Wir segeln und wandern durch die Welt

Wanderung im Koroyanitu National Heritage Park 15.09 – 16.09.2016

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Drei Tage lang standen unsere Hiking-Rucksäcke fertig gepackt in einer Ecke. Frühmorgens sah das Wetter gar nicht gut für unsere Wandertour im Nationalpark aus. Der Himmel grau und bedeckt, die Gipfel der Berge unter dichten Regenwolken verschwunden. Mittwoch kamen dann unverhofft Hermann und Hilde in die Vuda Marina, da haben wir unseren Ausflug gerne nochmal verschoben.

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Donnerstag soll es endlich losgehen. Aber vorher werden wir noch zu einem gemeinsamen Frühstück auf die Pacifico eingeladen. Es gibt selbstgebackenes Schwarzbrot zum Kaffee, ein weichgekochtes Ei für Jeden, leckeren Apfelkuchen und nette Gesellschaft. So machen wir uns gut gestärkt auf den langen Weg. Zwei Busse bringen uns zum Abzweiger, danach laufen wir ca. 15 Kilometer weiter zu Fuß. Wir suchen das Dorf Navilawa, von wo aus unsere Wanderung auf den Mount Batilamu starten soll. Das ist gar nicht so einfach zu finden, denn auf unserer Karte ist nur eine einzige Straße eingezeichnet. In Wirklichkeit biegen aber andauernd irgendwelche Fahrspuren nach allen Richtungen ab, die zu entlegenen Häuser-Ansammlungen oder zu den Feldern führen. Unser Maps-Me auf dem Handy hilft auch nicht weiter, demnach gibt es hier keinen Trail. Also fragen wir, wo immer wir Menschen sehen, nach dem Weg. Allerdings scheint Navilawa nicht besonders bekannt zu sein, selbst in den benachbarten Dörfern bekommen wir oft nur ein Schulterzucken zu sehen. Wenn es überhaupt eine Antwort gibt, dann ist die Auskunft sehr vage ….. “ Das ist noch weit.“ Oder sogar “ Sehr, sehr weit entfernt.“ Aber wir geben nicht auf, schließlich sind wir voll motiviert und möchten gerne mal wieder richtig weit laufen. Wir kommen an einem Acker vorbei, wo ein Bauer mit seinem Sohn arbeitet. Natürlich pflanzen die Cassava an. Was sonst ? Sie sind sehr gesprächig und erzählen uns von ihrem Brauchtum des Sevusevu. Wir sollen nach dem Dorfältesten fragen und dort um Erlaubnis fragen, das Land betreten zu dürfen. Eigentlich müssen wir Kava bringen, aber wenn wir den nicht dabeihaben, dann dürfen wir unseren Obulus auch in Form von einer Geldspende entrichten.

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Von unserer geplanten Wanderung wird dringend abgeraten. Dieser Pfad soll seit 5-6 Jahren von Niemandem mehr begangen worden sein, und Hurricane Winston hat dann im Februar wohl den Rest erledigt. Na prima – das hört sich ja alles nicht sehr verlockend an. Nur ein kleines Stück weiter treffen wir einen älteren Mann, der seine zwei Kühe an einem Strick entlang der Straße spazieren führt. Der stellt dieselben Fragen und sagt genau das Gleiche : Sevusevu als Eintrittsgeld, Trail seit vielen Jahren verwildert und vom Hurricane zerstört. Nach 4 Stunden haben wir den in keiner Karte erwähnten Ort gefunden und fragen nach dem Chef. Sofort werden wir zu einer Gruppe von Männern geführt, die gerade ein Schwein in Einzelteile zerlegen und portionsweise in Bananenblätter einwickeln. Wir erfahren, dass die Hunde des Dorfes dieses Schwein gerissen haben. Ganz erstaunlich, denn wir sehen nur magere Promenadenmischungen von mittlerer Größe, die nicht besonders gefährlich erscheinen. Der Bürgermeister von Navilawa hält sich zur Zeit in einem anderen Dorf auf, aber wir haben seinen Stellvertreter vor uns. Thomas beginnt mit Entschuldigungen dafür, dass wir kein Kava-Bündel als Geschenk dabei haben. Wir stellen uns doof und tun so, als hätten wir dummen Touristen nichts von diesem Brauch gewusst. Dann bietet Thomas einen 20,- Dollar-Schein an, der mit offensichtlicher Freude angenommen wird. Damit erhalten wir die Genehmigung, das Dorf zu durchqueren und in die Berge zu steigen. Aber als wir von unserem Vorhaben berichten, unterwegs zu übernachten, da gestalten sich die weiteren Verhandlungen schwierig. Es ist mittlerweile schon 16.30 Uhr, und da möchte man uns nicht mehr gehen lassen. Außerdem sei der Weg zum Mount Batilamu viel zu gefährlich. Wir sollen im Dorf in der Lodge übernachten ( teuer !) und dann morgen die einfache Route zu irgendwelchen Höhlen laufen. Aber so haben wir das nicht geplant. Wir haben ja nicht umsonst Zelt, Matten und Decke eingepackt. Auf jeden Fall möchten wir nicht die Nacht im der Lodge verbringen und auch nicht   statt einer Bergtour den Ausflug zur Höhle machen. Die Unterhaltung wird schwierig, die Stimmung droht zu kippen. Ich halte besser die Klappe, bin nicht besonders diplomatisch in solchen Dingen. Es ist zäh, aber Thomas schafft es. Freundlich, aber bestimmt, beharrt er auf unserem Vorhaben und überzeugt die Herren davon, dass wir uns nicht leichtfertig in Gefahr begeben. Dann bekommen wir viele gute Ratschläge und eine genaue Wegbeschreibung, die etwa folgendermaßen aussieht : beim ersten Mangobaum links,  beim Zitronenbaum rechts, beim zweiten Mangobaum auf keinen Fall links absteigen, beim Bananenbaum nach rechts, auf keinen Fall den Pfad verlassen, an der Felswand dann das Seil zum Hochklettern suchen ….. Alles ganz einfach ! Wir müssen dem stellvertretenden Häuptling versprechen, dass wir sofort umkehren, wenn wir den Trail verlieren. Und wir sollen morgen von Abaca aus im Dorf anrufen und Bescheid geben, wenn wir gut auf der anderen Seite angekommen sind. Ganz wohl ist den Männern in der Runde nicht, offensichtlich machen sie sich Sorgen, dass uns etwas passiert. Aber letztendlich lassen sie uns ziehen.

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Wir bekommen noch einen einheimischen Begleiter für das erste Stück des Weges und atmen erleichtert auf, als der uns endlich alleine laufen lässt. Der Pfad ist zugewachsen, aber noch erkennbar. Die Beschreibung “ von Baum zu Baum “ passt haargenau. Es geht steil hinauf, und wir dürfen nicht bummeln, wenn wir noch bei Tageslicht ein paar Kilometer schaffen wollen. Und wir werden garantiert beobachtet, denn unter uns liegt das Dorf Navilawa. So wie uns vorhin der Weg entlang der markanten Bäume gezeigt wurde, genau so sieht die Männerrunde uns nun den Berg hinaufsteigen. Von oben haben wir schöne Ausblicke auf die immer kleiner werdende Ansammlung von Häusern im Tal. Wir folgen ganz genau der Route, wie sie uns erklärt wurde. Müssen sehen, dass wir einen Platz für unser Lager finden, denn das Tageslicht schwindet. Kurz hinter dem zweiten Mangobaum entdecken wir auf einem Hügel eine Stelle für unser Zelt. Nicht gerade eben, aber wir treten das Unkraut platt und richten uns dort ein.

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Viel Auswahl hat man nicht in diesem Urwald. Nach der langen Laufstrecke und dem steilen Anstieg zum Ende des Tages sind wir richtig kaputt. Ist doch mal wieder ungewohnt, sich so viel zu bewegen. Wir liegen schon vor 19.00 Uhr im Zelt. Was soll man auch sonst machen, wenn es draußen stockdunkel ist ? Trotzdem können wir erstmal nicht schlafen, das Liegen auf den Matten ist ungewohnt. Wir schauen uns den Sternenhimmel an. Es ist beinahe Vollmond. Schöne Nacht …. aber kalt wird es. Auf unserem Hügel weht ein kräftiger Wind und lässt die Zeltwände flattern. Das Laken reicht nicht zum Zudecken, zum Glück haben wir noch die Inlets der Schlafsäcke eingepackt. Es ist immer noch kühl, aber so kann man es aushalten. Mitten in der Nacht beginnt es zu tropfen. Kein Regen, sondern Kondensation im Inneren des Zeltes. Das erinnert uns daran, dass wir ein neues brauchen. Dieses ist wirklich durch, wir haben es auf unseren beiden Longtrails stark beansprucht und inzwischen mehr als 300 Mal auf- und abgebaut.

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Wir stehen früh auf, weil das Liegenbleiben wegen der Tropferei nicht gemütlich ist. Und weiter geht es bergauf über einen Pfad, der kaum noch zu erkennen ist. Scharfe Halme zerschneiden uns die Schienbeine, Stachel und Splitter von den Büschen ringsum bohren sich in die Haut. Nicht toll, aber ich bekomme nicht so viel davon ab wie Thomas, der voraus geht. Und noch glauben wir ja, dass dieser Weg uns zum Ziel führt. Den so genau beschriebenen Bananenbaum finden wir leicht, aber dann hören unsere Pfadfinder-Fähigkeiten auf. Wir stapfen weiter durch das Unkraut, klettern über umgefallene Bäume und unter Luftwurzeln hindurch. Es ist sehr mühsam, denn irgendwas scheint sich immer an unseren Beinen festzuhalten. Es ist so, als ob dieser tropische Regenwald uns nicht durchlassen will. Die Wurzeln und äste bilden Stolperfallen, immer neue Hindernisse liegen vor uns und müssen umgangen werden. Es gibt auch mit viel Phantasie keinen Weg mehr, höchstens Ziegenpfade, vielleicht sind es auch nur Wasserspuren vom letzten Regen. Oberhalb des Bananenbaums verlieren sich alle Pfade, obwohl wir nur noch ca. 2 Kilometer vom Gipfel entfernt sind. Es sieht wirklich so aus, als ob hier seit Jahren Niemand mehr gegangen ist. Die Normal- Touristen starten im Dorf Abaca auf der anderen Seite, wandern dann mit Führer auf den Berggipfel und schauen von dort oben zum Dorf Navilawa hinunter. Kein Wanderer läuft andersherum , so wurde uns von der Männerrunde erzählt. Naja, wir dachten, das sei eine gute Idee und haben es probiert. Nur noch etwa eine Stunde weiter, dann sollten wir das Seil finden, mit dem man die Felswand hochklettern kann. Aber wir sehen keine Spur, der wir weiter folgen können, und landen mehrmals in einer Sackgasse. Umdrehen, zurück zum Bananenbaum und neuer Versuch in einer anderen Richtung….. Wir irren ungefähr 5 Stunden durch den Busch und hohes Gestrüpp. Dann reicht es uns – wir geben auf. Wir beschließen schweren Herzens, dass wir umkehren und absteigen nach Navilawa. Den Mount Batilamu werden wir vielleicht ein anderes Mal bezwingen. Für heute haben wir die Nase voll, außerdem wird das Wasser knapp. Der Rückweg geht erstaunlich schnell. Wir melden uns im Dorf zurück, damit der Chef sich keine Sorgen über unseren Verbleib machen muss. Dann beginnt eine endlos erscheinende Latscherei über die Schotterstraße. Alle Knochen tun inzwischen weh von der ungewohnten Anstrengung. Die Beine sind zerschunden, Hände und Unterarme zerkratzt und voller kleiner Splitter. Der langweilige Marsch über die kleine Straße führt am Dorf Korobebe vorbei. Dort sitzt ein älterer Mann im Schatten und grüßt freundlich. Wir kommen ins Gespräch und erfahren von ihm, dass es einen Bus gibt, der von hier bis zur Hauptstraße fährt. Um 15.00 Uhr, das ist in 10 Minuten, soll der hier sein. Das ist ja unglaublich ! Wir können unser Glück kaum fassen – ein Linienbus in dieser abgeschiedenen Gegend, und wir sind genau zur richtigen Zeit an der Haltestelle. Das spart uns mal eben locker 10 Kilometer Laufen. Tatsächlich kommt der Rappelbus pünktlich und nimmt uns für umgerechnet 1,50 Euro pro Person mit. Wir fahren durch einige kleine Dörfer, halten an jeder Milchkanne, an einer Schule steigen Dutzende von Kindern ein. Nicht bequem, aber sehr interessant. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichen wir an der Hauptstraße unseren Abzweiger zur Vuda Marina. Hier müssen wir umsteigen. Thomas wartet auf die nächste Fahrgelegenheit, um zum Boot zu kommen, während ich den angefangenen Nachmittag noch einmal in Lautoka verbringe.

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