Wir segeln und wandern durch die Welt

Kammweg Erzgebirge-Vogtland 1. Woche ab 15.06.2020

Von Dresden nach Passau zu Fuß  – das ist die Idee. Plan C oder D ….. Seit letztem Jahr sind unsere Segelpläne durcheinander, wir stricken unsere Reisen immer mal wieder neu.
Zunächst freuen wir uns auf einen Besuch bei Hermann von der SY Pacifico, der die Zeit der geschlossenen Grenzen in Lübeck aussitzt. Darauf folgt ein geselliger Abend bei den Schwestern mit Anhang in Bremen. Und wir besuchen endlich unsere Freundin in Friedewald bei Dresden. Seit Sommer 2013 haben wir uns nicht mehr gesehen. Corona macht’s möglich. Ein Tagesausflug zu Viert in die Sächsische Schweiz verschafft uns einen ersten Eindruck davon, wie schön Deutschland ist. Die gut 20 Jahre jüngeren Leute entführen uns auf eine knackige Wanderung, deren Steigungen wir zum Ende hin in den Waden spüren. Es ist Wochenende und allerbestes Wetter, daher sind für unseren Geschmack zu viele Menschen unterwegs. Trotzdem genießen wir diesen tollen Ausflug mit unseren Freunden in beindruckender Landschaft, Picknick und gute Stimmung.

Der Kammweg Erzgebirge-Vogtland ist ein Fernwanderweg von knapp 300 Kilometer Länge, der durch Sachsen und Thüringen verläuft, über weite Strecken entlang der tschechischen Grenze. Er beginnt in Geising, etwa 40 Kilometer südlich von Dresden, und endet in Breitenbach, dem Drehkreuz der Wanderer. Eigentlich war die Idee zum Laufen in der Heimat als Corona-bedingter Lückenfüller entstanden. Nach anfänglicher Skepsis gefällt uns der neue Plan jedoch richtig gut. Die Kunst dabei ist, dass man keine Vergleiche anstellen darf. Wenn man nicht gerade erwartet, tagelang einsam in wilder Natur unterwegs zu sein, dann kann man das Wandern in deutscher Kultur-Landschaft auch so richtig genießen. Insgesamt sind etwas mehr als 6000 Höhenmeter Aufstieg und 6185 Höhenmeter Abstieg zu bewältigen. Der Weg ist leicht zu finden, durchgängig markiert mit blauem Querstrich auf weißem Grund und dem Schriftzug „KAMM“. In regelmäßigen Abständen gibt es Bänke und Picknick-Tische, zum Teil sogar überdacht. Abends zur Feierabend-Zeit finden wir immer ein schönes Plätzchen, auch wenn wildes Zelten eigentlich nicht erlaubt ist. Die Landschaft ist idyllisch, wenig spektakulär, aber zum schnellen Vorankommen gemacht. Wir müssen uns bremsen, damit wir nicht gleich am Anfang zu viel Strecke machen. Also lange schlafen, morgens beim Kaffee trödeln, lange Pausen, wo es sich anbietet und meistens ein früher  Feierabend. Unsere Tagesetappen pendeln sich zwischen 25 und 35 Kilometern ein. Die offiziellen 17 Etappen schaffen wir gemütlich in 10 Tagen. Eine ganz besondere Erfahrung auf einer langen Wanderung ist die Nähe zu den Menschen. In Sachsen machen wir durchweg gute Erfahrungen mit den Einheimischen. Wann immer wir nach dem Weg fragen oder an einem Grundstück um Wasser fragen, immer begegnet man uns freundlich. So erfahren wir ganz nebenbei eine Menge über die Geschichte des Landes und der Bevölkerung.

Am Montag, den 15. Juni, geht es endlich richtig los. Wir wandern an diesem ersten Tag von Geising bis nach Holzau. Am Nachmittag befinden wir uns ganz nahe der tschechischen Grenze, die gerade erst wieder für Deutsche geöffnet hat. Wir laufen mal eben hinüber nach Moldava und machen eine schöne Pause in einem für uns unbekannten Land. Früher Feierabend nach 26 Kilometern, denn mehr sollte man sich am Anfang nicht zumuten.

Das linke Knie von Thomas macht sich bereits am 2. Tag bemerkbar, obwohl wir sehr vorsichtig gestartet sind. Vielleicht ist das auch die Quittung für unseren Wochenend-Ausflug mit reichlich Höhenmetern, steilen Passagen und Kletterstellen.
Was soll’s – wir hatten es nicht anders erwartet. Da kommt die Knie-Bandage zum Einsatz, und weiter geht’s. Am Wettinweg, ungefähr auf Kilometer 52, entdecken wir eine Quelle, die nicht in unserer Karte verzeichnet ist. Herrlich klares und erfrischendes Wasser wird immer gerne genommen. 

Bisher finden wir in regelmäßigen Abständen schöne Picknick-Plätze. Bloß nicht zu viele Laufstunden, wir legen ganz bewusst lange Pausen ein. Am Nachmittag machen wir einen Abstecher nach Rübenau, denn wir möchten im Dorf unseren Proviant etwas aufstocken und sehr gerne etwas Kaltes trinken. Zunächst werden wir enttäuscht, denn Metzger und Bäcker haben geschlossen, einen Lebensmittelladen finden wir nicht. Dann sehen wir, etwas versteckt in zweiter Reihe, ein vielversprechendes Schild. „Getränkemarkt und Dinge des täglichen Bedarfs“ steht an der Hausfront. Wir wagen uns hinein und finden uns mitten in einem unordentlichen Getränke- und Kramladen wieder. Aber sehr nett, es gibt Cola, Bier, eine Tütensuppe, eine Dose Fisch und etwas Knäckebrot. Draußen stehen lange Tische und Bänke, offenbar ein beliebter Treffpunkt in Rübenau. Wir mischen uns unter’s Volk und amüsieren uns über das lebhafte Gequatsche der Dorfbewohner.

Nebel am Morgen, der sich nicht auflösen will. Es ist kühl. Da kommt ein steiler Anstieg genau richtig. Oben auf dem Gipfel steht ein zünftigen Wirtshaus, das kommt uns wie gerufen. In der Hirtsteinbaude gibt es zwar um 11.00 Uhr kein Frühstück mehr, aber dafür genehmigen wir uns ein verfrühtes Mittagessen. Der Nachmittag bringt uns immer stärker werdenden Regen, die neuen Ponchos kommen zum Einsatz. Bei Cerny Potok sind wir wieder sehr nahe an der Grenze und laufen für einen kleinen Einkauf beim Vietnamesen-Kiosk auf die andere Seite. Nach 30 Kilometern erreichen wir einen Picknick-Tisch, dessen weit überhängendes Dach uns guten Schutz bietet. Nicht erlaubt, aber egal, wir stellen das Zelt direkt neben den Bänken auf.

Der 5. Tag beginnt damit, dass ich eine fette Nacktschnecke in meinem Schuh finde. Igitt – diese schleimigen Dinger finde ich richtig eklig ! Unser Zelt ist überwiegend trocken geblieben. Frühstückspause und unseren Einkauf machen wir in Tschechien, dort sind die Preise günstiger. Am Nachmittag geht es stetig bergauf. Unser Ziel ist der Fichtelberg, mit 1215 Metern der höchste Berg Sachsens. Nichts Besonderes, außerdem sehr kalt oben, wir beeilen uns mit dem Abstieg. Kommen an mehreren Schutzhütten vorbei, die uns alle nicht gefallen, entweder in schlechtem Zustand, zu dunkel oder vollgemüllt. Schließlich landen wir wieder in Tschechien, wo direkt hinter der Grenze  überdachte Bänke stehen. Eigentlich wollen wir hier nur kochen, allerdings setzt während des Abendessens ein fieser Dauerregen ein. Schnelle Entscheidung – wir stellen unser Zelt für diese Nacht hier unter dem Schutzdach auf Tagesetappe 30 Kilometer reicht, insgesamt sind wir in 5 Tagen 140 Kilometer gelaufen.

Dauerregen die ganze Nacht hindurch, und es sieht nicht so aus, als wollte es irgendwann wieder aufhören. Wir entscheiden uns für einen off-day und buchen ein Zimmer im Kurort Oberwiesenthal, der höchstgelegenen Stadt Deutschlands. Dafür laufen wir 8 Kilometer zurück, denn voraus gibt es keine Unterkunft in angemessener Entfernung. In strömendem Regen eilen wir auf einem schönen Wanderweg durch Böhmen. Zwischendurch Einkehr in einem Café, um die Zeit bis zum Check Inn zu vertreiben. Um 13.00 Uhr können wir unser Zimmer im Hotel Schwarzes Ross beziehen und gehen nicht mehr vor die Tür. 

Sonntag verlassen wir um 11.00 Uhr das Hotel und marschieren gut erholt die 8 Kilometer zurück bis zum Kammweg. Zur Mittagszeit gibt es ein Treffen mit den Freunden aus Friedewald, die uns mit dem Motorrad hinterher gefahren sind. Ein gemeinsamer Rundgang durch den Ort Bozi haut uns nicht um. Dafür ist das Zusammensein in geselliger Runde umso schöner, und das Essen in einem tschechischen Familienbetrieb ausgesprochen gut. Es gibt noch eine mobile Knie-Physiotherapie für Thomas, danach verabschieden wir uns, weil wir noch etwas Strecke schaffen wollen. Ein außergewöhnlich schöner Platz lässt uns schon gegen 19.00 Uhr Feierabend machen. Nur 14 Kilometer weiter, aber die einmalige Lage an einem Teich mit Seerosen und Schilf sowie 3 Picknick-Tischen, ist einfach nicht zu toppen. Mit Wasserrauschen und Frosch-Konzert schlafen wir besser als im Hotel.

Ein Kommentar zu “Kammweg Erzgebirge-Vogtland 1. Woche ab 15.06.2020

  1. Steinfisch

    In Deutschland gibt es wunderschöne Landschaften. Wenn man nicht so neugierig auf fremde Länder wäre, müsste man Deutschland gar nicht verlassen. 😀
    Danke für den interessanten Wanderbericht!
    Gute Besserung für das Knie von Thomas!

    Liebe Grüße von Ingrid