Wir entschleunigen unser Leben – soweit man das überhaupt sagen kann bei dem Lebensstil, den wir führen. Fakt ist : Wir wollen immer zu viele Dinge auf einmal, deswegen haben wir oft zu wenig Zeit. Mag sich komisch anhören für Menschen, die regelmäßig zur Arbeit gehen und nur 6 Wochen Urlaub im Jahr haben. Aber die Termine, die wir uns selber vorgeben, erzeugen immer wieder Druck. Ja, den ganzen Stress machen wir uns selber. Guter Vorsatz : Das soll anders werden. Ich höre schon einen Teil unserer Freunde aufatmen : „Endlich haben sie es gemerkt.“ 😉 Wir haben die Fortsetzung des CDT, den letzten Bundesstaat Montana, auf nächstes Jahr verschoben. Der Trail läuft uns ja nicht weg. Aktuell verbringen wir mehr Zeit als geplant in La Coruña, wo es uns gut gefällt. Hier können wir in mildem Klima ganz in Ruhe unsere Reparaturen erledigen und weiter die ToDo-Liste abarbeiten.
La Coruña liegt auf einer Landzunge in der Region Galizien im Nordwesten Spaniens. Mit 255.000 Einwohnern erscheint uns die City riesig groß, verglichen mit den anderen Städten, die wir in letzter Zeit besucht haben. Wir sind auf dem Hinweg bereits einige Tage in La Coruña gewesen, allerdings haben wir beide überhaupt keine Erinnerungen mehr an den Aufenthalt damals. Zu sehr vermischen sich die Eindrücke der Orte, die wir auf unserem ersten Törn entlang der Küste besucht haben. Die Uhren werden eine Stunde vorgestellt. Ab jetzt befinden wir uns in derselben Zeitzone wie unsere Lieben daheim. Wir haben Tageslicht bis um 22.00 Uhr abends. Endlich wieder spanisch sprechen, das gefällt mir natürlich besonders, da ich mich mit der portugiesischen Sprache nicht so richtig anfreunden konnte. Einklarieren bei den Offiziellen müssen wir nicht. Von Portugal nach Spanien, von dort aus segeln wir nach Deutschland. Es lebe die EU ! 🙂 Das Wetter ist schön, sonnig, angenehme Temperaturen, nicht zu heiß und nicht zu kalt. Erstaunlich, wie unterschiedlich doch das Wärme-Empfinden der Menschen ist. Die Leute laufen in Winterjacke und Mütze herum oder liegen im Bikini am Strand. Bei uns weder das Eine noch das Andere.
Seit Tagen schon weht ein strammer Nord-Ost. Der Wind pfeift und heult im Rigg. Sogar in der geschützten Marina ist die See aufgewühlt. Wellen mit weißen Schaumkronen rollen in die Bucht. Das Boot schaukelt, obwohl wir am Steg festgemacht liegen. Kein Wetter für die Biscaya und auch nicht für den englischen Kanal. Wir sind froh, dass wir nicht mit dem Kopf durch die Wand bzw. trotz schlechter Wetter-Vorhersage auf See sind. In der Biscaya haben wir in 2011 nur eine Woche nach dem Start unseren ersten Sturm erlebt und ordentlich was auf die Mütze gekriegt.
Wir liegen in der Marina Seca, was eigentlich eine Werft ist. Im Yacht-Hafen vom Real Club Nautico wollen sie 35,- Euro pro Nacht kassieren, das können wir uns nicht leisten. Es sind 4 Kilometer Fußweg bis in die Stadt und zu den nächsten Einkaufs-Möglichkeiten. Kostenloses WLAN gibt es im Krankenhaus ein Stück den Hügel hinauf. Da läuft das Internet wie geschmiert, ohne dass man etwas verzehren muss. Saubere Toiletten haben die dort auch. Ein bisschen frech, aber sehr praktisch. 😉 Es gibt nämlich bei uns am Platz keinerlei Service-Einrichtungen, da die Marina Seca nicht auf Gast-Segler und Besucher eingerichtet ist. Während der Öffnungszeiten des Büros können wir die Toiletten und Duschen der Arbeiter benutzen. Während der Siesta, abends nach Feierabend und am Wochenende sind die Sanitäranlagen geschlossen.
Kleine Reparaturen sind an der Tagesordnung. Wir haben 6 – 7 Liter Wasser in der Bilge. Trockenlegen, mit Süßwasser spülen, danach werden diese unzugänglichen Stellen gleich mit Rost-Umwandler behandelt. Die Ruderwelle leckt, sie braucht Fett. Eine lose Schraube entdeckt Thomas dort auch noch. Der geflickte Auspuff-Schlauch hat offensichtlich dicht gehalten. Dafür ist der Wasserhahn in der Pantry abgängig. Er wird provisorisch wieder befestigt, denn die Küche soll ja sowieso komplett erneuert werden. Der kleine Schrank im Bad hat sich auf See verzogen, die Tür lässt sich nicht mehr ohne Gewalt öffnen. Toiletten-Reparatur die Dritte : schnell, gut und ohne Überschwemmung gelaufen. 😉 Eine der Solar-Paneelen, die auf dem Deckshaus befestigt sind, hat sich los geruckelt. Der Holzklotz ist aus der Halterung gebrochen und muss neu verschraubt werden. Thomas kriecht mal wieder in alle Ecken, um die Ersatzteile von Motor und Pumpen zu sichten. Aus 2 mach 1 – die Pumpe für Salzwasser an der Spüle funktioniert jetzt wieder, die aus dem Bad wird unwiderruflich stillgelegt. Das Schloss an der Toiletten-Tür ist auf See auseinander gefallen. Auch das wird erstmal gerichtet, allerdings wird es in der Zukunft neue Tür-Schlösser für Bad und Werkstatt geben. Dieselfilter, Ölfilter, Wasser-Abscheider kontrollieren und auswechseln ….. Thomas freut sich : „Wie einfach man da überall dran kommt.“ 🙂
Es gibt Ersatzteile an Bord, die wir einfach nicht zuordnen können. Ein Dieselfilter, der anscheinend nicht passt. Ein Reparatur-Kit für eine Pumpe, die nicht ( mehr ?) existiert. Und wohin gehört bitteschön die Anode für den Motor ? Ich bewundere meinen Mann für seine unendliche Geduld und Geschicklichkeit. <3 Ich selber habe hier zur Zeit eher eine Statisten-Rolle : Anwesend sein, Kaffee kochen, Handlanger-Dienste .... und noch einmal die große Deutschland-Fahne nähen. Die muss durchhalten bis zu Hause. Die alten Leinen sind ausgenudelt und störrisch zum Anfassen. Neue Fallen und Schoten sollen her und werden vermessen. Nachmittags am vierten Tag sitzen wir gerade beim Kaffee zusammen über dem SVB-Katalog, um an unserer Bestellung zu arbeiten, als es einen Rumms gibt und die Walkabout ordentlich wackelt. Hey ! Da fährt uns gerade Einer rein. Tatsächlich hat ein hereinkommendes Motorboot die Kurve zum Liegeplatz nicht gekriegt. Der heftige Wind hat es gegen unser Heck gedrückt. Da liegt man ganz entspannt festgemacht in der Box, und dann passiert so etwas. Thomas springt sofort nach draußen und hilft mit Abdrücken. Es ist kein Schaden entstanden. Wie gut, dass wir ein Stahlboot haben ! Und sehr gut, dass unsere Windsteuer-Anlage durch einen angeschweißten Stahlbügel rundum geschützt ist. Nicht schön, aber zweckmäßig. Abends klopft es am Rumpf. Da wir bei Dunkelheit eingelaufen sind, haben wir den erstbesten freien Steg genommen und uns am nächsten Tag das "okay" vom Chef geholt. Nun steht da ein Einheimischer, der diesen Platz für sich beansprucht. Wir müssen hier weg, verholen am nächsten Tag. Walkabout läuft rückwärts prima in der Spur, ganz wie es sein sollte. Gutes Boot ! 🙂 Neue Festmacher kommen ebenfalls mit auf die ( langfristige ) Wunschliste. Die Festmacher-Leinen knarren und knarzen 24 Stunden am Tag. Es nervt. Mehrere Fender haben wir uns bereits gekauft. Bisher gab es nur Autoreifen an Bord. Neidisch schaue ich auf die Groß-Schot unseres Nachbarn mit seiner schicken Plastik-Yacht. Die ist offensichtlich kinderleicht zu bedienen, über mehrere Rollen ganz elegant ins Cockpit umgelenkt. Unsere Groß-Schot ist auf dem Deckshaus platziert. Das bedeutet, bei mehr als nur ein bisschen Wind kann ich sie nicht lösen oder einklemmen. Da fehlt mir einfach die Kraft, weil der Winkel so ungünstig ist. Neue Leinen, Rollen und Blöcke wären prima. Herrje - vielleicht sollten wir mal im Lotto spielen ? 😉 Die nächste Baustelle : Thomas räumt Backskiste und Hundekoje leer. Er nimmt alles auseinander, um den Petroleum-Tank auszubauen, der sich aber hartnäckig widersetzt. Ein Riesen-Trümmer, vielleicht 100 Liter, und erschreckend schwer. Wie ist der bloß hier hinein gekommen ? Der Zollstock sagt, dass er nicht durch die Öffnung der Backskiste passt. Wahrscheinlich ist das Boot drum herum gebaut worden. 😉 Egal - der muss weg, auch wenn es viele Stunden dauert. Wir wollen kein Petroleum an Bord. An dieser Stelle soll ein Tagestank mit Sichtfenster für den Motor eingebaut werden. Es gibt nämlich keine Füllstands-Anzeige und auch sonst keine Möglichkeit, die Menge des verbrauchten Diesels zu überwachen. Auf Schätzungen möchten wir uns da lieber nicht verlassen. Letztendlich hat der Petroleum-Tank verloren. 🙂 Es gibt dadurch ein paar Lackschäden, die ausgebessert werden müssen, aber Farbe und Pinsel sind noch nicht zu weit weg.
Unser gewaltiger Wassertank ist nun auch wieder voll. Jetzt schwabbelt es nicht mehr so viel hin und her. Meine Güte – was sollen wir bloß mit 500 Litern Wasser ?
Eine Woche sind wir nun schon hier in La Coruña, und die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Der Wetterbericht sieht unverändert ( ungünstig ) aus. Bis einschließlich nächster Woche Mittwoch ist nur mit Wind von vorne zu rechnen. Direkt aus Nord in der Biscaya, und ab Brest, wo es um die Ecke in den englischen Kanal geht, weht es dann aus Nord-Ost bis Ost. Nein – da werden wir nicht gegenan bolzen. Heute haben wir ein AIS bestellt, Sender und Empfänger. Lieferzeit etwa eine Woche, wenn es so schnell geht wie nach Portugal. Danach folgt noch die Programmierung und der Einbau des neuen Gerätes. Wir nutzen diese Tage für Reparaturen, die wir eigentlich erst im Heimathafen angehen wollten. Es wird nicht langweilig. Aber trotz der vielen Arbeit …. uns geht’s gut. Diesen Sommer werden wir dann überwiegend auf Norderney verbringen, Familie und Freunde diesmal nicht nur im Schnell-Durchgang besuchen. 🙂