Wunderbare Nacht, wahrscheinlich besser als im Hotel.
Gleich nach dem Start finden wir Salmonberries zum Naschen. Zum Frühstück gibt es noch mehr Obst. Wir haben an der Tankstelle in Snoqualmie zwei Äpfel gekauft und Mandarinen geschenkt bekommen. Dazu ein Stück kalte Pizza von gestern. Was für ein Luxus ! 🙂


Der Mirror Lake liegt direkt am Trail. Wir gönnen uns ein erfrischendes Bad. Der See ist herrlich klar, keine schwarzen Punkte drin und keine Moskitos drumherum. Das Wasser ist kalt, aber nicht eiskalt. Nach dem Schwimmen waschen wir unsere verschwitzten Sachen aus und sind wieder fit für die nächste Runde.


Es folgt ein harter Aufstieg in der Mittagssonne. Steil, aber zum Glück nur kurz. Danach geht es abwärts auf weichem Waldboden. Es duftet würzig. An einer Ecke riecht es nach Anis, ich muss an Kirmes und Kräuterbonbons denken. Wir staunen über einen riesigen Ameisenhaufen am Wegesrand, etwa einen Meter hoch und dasselbe im Durchmesser. Bienen fliegen emsig hin und her. Sie sind fleißig am Bestäuben, damit es im nächsten Jahr noch mehr bunte Wildblumen gibt.

Uns begegnen zwei Engländer, 66 und 67 Jahre alt. Sie sehen fit aus. Ein paar Minuten Geplauder muss sein. Die laufen den PCT in kleinen Abschnitten über mehrere Jahre.
Am Nachmittag geht es Hügel hinauf und wieder hinunter. Wohlgemerkt : Wir reden heute von Hügeln, nicht von hohen Gipfeln. Alles entspannt.
Die letzte Etappe laufen wir getrennt. Verabredet sind wir an der Straße zum Lizard Lake. Dort soll es Wasser und Campsite geben. Allerdings müssen wir einen Kilometer extra machen, zunächst die Schotterstraße hinunter und dann halb um den Lizard Lake herum.

Wir finden einen perfekten Platz oberhalb des Sees, sogar fast unbehelligt von Insekten. Deswegen machen wir schon um 19.00 Uhr Feierabend. Warum sollen wir uns auf einer Etappe von 6-7 Tagen gleich am ersten Tag hetzen ? Das Zelt ist inzwischen schnell aufgebaut. Ein Streifenhörnchen sitzt im Baum gegenüber. Während des Essens können wir ihm beim Putzen zuschauen. Die Vögel zwitschern noch munter. Es ist warm.
Das war heute so richtig zum Genießen. Toller Tag vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. 🙂

Ein Blick auf unsere App sagt : Wasser wird knapp.
Früh am Morgen treffen wir Rachel und Brian, die gerade ihr Lager abbauen. Vor 6 Tagen am Eingang vom Stevens Pass haben wir sie kennengelernt. Daneben stehen Christine und noch ein anderer Brian. Auch diesem Paar sind wir vor einigen Tagen am See schon einmal begegnet. Immer noch gleichauf mit den jungen Leuten, das wundert uns ein bisschen. Vielleicht sind wir doch gar nicht so langsam ?
8.30 Uhr – und der Schweiß rinnt schon wieder. Ein längerer Aufstieg, heute geht es wieder etwas höher hinauf.
Pause an einer Quelle, die munter aus der Erde sprudelt. Wir kochen Haferflocken zum Frühstück. Zum Nachtisch gibt es getrocknete Mango vom Gabentisch im Hotel. Wir werden Wasser tragen müssen, ob wir wollen oder nicht.
An einer Weggabelung sehen wir ein Streifenhörnchen, welches vor seinem Bau sitzt. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir dahinter ein Baby. Wie süß ! Und dann taucht noch ein weiteres Mini-Streifenhörnchen hinter dem Körper der Mutter auf. Als ob eins von diesen kleinen Tierchen nicht schon niedlich genug wäre. Wir sind total hingerissen von diesen reizenden Zwergen. 🙂
Uns kommen vier Frauen entgegen, die an ihren Gürteln Wäscheklammern mit Flatterbändern in orange tragen. Wir fragen natürlich, was das für eine Bedeutung hat. Morgen findet ein Rennen über 100 Meilen ( 160 Kilometer ) statt, der Cascade Crest 100 -Marathon. Die Damen markieren den Trail, damit Niemand verloren geht, weil dieser Marathon über Nacht dauert. Die schnellsten Teilnehmer schaffen es in 24 Stunden, die langsameren Läufer brauchen bis zu 36 Stunden für die Strecke von 100 Meilen. Unfassbar ! Wir planen dafür 6 Tage ein.
Beim nächsten Wasserloch fange ich mir ein zappelndes Etwas ein. In meiner Flasche schwimmt eine Kaulquappe, ca. 1 Zentimeter lang und sehr aufgeregt. Nein – die möchte ich nicht trinken. Mücken und Fliegen verschlucken ist schon schlimm genug. Die Kaulquappe darf zurück in ihre Pfütze.

Der Weg heute lässt keinen Hügel aus. Am späten Nachmittag starten wir auf einen knapp 20 Kilometer langen Marsch ohne Wasserquelle zwischendurch.
Es geht nur noch aufwärts. Uns kommt ein ausgedörrter Hiker entgegen, grüßt nicht, sondern fragt nur : „Wo ist das Wasser ?“ Nur wenig später begegnet uns eine abgekämpfte Frau : „Wo ist das nächste Wasser ?“ Anscheinend gibt es wirklich überhaupt nichts Trinkbares auf dem langen Weg, noch nicht einmal ungeplantes Tröpfeln aus dem Berg.
Wir lernen Sonja aus Hamburg kennen, unsere erste deutsche Bekanntschaft auf dem PCT. Sie hat schon mehrfach von uns gehört. Ja, das Blumenhemd von Thomas in orange fällt auf. Deutsche Ehepaare gibt es wohl auch nicht so viele auf dem PCT. Dies ist Sonjas erster Long-Trail. Sie hat also null Erfahrung und macht Fehler, die wir auch zu Anfang gemacht haben. Sie läuft zu viele Meilen am Tag, ihre Schuhe sind wahrscheinlich zu eng, der Rucksack zu schwer. Sonja hat die Füße kaputt. Hot Spots, Blasen, wundgescheuert, offene und entzündete Stellen. Thomas gibt ihr eine Viertelstunde lang Unterricht in „Wie behandle ich meine Blasen richtig ?“ Wir haben Blasenpflaster und Moleskin übrig, denn unsere Füße sind zum Glück in Ordnung. Sonja ist sehr dankbar für die Lektion und das Zeug zum Verarzten. All das haben wir auf unserem ersten Trail 2012 von erfahrenen Hikern gelernt. Solche Tipps sind Gold wert. Ganz nebenbei sind die Beine von Sonja ziemlich zerkratzt, weil sie in kurzer Hose läuft. Nichts für mich.
Vor mir windet sich unsere erste kleine Schlange auf dem Trail. Dünn mit Längsstreifen, die haben wir schon sehr oft gesehen. Das ist eine Garter Snake, eine total ungefährliche Strumpfband-Natter. Sie verschwindet blitzschnell seitlich im Gebüsch.
Wir kämpfen uns weitere 2,5 Stunden bergauf. Schweißgebadet machen wir auf dem Blowout Mountain Pause und kochen die wertvollen Menüs aus Snoqualmie. Adventure Meal von Mountain House. Braucht weniger Wasser als unsere herkömmlichen Nudeln, und es wird direkt aus der Tüte gegessen, spart also den Abwasch. Schmeckt wirklich lecker und hat bestimmt auch einen guten Nährwert. Jeder von uns könnte allerdings locker zwei davon verdrücken. 😉
Mittlerweile zeigt die Uhr Viertel vor acht. Wir packen unser Zeug zusammen und hoppeln frisch gestärkt noch ein bisschen weiter.
Am Ende des Tages kommen wir auf über 30 Kilometer. Wir sind insgesamt 2000 Höhenmeter aufgestiegen und haben zusammen noch ungefähr einen Dreiviertel Liter zum Trinken.

Kaffee im Zelt fällt aus, das nächste Wasser ist noch 7 Kilometer weit weg.
Bereits vor dem Frühstück überschreiten wir die 300-Meilen-Marke. Na, das ist ja schon eine Hausnummer, immerhin 480 Kilometer. So langsam kommt Schwung in die Sache.
An der Quelle angelangt gibt es erst einmal Kaffee. Dabei können wir die Vögel ringsum in den Bäumen beobachten. Ein Winzling hat es uns besonders angetan. Er ist kleiner als ein Spatz, ungefähr wie ein Kolibri, und hüpft direkt über uns in den Ästen herum. Die Pause wird etwas überzogen. Es waren schon 300 Höhenmeter bergauf bis hierher. Im Laufe des Tages liegen weitere 1000 Höhenmeter vor uns. Beide haben wir keine Lust mehr zum Aufsteigen.
Nützt ja nichts, weiter geht’s.
Wir kommen an ein hölzernes Schild, auf dem Informationen zu einem Waldbrand aus dem Jahr 1988 stehen. Damals sind in dieser Gegend mehr als 1200 Hektar verbrannt. Das ist jetzt 38 Jahre her, und es gibt immer noch keine hohen Bäume. Nur ca. 1 Meter hohes Kraut und ein paar Nadelbäume haben sich durchgesetzt.

Die nächste Pause passt gut, denn eine private Hütte steht direkt am Trail. Sie wird unterhalten vom lokalen Snowmobil-Club und ist für Wanderer das ganze Jahr über geöffnet. Wasser gibt’s auch. Innen ist es dunkel und muffig, es stinkt nach Rauch. Auf dem Tisch liegt eine Plastiktüte aus dem Supermarkt. Ein Apfel ist noch darin, aber da haben schon die Mäuse dran geknabbert. Egal. Wir schälen den Apfel und teilen ihn uns. Die Plastiktüte nehmen wir mit.

Gleich dahinter beginnt noch einmal ein großes abgebranntes Gebiet. Dieser Waldbrand scheint aus jüngerer Zeit zu sein, denn es sind noch keine neuen Bäumchen nachgewachsen. Es gibt nur flaches Grünzeug, Bodendecker und Wiesenblumen. Die Gerippe der toten Bäume ragen weiß mit schwarzen Flecken in den Himmel. Ein bisschen gespenstisch wirkt die Szenerie. Etliche angekohlte Stämme liegen quer. Die ganze Region sieht ziemlich trostlos aus. Und es ist noch kein Ende in Sicht.

An unserer Kochstelle bekommen wir Gesellschaft. Zunächst Sonja mit den kaputten Füßen, eine interessante Gesprächspartnerin. Kurze Zeit später lernen wir „Mister Wow“ aus Barcelona kennen und können unser Spanisch ein wenig auffrischen. Lange Unterhaltung, die Pause wird wieder maßlos überzogen. Die Beiden möchten nur noch bis zum nächsten Campsite und dann Feierabend machen. Wir haben uns aber ein hohes Ziel gesteckt, noch unsicher, ob wir es erreichen. Um 17.30 Uhr starten wir auf unsere letzte Etappe des Tages. Die nächste Wasserquelle liegt in 12,5 Kilometer Entfernung. Wird spät. Aber geschafft – 35 Kilometer heute. Ziel erreicht. 🙂
Das Wasser könnte nicht besser sein. Einen Platz für’s Zelt finden wir gleich daneben im Schutz von Bäumen. Die Quelle plätschert munter vor sich hin.
Morgen soll ein Tag mit schlechterem Wetter sein. Abkühlung in Sicht. Das begrüßen wir sehr.

Nachtlager auf 2100 Meter Höhe. Ein auffrischender Wind hat ordentlich am Zelt gezupft und gerappelt. Morgens beim Aufstehen ist es immer noch etwas frisch, aber das hat sich bald erledigt. Blauer Himmel mit ein paar Federwölkchen und Sonnenschein.
Die erste Stunde laufen wir ein Stückchen aufwärts weiter durch Waldbrand-Gebiet. Insgesamt waren das 6 Stunden lang Wandern durch verbrannte Landschaft. Nun sehen wir endlich wieder lebende Bäume. Schön, dass es jetzt wieder grün wird. Und bunt, denn die wilden Blumen blühen in weiß, rot, blau, gelb und lila. Dieser Anblick tut den Augen richtig gut.
Es gibt Haferflocken zum Frühstück. Wahrscheinlich das Nahrhafteste, was wir heute zu uns nehmen. 😉

Wechsel der Hanglage. Zack – da ist er ! Wir haben Mount Rainier in voller Pracht direkt vor der Nase. Man kann sogar einzelne Gletscher unterhalb des Gipfels erkennen. Etwas weiter links im Hintergrund thront Mount Albert, der mit 3742 Metern zweithöchste Gipfel Washingtons, ebenfalls noch mit Schnee bedeckt. Der Morgennebel wabert im Tal.

Am Sheep Lake nehmen wir Wasser, behandeln es aber vorerst nicht. Wir hoffen auf Trail Magic am Chinook Pass in gut einer Stunde. Der See scheint ein beliebtes Ausflugsziel für Menschen und Hunde zu sein. Es ist Wochenende, dementsprechend viel los in beiden Richtungen. Chromblitzende Autos auf dem Parkplatz und die Blechlawine auf dem Highway 410 sind schon aus der Höhe zu erkennen. Es wird laut und immer lauter. Der Parkplatz ist rappelvoll belegt, auch zu beiden Seiten der Straße ist alles komplett zugeparkt. Ungefähr 20 Leute stehen am Toilettenhäuschen Schlange. Leider keine Trail Magic – noch nicht einmal Wasser für Hiker. Eigentlich hatten wir an so einem belebten Ort mit Mülltonnen gerechnet, aber die gibt es auch nicht. Also weiter. Schnell weg hier. Ein malerisch gelegener See in kurzer Entfernung zum Parkplatz zieht die Menschen an. Ein schönes Ziel, sehr idyllisch zwischen Blumenwiesen und Felsen eingebettet. Die ersten 3-4 Kilometer haben wir unheimlich viele Spaziergänger um uns herum. Danach nichts mehr – wie abgeschnitten. Wir sind wieder alleine im Wald. Hier gibt es noch etliche Schneefelder. Die Moskitos sind wieder sehr präsent. Eine Reihe von Seen links und rechts, das sind die Dewey Lakes. Dazwischen liegen kleine Bäche und Sumpf. Die erwartete Abkühlung heute findet so gut wie gar nicht statt. Vielleicht von 30° auf 28°, also nicht der Rede wert. Wir schwitzen.
Ganz kurz stippt der PCT in den Mount Rainier National Park hinein. Morgen werden wir ihn schon wieder verlassen, unsere Streckenführung läuft außen am Rande entlang.
Wir entdecken einen knorrigen Baum, der aussieht wie ein Ent aus Tolkiens „Herr der Ringe“. Es ist schon erstaunlich, was die Natur sich so ausdenkt.
Die anvisierte Wasserquelle für’s Abendessen entpuppt sich als dünnes Rinnsal. Mit Hilfe einer Tasse und viel Geduld schaffe ich es, davon 2 Liter abzuzapfen. Thomas sitzt derweil etwas abseits und wird von den stechenden Insekten attackiert. So sehr, dass ihm die Lust auf Essen und Kochen vergeht. Wir satteln auf, verschieben unsere Pause und tragen das Wasser einige Kilometer weiter bis zum nächsten Zeltplatz.
Wieder 30 Kilometer weiter. Es läuft. 🙂 Nur noch 35 Kilometer, bis wir den Trail am White Pass für einen Ruhetag verlassen werden.

Morgens früh ist der Himmel bedeckt. Nicht nur ein bisschen, sondern dichte Bewölkung. Es fühlt sich kühler an. Oder ist das nur Wunschdenken ?
An einer exponierten Gabelung blicken wir zurück und sehen den Mount Rainier. Mehr als 3 Wochen sind wir darauf zugelaufen, jetzt liegt dieser krasse Gipfel hinter uns. Man sieht einen Fortschritt. 🙂
Bereits um Viertel nach 7 marschiert Mister Wow an unserem Lager vorbei. Der möchte heute schon zum White Pass und raus. Seine Mission ist beendet, er muss zurück nach Barcelona. Mister Wow ist während seines Jahresurlaubs die Strecke vom Hart’s Pass bis zum White Pass gelaufen. Ein sehr angenehmer Mensch. Schade, dass er den Trail verlässt.
Heute liegen ungefähr 30 leichte Kilometer vor uns, überwiegend abwärts in leichtem Gelände. So einfach, dass ich meine Stöcker am Pausenplatz vergessen und ohne losrenne. Das ist mir auf dem CDT in der Red Desert auch schon einmal passiert. Damals haben wir es allerdings erst am Ende einer Tagesetappe von 36 Kilometern bemerkt. Dumm gelaufen, neue Stöcker bestellt. Heute merke ich es relativ schnell und muss nur ein kurzes Stück zurücktraben.
Wir wandern erneut durch eine Seen-Landschaft. One Lake, Two Lakes …. Ja, so heißen die wirklich. Ein Bär ruft ganz in der Nähe, lässt sich aber nicht blicken. Ein hübscher Vogel mit auffällig gelbem Federkleid fliegt vor uns her. Das ist ein Goldzeisig, der Staatsvogel von Washington. Viel öfter sehen wir den Rotkardinal mit seiner auffälligen Federhaube auf dem Kopf.
Eine Fluss-Überquerung liegt vor uns. Am Ufer sitzt Allison. Der ist am 15. Juni gestartet, war also einer der ersten auf dem gerade freigegebenen PCT. Allison erzählt uns, dass er den PCT langweilig findet. Naja, uns reicht es an Aufregung. Auf die andere Seite kommen wir ohne Probleme über Steine, Baumstämme und mit zwei kurzen Tapsern ins Wasser.

An einem der Seen füllen wir unsere Flaschen. Dort treffen wir Sonja, die uns während der Mittagspause Gesellschaft leistet. Jeder von uns bekommt einen Müsli-Riegel von ihr geschenkt. Der wird gerne genommen, weil wir zum Ende einer Etappe immer knapp mit Essen sind. Erstens wollen wir nicht so viel Proviant tragen. Und zweitens laufen wir viel schneller, wenn die Leckerchen aus sind. Sonjas Bär-Kanister ist noch gut gefüllt, während wir fast nichts mehr im Futterbeutel haben : Noch genau eine warme Mahlzeit für heute Abend und einen Müsli-Riegel, den wir uns teilen werden. Wir tragen auch keinen Bär-Kanister, sofern es nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, denn der wiegt ohne Inhalt schon mehr als 1 Kilo. Die Moskitos sirren um uns herum. Nicht so entspannt, baldiger Aufbruch.
Tief unter uns in einer Schlucht auf der linken Seite brodelt ein wilder Fluss. Vor uns liegt ein kleiner Teich, dessen Oberfläche mit einer dicken gelben Schicht bedeckt ist. Am Ufer sind komische gelbe Blöcke zu sehen, ähnlich wie Wachs. Es dauert eine Weile, bis wir realisieren, dass es sich um Blütenstaub handelt, sowohl im Wasser als auch am Rand.

Wir haben uns den Deer Lake als Tagesziel ausgesucht, weil wir dann schon nahe am White Pass sind.
Morgen würden dann nur noch 4 Kilometer vor uns liegen, und wir könnten sehr früh an der Straße stehen. Aber es kommt ganz anders …. Der Wald mit den vielen Seen ist nicht zum Aushalten. Die stechenden Plagegeister verfolgen uns und machen uns irre. Sogar beim Laufen saugen sie Blut und scheinen immer zahlreicher zu werden. Man darf überhaupt nicht anhalten. Wer braucht da einen frühen Feierabend an einem See ? Bestimmt keine gute Idee. Mossi-Land. Wir wollen raus und rennen 4 Stunden ohne Pause bis zur Straße. Nur 1 Kilometer bis zum Krackel Barrel, einer als sehr Hiker-freundlich angepriesenen Tankstelle.
Das waren heute 34 Kilometer in total mit 1000 Höhenmetern Aufstieg.


Um 18.20 Uhr sind wir beim Kracker Barrel. Der Laden hat gerade geschlossen. Aber am Picknicktisch draußen sitzen ein Dutzend Hiker, die wir kennen. Roger aus der Schweiz, Sonja aus Hamburg, Mister Wow aus Barcelona, Rachel, Christine, die beiden Brians, ein französisches Paar, der blutjunge Sam aus der Schweiz ….. Skipper und Walkabout werden mit lautem Jubel empfangen. Uns wird sofort ein Bier angereicht. Kurz darauf erscheint eine Frau, die sich „Blueberry“ nennt und 2014 den PCT gelaufen ist. Sie holt zwei Beutel mit Mandarinen aus ihrem Auto, kurze Zeit später bringt sie noch mehrere Plastikdosen mit eingelegtem Obst. Trail Magic vom Feinsten. 🙂 Es wird ein total lustiger Abend mit netten Leuten, obwohl wir ja sonst nicht so gesellig sind und Menschenmassen gegenüber eher abgeneigt. Spontane Party sozusagen.
Das Kracker Barrel lässt die PCT-Hiker kostenlos auf dem Gelände zelten.
Insgesamt stehen abends 18 Zelte auf der Wiese hinter der Tankstelle, zwei weitere eine Etage tiefer ( wir auch ).


Morgens früh zeigt das Thermometer nur 7°. Es ist schattig beim Aufstehen. Die Tankstelle öffnet um 8.00 Uhr. Wir sind natürlich früher wach und müssen auf den Kaffee warten. Kleines Frühstück in netter Runde mit Roger, Mister Wow und Sonja. Cool. 🙂
Wir machen eine telefonische Reservierung in einem Motel. Danach trampen wir knapp 20 Kilometer nach Westen in den 300-Seelen-Ort Packwood. Check-in ist sehr freundlich, wir bekommen Hiker-Rabatt. Unsere schmutzige Wäsche dürfen wir an der Rezeption abgeben, zwei Stunden später bekommen wir sie sauber zurück. Service des Hauses.

Von Snoqualmie aus habe ich mir neue Keen Halbschuhe bestellt, da in nächster Zeit nicht mehr mit Schnee zu rechnen ist. Die schweren Wanderstiefel werden mit unseren Schlafsäcken im Paket zu Jonathan geschickt. Es gibt keinen Grund, diese schweren Dinger mitten im Sommer zu tragen. Alles liegt in Packwood nahe beieinander. Wir lieben diese kleinen Dörfer mit nur einer Main Street. Reichhaltiges zweites Frühstück im Diner gleich neben unserem Motel. Einkaufsladen ebenfalls direkt nebenan, nur auf der anderen Seite. Ein kurzer Gang zur Post gegenüber. Meine neuen Schuhe sind da und passen. Und es gibt neue Schlafsäcke, darauf freuen wir uns schon seit Wochen. Das ist jetzt die dritte Garnitur. ZPacks Lieferung war ja leider nicht angekommen. Die als Ersatz bestellten Schlafsäcke haben uns mit ihrer Lieferverzögerung einige Tage aufgehalten und sich am Ende als nicht optimal erwiesen. In Zukunft werden wir mit den altbewährten „Western Mountaineering“ glücklich sein. Damit haben wir bereits auf dem CDT und auf dem Florida Trail bestens geschlafen.
Im Garten läuft ein Wapiti-Hirsch herum. Total zutraulich, der scheint hierhin zu gehören wie ein Hofhund. Kurze Zeit später stehen zwei Jungtiere daneben. Irgendwann sehen wir eine kleine Herde von 6 Elks, die vor unserer Tür grasen. Das ist doch sehr idyllisch hier in Packwood.
Bis zum White Pass sind wir 570 von 4275 Kilometern gelaufen, das ist ungefähr ein Achtel der Strecke.