die nicht laden, weil der Strom im Olallie Resort nur durch Solar erzeugt wird. Verständlich. Wir müssen also ein bisschen Akku sparen.

Um 9.30 Uhr klart es auf, das sieht vielversprechend aus. Der Trail wird rauer. Leckere Himbeeren gibt es. Ziemlich klein, aber unglaublich aromatisch. Durch Geröll und über Felsen steigen wir auf. Immer noch verbranntes Gebiet. In der verkohlten Landschaft reihen sich kleine und große Teiche aneinander. Wenn der Wind zwischen den toten Bäumen pfeift, dann erinnert es an das Geräusch im Jachthafen, wenn es zwischen den Masten heult.

Immer höher und höher führt unser Pfad. Revier der Bergziegen. Ein paar Spuren sind auf dem Weg zu erkennen. Wir kommen an kleinen Bergseen vorbei, auf denen noch Eisschollen schwimmen. Hier oben haben wir nach langer Zeit mal wieder Berührung mit Schnee. Ein paar kleine Traversen auf den weißen Überresten des Winters. Kaum zu glauben, dass in ca. 6 Wochen schon wieder neuer Schnee fallen könnte. Kalter Wind weht uns um die Ohren. Mütze raus.

Alpine Landschaft, wie wir es lieben. Irgendwann gibt es nur noch Geröll, ab und zu mal ein Steinmännchen. Auf 2300 Meter Höhe wächst gar nichts mehr. Wir befinden uns jetzt im Jefferson Park. Zelten auf den nächsten Meilen verboten, aber es ist erst Nachmittag. Mount Jefferson liegt direkt vor uns. Mit 3199 Meter ist er der zweithöchste Berg im US-Bundesstaat Oregon. Im Winter mit Schnee schafft er es vielleicht sogar auf 3200 Meter. 😉

Schöne Pause in der Höhe mit Aussicht auf Mount Jefferson. Die nächsten Stunden marschieren wir wieder durch vom Feuer gezeichnetes Gelände. Viele Hiker laufen eine alternative Route über Schotterstraßen. Der Anblick der verwüsteten Natur ist etwas trostlos. Wir sind froh, als es endlich wieder grün wird um uns herum. Heidelbeeren stehen am Wegesrand, dann Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren und wieder Himbeeren – genau in dieser Reihenfolge. Fantastisch, diese Frucht-Vielfalt so kurz hintereinander. Gesunde Vitamine naschen. 🙂


Lautes Rauschen kündigt einen Fluss an. Wir sind im Abflussbereich der Gletscher vom Mount Jefferson. Der Strom hat richtig Kraft, obwohl er nur etwa 2 Meter breit ist. Vertrauenerweckend sieht die Brücke über den Whitewater Creek nicht aus. Eine Bohle fehlt, ein paar Löcher im Holz, aber sie hält. Wenig später nähert sich der Weg dem Russell Creek, der sich eine tiefe Rinne in die Schlucht gewaschen hat. Ebenfalls ein lebhafter Gletscherstrom mit milchig grauem Wasser, breiter als der vorige. Es ist 18.00 Uhr, um diese Zeit brodelt der Fluss vom vielen Schmelzwasser. Unser Pfad ist plötzlich zu Ende. Auf der anderen Seite geht es weiter. Keine Brücke. Über’s Wasser führen entweder dünne Baumstämme, die ständig überspült werden oder glitschige Steine in zu großem Abstand. Beides ist uns zu unsicher. Wir möchten weiter flussaufwärts nach einer besseren Stelle suchen, aber direkt am Ufer ist alles total zugewachsen. Deswegen gehen wir nochmal ein Stück zurück. Zwei Serpentinen höher finden wir einen Zugang zum Fluss und eine schmalere Stelle mit trockenem Baum zum Balancieren.

Am anderen Ufer stolpern wir durch Geröll, sind aber bald zurück auf dem richtigen Weg. Ein letzter Strom liegt vor uns, das ist der Milky Creek. Dicke Felsen liegen im Wasser. Mit beherztem Sprung schaffen wir es leicht ans andere Ufer. Gleich dahinter sollen einige Zeltplätze sein. Beim größten breiten wir unser immer noch nasses und dreckiges Zelt aus. Mir steigt ein leichter Uringeruch in die Nase. Nein danke – neben einer Toilette möchten wir nicht schlafen. Schnell alles wieder zusammengerafft und weiter. Wir versuchen einen anderen flachen Platz, der aber zu klein ist. Passt nicht. Zum Abschluss des Tages wird es also ziemlich nervig. Inzwischen ist es 20.00 Uhr. An der nächsten Wegbiegung sollte es möglich sein. Aber da steht bereits ein Zelt. Nach weiteren 50 Metern finden wir eine Nische, die groß genug erscheint. Leider ist der Platz ziemlich abschüssig. Bei dieser Schieflage werden wir in der Nacht ordentlich hin- und her rutschen. Wir nehmen ihn trotzdem, es ist spät genug. Wir essen schließlich im Dunkeln.
Liebe Frauke, lieber Thomas,
wieder ein wunderbarer Bericht mit herrlichen Fotos!
Ganz lieben Dank dafür!
Herzlichst eure Ingrid
Liebe Frauke, lieber Thomas,
wieder so schön in eure Welt einzutauchen, dazu die Fotos, danke danke.
Glückwünsche an Thomas zum Geburtstag
Habt eine gute Tour, freue mich auf deine Berichte
Danke, liebste Cousine. Glückwünsche habe ich ausgerichtet.
Schön, dass du uns auf unserer Reise begleitest. Ich hoffe, euch geht es gut.
Wir warten dann gemeinsam auf’s Enkelkind.
Beste Grüße aus den USA
Beste Grüße
Ja wir warten freudig auf den November
Liebe Grüße
Wir fahren nach Dänemark, schauen uns für ein paar Tage Kopenhagen an, anschließend nach Schweden, auch ein bisschen länger ..