Eine Nacht im Motel reicht, alles Wichtige haben wir erledigt. Es zieht uns weiter nach Kennedy Meadows. Je weniger Kilometer und Wochen auf dem Trail verbleiben, umso größer ist der Ansporn, jetzt richtig Gas zu geben. Wir stehen ungefähr eine halbe Stunde an der Straße, dann halten zwei lustige Ladies für uns an. Die beiden Damen sind auf dem Weg zu einem 3-Tage-Trip und möchten übermorgen den Mount Whitney besteigen. Leider können sie uns nicht ganz bis zu unserem Trailhead bringen, weil deren Weg geradeaus führt. Aber die Kreuzung, an der sie uns aussteigen lassen, passt gut. Keine 5 Minuten später sitzen wir in einem anderen Wagen. Der ältere Herr wohnt ein kleines Stück weiter, wäre also eigentlich gleich zu Hause. Nun fährt er nur kurz vorbei, um seiner Frau Bescheid zu sagen, dass es später wird. Tatsächlich bringt er uns bis zu unserem Trailhead am Cottonwood Pass, das sind ca. 45 Minuten Fahrt nur für den Hinweg. Als Grund sagt er, dass er in seinem Leben sehr viel per Anhalter gereist ist. Jetzt möchte er ein paar Meilen davon zurückgeben. Wieder einmal Glück gehabt, und wir lernen jedes Mal bei solchen Aktionen tolle Menschen kennen. 🙂

Es weht ein scharfer Wind. Gerade eben noch in kurzer Hose und T-Shirt, jetzt wechseln wir sofort in lange Kleidung. Auch unser Fahrer meinte, dass es in der letzten Woche viel kälter war als üblich. Wir starten gegen 12.30 Uhr in den Inyo National Forest. Das ganze Gebiet nennt sich Golden Trout Wilderness – „die goldene Forelle“. Ein moderater Anstieg von 90 Minuten, dann sind wir oben und zurück auf dem PCT. Eiskalt ist es. Dauert nicht lange, dann ziehen wir Jacke, Mütze und Handschuhe an. Wir sind froh, dass wir nicht mehr über die ganz hohen Pässe müssen, sondern auf einer Hochebene laufen können. Der Himmel ist grau und wird immer dunkler. Laut Wetterbericht war eine 15 %-ige Wahrscheinlichkeit von Niederschlag vorhergesagt. Kurz vor fünf fängt es an zu schneien. Tatsächlich Schnee. Erst nur zaghaft, dann immer heftiger. Eine Stunde lang eilen wir durch das weiße Geriesel, dann erreichen wir den Abzweiger zur Wasserquelle. Ab jetzt haben wir trockene Regionen zu erwarten und müssen sorgfältig planen. Heute ist es schon gar nicht so einfach. Thomas geht einen langen und matschigen Extra-Weg zum Wasser und füllt alle unsere Flaschen. Das sieht leider gar nicht gut aus, die Wiese ist verunreinigt von Kuhfladen. Um 19.00 Uhr liegen wir warm und trocken im Zelt. Irgendwie bekommen wir auf dem Trail immer viel mehr Schlaf als im Hotel. Wir sind gespannt, wie die Welt draußen morgen früh aussieht. Im Moment bleibt der Schnee tatsächlich liegen.

Schnee auf dem Zelt, der Waldboden ist ein bisschen weiß. Wir haben Eis in unseren Wasserflaschen. Schuhe und Socken, die gestern Abend feucht waren, sind steif gefroren. Ja, es war kalt in der letzten Nacht. Packen in Windeseile, dann laufen wir in voller Montur los. Alles angezogen, was wir an Kleidung besitzen, für die ersten zwei Stunden werden wir trotzdem nicht ins Schwitzen geraten. Das Kraut zu beiden Seiten glitzert weiß von Eis und Schneekristallen. Tagesziel für heute sind mindestens 30 Kilometer. Dort können wir unser Nachtlager 700 Höhenmeter tiefer einrichten.
Das nächste Wasser gibt es am Death Canyon Creek in etwa 10 Kilometern. Was für ein trauriger Anblick nach den vielen klaren Gebirgsflüssen und Wasserfällen in den letzten Wochen ! Dieser Bach ist eine dreckige Pfütze mit einer öligen Schicht oben drauf. Hier fließt gar nichts mehr, keine Bewegung zu sehen. Unser Wasserfilter funktioniert auch nicht mehr. Festgefroren. Jetzt fällt uns ein, dass Thomas den Wasserfilter auf den Schnee-Passagen vom CDT nachts mit in den Schlafsack genommen hat, damit er nicht kaputtgeht. Warmes Wasser durchlaufen lassen hilft, der Filter wird wieder durchlässig. Ob die Membrane noch ihren Dienst erfüllt und richtig filtert, das wissen wir nicht so genau. Trinken müssen wir trotzdem, denn das nächste Wasser ist erst in 15 Kilometern zu erwarten.

Ab jetzt liegen noch 500 Höhenmeter Aufstieg und 1000 im Abstieg vor uns. Von mehreren Fels-Terassen aus hat man weiten Ausblick auf das Owen Valley, das inmitten dieser grandiosen Natur überhaupt nicht gesund aussieht. Im Jahr 2013 setzte der Chef der Wasserwerke von Los Angeles den Bau des ersten Aquädukts in Gang. Hierzu wurden ein Staubecken und eine 370 Kilometer lange Wasserleitung mit 164 Tunneln vom Tal bis nach Los Angeles gebaut. Innerhalb von fünfzehn Jahren trocknete der Owens Lake völlig aus. Der Erwerb der Genehmigungen und Wasserrechte war juristisch und moralisch nicht einwandfrei. Die Farmer in der Owens-Valley-Gegend leisteten dem Projekt heftig Widerstand, was als „Kalifornischer Wasserkrieg“ in die Geschichte einging.

Das Landschaftsbild hat sich total verändert. Die Vegetation ist trockener geworden. Viel niedriges Stachelkraut und dorniges Gestrüpp am Wegesrand. Der Pfad ist ziemlich zugewachsen und wird immer schmaler. Manchmal verliert sich die unscheinbare Spur im Sand und taucht etwas später wieder auf. In der nächsten Pause können wir einem Eichhörnchen bei der Nahrungsbeschaffung zusehen. Eine halbe Stunde lang beobachten wir, wie es blitzschnell den Baum hochflitzt, sich oben im Geäst einen Zapfen pflückt und dann wieder hinunter saust. Mit dem Kopf zuerst, in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit und ohne Zögern. Da wird uns fast vom Zugucken schwindelig. Wahrscheinlich macht das Eichhörnchen zur Zeit den ganzen Tag nichts anderes. Es sieht anstrengend aus.

Die Sonne scheint, das müssen wir ausnutzen. Beim Auspacken fallen Eis-Stückchen aus unserem Zelt. Höchste Zeit zum Auftauen und Trockenwischen. Ein nasses Zelt am Abend ist echt nicht schön. Wir sind inzwischen schon weit abgestiegen. Oben in der Höhe war es sehr still, hier zwitschern die Vögel. Das fühlt sich gerade ein bisschen wie Frühling an. 🙂
Unser Feierabend wird vom Wasser bestimmt. Wir laufen durch den Cow Canyon, der seinem Namen alle Ehre macht. Anscheinend weiden hier manchmal Rinder. Bis zum Kern River müssen wir noch, weil die Wassersituation das so vorgibt. Auf der anderen Seite geht der Pfad gleich wieder in die Höhe. Hier ist nur flaches Land mit Stoppelgras, keine Bäume in Sicht. Gerne zelten wir nicht auf so freiem Feld, Wald wäre uns lieber. Am Ufer des Flusses sind Hufabdrücke von Pferden und Kuhkacke. Nicht lecker, aber das wird wohl die Zukunft sein in den nächsten Wochen bis zur mexikanischen Grenze. Erinnerungen an den CDT werden wach. In New Mexico gab es über mehrere Wochen nur schlechtes Wasser. Dank unseres Sawyer Wasserfilters haben wir überlebt und hatten noch auf keinem Trail irgendwelche Magenprobleme. Die Tagesbilanz heute sieht gut aus : 32 Kilometer geschafft, 700 Höhenmeter tiefer als gestern.


Die letzte Nacht war noch kälter als die vorige. Das Zelt ist hart gefroren, innen haben wir Eisblumen. Draußen der Bär-Kanister ist rundum weiß. Darauf liegen die Zahnbürsten mit steif gefrorenen Borsten. Unsere Schlafsäcke sind feucht, die müssen dringend nachher an die Sonne. Die Wasserflaschen lassen sich nicht öffnen, der Verschluss sitzt fest. Natürlich sind auch Eis-Stückchen drin. Und das, obwohl wir 700 Höhenmeter tiefer gelegen haben als gestern. Nein, das ist gar nicht lustig. Aufstehen macht keinen Spaß. Ich bin froh, wenn wir jetzt die hohen Gipfel der Sierras hinter uns lassen und weiter nach Süden laufen können.


Schon eine halbe Stunde nach dem Start stolpern wir über unseren ersten Kaktus. Ein weiteres Zeichen dafür, dass wir uns der Wüste nähern. Der Weg durch stacheliges Gestrüpp ist schmal. Ein bisschen auf und ab, aber eigentlich ganz geschmeidig. Wir kommen schnell vorwärts. Die Welt um uns herum ist noch weiß von Raureif. Thomas macht einen Umweg, um eine Wasserquelle zu suchen. Er wird fündig und bringt zwei Liter sauberes Wasser mit. In der Pause müssen wir die Rucksäcke komplett leeren und unser ganzes Zeug zum Trocknen ausbreiten. Das Zelt hängen wir über einen Busch. Beim Umdrehen fallen Schnee und Eisklumpen heraus. Nicht so toll, wenn das abends noch in den Ecken liegt.


Wir steigen ab und ab und ab. Das ist gut so. Je tiefer, umso wärmer wird es in der kommenden Nacht. Die Sonne brennt. Thomas nimmt Lichtschutzfaktor 100 für’s Gesicht, seine Haut ist schon genug geschädigt.

Überall flitzen Eidechsen herum, die lieben es warm. Kleine Exemplare, die aussehen wie die Brut von diesem Jahr. Es geht über Sand und Steine immer weiter nach unten. Mehr und mehr Kakteen und trockenes Dornengebüsch säumen den Pfad. Die ersten Kakteenstacheln stecken schon in meinen Fingern. Da müssen wir in Zukunft ganz besonders aufpassen, wo wir das Zelt hinstellen. Die Luftmatratzen vertragen Stacheln gar nicht gut.

Wir treffen einen sportlichen Mann mit zwei tollen Hunden, die im Gebüsch nach Eidechsen suchen. Er ist schon auf dem AT, CDT und PCT gelaufen. Sein Trailname ist „Worldwide“. Er wohnt in Kennedy Meadows, wir laufen das letzte Stück zusammen. Das Besondere ist, dass er einige der Trail-Ikonen kennt, die uns geprägt haben. Sehr cool !
Beim Passieren des Ortsschildes sehen wir eine Windmühle. Déjà vu : Auf dem CDT, speziell in New Mexico, gab es sehr viele dieser Dinger, die mit Hilfe von Windkraft Wasser aus der Tiefe fördern.

Unsere erste Anlaufstelle ist der General Store, wo wir mit lautem „Hello – you made it !“ begrüßt werden. Auf der Terrasse sitzen die Betreiber des Ladens und empfangen so die PCT Hiker. Insgesamt drei Leute, alle schon etwas älter, tätowiert, im Hippie-Stil und nicht ganz nüchtern. Außerdem gehören drei Hunde und eine Katze zur Familie, die uns alle namentlich vorgestellt werden. Laute Musik aus den 70-er Jahren dröhnt aus den Lautsprechern drinnen und draußen – so ganz nach unserem Geschmack. Lustige Bande, nett ist es hier. Der Laden ist echt urig, sehr originell eingerichtet. Leider ist das Sortiment ziemlich eingeschränkt und viel zu teuer. Wir brauchen zum Glück nicht viel, Proviant nur für 2-3 Tage.
Im Grumpy Bear essen wir das Übliche : Burger mit Pommes, aber in einer Maxi-Version für hungrige Hiker. Außerdem gibt es Bier und WLAN im Restaurant. Wir bleiben bis kurz vor Schließung des Lokals. 19.00 Uhr ist sowieso beinahe unsere Schlafenszeit auf dem Trail. Der Zeltplatz auf dem Grundstück vom Grumpy Bear ist umsonst. Sogar Dusche und Waschmaschine werden kostenlos angeboten. Morgen früh um 9.00 Uhr öffnet der Outfitter, dort dürfen wir den Bär-Kanister wieder abgeben. Außerdem können hoffentlich die Stöcker von Thomas repariert werden. Danach soll es gleich wieder auf die Piste gehen. Es sind nur etwas über 80 Kilometer bis zum Walker Pass, von wo aus wir nach Ridgecrest trampen wollen.

Früh am Morgen werden wir von einem kräftigen Fauchen und Gekreische geweckt. Das hört sich nach einer größeren Katze an, die Stress mir einem anderen Tier hat. Vielleicht ein Mountain Lion, der sich ein Beutetier geschnappt hat ? Die Vorstellung ist vorbei, bis ich das Zelt geöffnet und mich aus dem Schlafsack gepult habe. Triple Crown Outfitter ist kein Laden, wie wir erwartet haben, sondern eine Garage mit überdachtem Picknicktisch. Auf einem Stuhl liegt ein Walkie-Talkie, mit dem man „Yogi“ anrufen kann, wenn geschlossen ist. Diese Frau hat die Double Triple Crown : 2 x AT und 2 x CDT und 3 x PCT, dazu noch 2 x Colorado Trail. Wahnsinn ! Wir können den Bär-Kanister abgeben. Juchhu – das sind 1,5 Kilo weniger an Gewicht. Thomas bekommt neue Spitzen für seine Stöcker, dazu leiht er sich Werkzeug und macht die Reparatur draußen selber. Außerdem kaufen wir einen besseren Wasserfilter für die Wüste und eine Kappe gegen die Sonne.

Auf der Terrasse vor dem General Store hängen ein paar Hiker herum, die morgens angekommen sind. Wir lernen „Marmot, Flowers und Asterix“ kennen. Die Musik ist wieder so gut, dass es schwerfällt zu gehen. Trinken zwei Kaffee, essen ein leckeres und gesundes Wrap dazu. Frühstück erledigt, wir müssen los. Wir starten zusammen mit Flowers. Er stammt aus New Orleans ( Mississippi ) und lebt buddhistisch. Interessanter Mensch. Losgelaufen bin ich im T-Shirt, aber schon nach knapp 2 Stunden wechsele ich zu langem Hemd mit Kapuze. Es scheint so, als könnte man zugucken, wie meine Arme alle 10 Minuten eine Nuance dunkler werden. Das ist mir unheimlich. Flowers läuft uns davon, der ist ein paar Jahre jünger als wir. Mittwoch um 15.00 Uhr sind wir am Walkers Pass verabredet.


Eine Schlange liegt still und stumm vor uns auf dem Trail. Das ist eine Gopher Snake, eine in Nordamerika häufig vorkommende ungiftige Schlange. Kurz vor 19.00 Uhr machen wir eine kurze Pause mitten auf dem Weg. Schnelles Abendessen, es gibt nur Knäckebrot. Die Sonne ist weg, und es wird sofort kalt. Weiter geht es mit Daunenjacke, Mütze und Handschuhen. Lautes Konzert der Grillen begleitet uns. Im Osten erscheint der Mond über den Bergen. Man könnte ein Video davon drehen, so schnell steigt er höher. Dick und rund und weiß – unser 4. Vollmond auf dem PCT. Er spendet genug Licht, um ohne Lampe zu laufen. Das Tal unter uns wird hell erleuchtet wie mit einem Scheinwerfer. Auf einem knorrigen Baum ohne Blätter sitzt eine Eule. Völlig bewegungslos hockt sie auf ihrem Ast und wartet auf Beute. Dann kommen wir um die Ecke und stören den abendlichen Frieden. Die Eule flattert empört auf und fliegt davon. Viele Kilometer laufen wir ohne Pause und ohne Wasser. Um Viertel nach 10 erreichen wir die Fox Mill Spring. Das war unser Abendziel. Mit Stirnlampe hangeln wir uns den schlammigen Hang abwärts und finden dort unten bestes Quellwasser. Mit 4 gefüllten Flaschen geht es wieder hinauf und noch ein Stück weiter auf dem PCT. Aber das Gelände wird steil und felsig, es sieht gar nicht nach gutem Zeltplatz aus. Lieber drehen wir um und laufen nochmal ein Stück zurück dorthin, wo wir Wald mit flachen Plätzen gesehen haben. 23.00 Uhr Feierabend. 30 Kilometer geschafft trotz des späten Starts.


Unzählige Eidechsen flitzen über den Trail und versuchen, die Wärme der aufsteigenden Sonne zu erhaschen. In den letzten Tagen haben wir bereits mehrfach irgendwelche Hühnervögel aufgescheucht. Klein und braun. Das ist die Kalifornische Schopfwachtel, der offizielle Staatsvogel von Kalifornien. Auf dem Waldboden liegen riesig große Zapfen herum.


Am Abzweiger zum Chimney Creek Campground finden wir einen Zettel. Links abbiegen und ca. 400 Meter weiter zur Trail Magic von Peter. Wir sind gerade mal eine Dreiviertelstunde unterwegs und erst drei Kilometer gelaufen. Aber das machen wir natürlich trotzdem. Flowers sitzt dort am Picknicktisch und winkt uns zu. Er ist gestern Abend schon angekommen. Leider hat er sich irgendwie verletzt, sein Knöchel wird blau. Flowers wird von hier aussteigen für ein paar Ruhetage, aus unserer Verabredung am Walker Pass wird nichts. Peter grillt Hot Dogs für uns, dazu gibt es Tacos und eine Dose Bier. Gerade erst 9.00 Uhr früh am Morgen. Kaffee oder Cola wären uns lieber gewesen, aber da kann man einfach nicht „nein“ sagen. 😉 Wir bleiben über eine Stunde bei den Beiden sitzen, bis wir endlich den Absprung schaffen.


Es folgt Aufstieg, den wir so gar nicht erwartet hatten. Die Hügelketten reihen sich aneinander, so weit das Auge reicht. Es geht gefühlt immer bergauf. Wir spulen in Endlos-Schleife einen Hang nach dem anderen ab. Die Landschaft ist nicht besonders spektakulär heute. Es kommt mir eher vor wie eine Fleiß-Arbeit. Wasser ist Mangelware. Und es ist heiß. Der Pfad wird immer schmaler und unwegsamer. Links und rechts wachsen stachelige Büsche. Zwischendurch liegen umgestürzte Bäume quer, über die wir steigen müssen. Anstrengend. Ich bin froh, dass der Weg gestern Abend besser war. Große Eichhörnchen gibt es hier, die haben einen unheimlich buschigen Schwanz.

Winzig kleine Fliegen schwirren vor unseren Gesichtern und nerven. Die nächste Wasserquelle ist noch weit weg und liegt natürlich am tiefsten Punkt im Tal. Bis dahin haben wir viele Kilometer steilen Abstiegs vor uns.


Beim Sonnenuntergang um 18.30 Uhr stehen wir auf dem letzten Gipfel. Die Berge glühen. Das typische Grillen-Gezirpe erfüllt die Luft, sobald es dunkel wird. Der Mond lässt auf sich warten ( oder ist noch hinter den Gipfeln versteckt ). Unsere Spur ist immer schwerer zu erkennen. Wir müssen die Lampen herauskramen und tasten uns bis 20.00 Uhr weiter. Am Abzweiger zur Joshua Spring geht es steil nach unten. Nochmal ein Kilometer extra, weil die Quelle abseits vom PCT liegt. Dann im Dunkeln suchen, bis wir das kleine Rinnsal gefunden haben. Eine gepunktete Kröte hüpft aufgeregt davon.


Alle Flaschen vollmachen, das Zelt aufbauen und Abendessen kochen. Es wird wieder spät heute. Das war ein zäher Tag. Was für eine ewige Latscherei ! Wir sind 30 Kilometer an den Hängen dieser Hügelkette entlang gelaufen, Luftlinie gemessen waren es vermutlich nur 3 Kilometer. Am Ende des Tages kommen wir auf 1200 Höhenmeter Anstieg und 1500 Abstieg. Süd-Kalifornien ist wohl auch nicht so flach, wie wir gedacht haben. 😉


Die letzten beiden Nächte waren kurz. Es sind nur noch 20 Kilometer bis zum Walker Pass, wo wir um 15.00 Uhr mit unserem Trail Angel Sandy verabredet sind. Das müsste gut passen. Bei der Planung stellen wir fest, dass es bis dahin kein Wasser mehr gibt. Bedeutet, dass wir tragen müssen. Wir starten mit 700 Höhenmetern Aufstieg auf den nächsten 5 Kilometern. Zunächst müssen wir aus dem Loch wieder heraus. Eine steile Spur über Geröll führt nach oben zum Abzweiger. Ich kann gar nicht glauben, dass wir diese Rinne gestern im Dunkeln hinunter sind. Es ist nicht zu fassen, die Hügelkette nimmt kein Ende. Den dritten Tag in Folge laufen wir schräg am Hang lang. Immer auf einer Seite der Berg, auf der anderen Seite das Tal. Wir drehen große Schleifen, die Serpentinen am nächsten Hügel kann man schon Stunden vorher sehen. Die einzige Abwechslung ist, dass der Pfad heute überwiegend aus Geröll besteht. Holprig und stolperig drehen wir unsere Runden und sind jedes Mal froh, wenn unsere Hangseite im Schatten verläuft. Sehr kurze Pause. Haferflocken können wir nicht kochen, weil wir zu wenig Wasser haben. Snacks sind alle weg. Ich habe nur noch gesalzene Erdnüsse im Futterbeutel, aber das wäre sicher nicht so klug bei prallem Sonnenschein und wenig Wasser. Gibt nur noch mehr Durst …. also essen wir lieber nichts. Ein dicker schwarzer Käfer krabbelt vor uns im Sand und interessiert sich sehr für die neue Spitze des Wanderstocks.


Es gibt neue Bäume zu sehen, die Joshua Tree Palme. Und die Vegetation wird mehr und mehr so, wie man es sich in der Wüste vorstellt. Es ist trocken und heiß und staubig. Um 14.00 Uhr erreichen wir den Walker Pass, eine Stunde vor unserem Termin. Hat gut gepasst, ganz ohne Stress.

Hungrig und durstig sind wir. Sandy kommt direkt von der Arbeit, um uns abzuholen. Mehr als pünktlich, sehr zu unserer Freude. Um 15.30 Uhr liefert sie uns vor dem Motel ab. Check-in verläuft problemlos, anscheinend werden die Preise gerade günstiger. Wir sind raus aus den teuren Ski-Gebieten, Resorts und touristischen Wander-Nobel-Orten. Hier im trockenen Süden Kaliforniens machen wohl nicht so viele Menschen Urlaub.

Einkauf für die nächste Etappe von 6-7 Tagen steht an. Außerdem versenden wir zum ersten Mal auf diesem Trail Proviant-Pakete an uns selber. Die Planung und der Einkauf nehmen also mehr Zeit in Anspruch als sonst. Wie viel Gas, Zahnpasta, Toilettenpapier brauchen wir ? Es gibt demnächst nicht mehr viele Orte auf der Strecke. Auch Hotel-Aufenthalte sind nicht überall möglich. Internet wird noch weniger funktionieren als bisher. Egal – irgendwie wird das schon gehen. Wir sind auf der Zielgeraden, nur noch etwa 6 Wochen bis zum Ende. Wir müssen mehrere Kartons von der Post holen, mit den richtigen Portionen an Essen füllen, beschriften und versenden. Der Asphalt kocht.
Resümee : Die Sierras sind ohne Zweifel das Sahnestückchen des PCT. Wir sind so begeistert von dieser Landschaft, dass wir im nächsten Jahr noch einmal wiederkommen möchten. Zunächst werden wir die ausgelassene Etappe von Ashland bis zum Echo Lake laufen, damit wir jeden Schritt auf dem PCT gegangen sind. Danach noch einmal mit Bär-Kanister in die Sierras, parallel dazu den John Muir Trail machen, und als Höhepunkt ist die Gipfelbesteigung des Mount Whitney geplant. Da kann man sich doch jetzt schon auf den nächsten Sommer freuen. 🙂
Sehr gute Entscheidung, dass wir Nord-Kalifornien ausgelassen haben. Wir sind froh, dass wir die höchsten Berge im Spätsommer und nicht im Oktober/November durchwandert haben.
Seit Anfang September waren wir nun in den Sierras unterwegs. Es war anstrengend, aber absolut den Schweiß wert. Wir haben jeden Tag auf dem Trail gekämpft, um unsere Meilen zu schaffen.
25000 Höhenmeter Aufstieg, das sind 25 Kilometer, in 5 Wochen bergauf. Ich kann es manchmal selber nicht fassen, was wir uns da angetan haben. 😉 Hat funktioniert, und wir konnten es trotz aller Anstrengungen genießen.
Die letzten Meilen schafft Ihr auch noch.
Ihr auch, liebe Freunde.
Wir sehen uns irgendwann und irgendwo.
Die Welt ist rund. 🙂
Herzliche Grüße