Wir segeln und wandern durch die Welt

Letzte Woche in den USA 09.10. – 13.10.2017

Montag, der 09.10., ist Columbus Day, Feiertag in Utah. In der Nacht hat es heftig geregnet. Der erste Regen seit genau zwei Wochen. Es war eine gute Wahl, dem schlechten Wetter mit dem Auto auszuweichen. Aber heute ist es auch hier deutlich kälter geworden. Am Morgen schauen wir uns zunächst das “ Hole in the Rock “ an. Nichts Besonderes, lohnt sich nicht. Der Arches National Park bietet Fels-Formationen, die in der Natur einmalig sind. Trotzdem haben wir genug von diesem Rummel und ziehen weiter.

Nur gut eine Autostunde von Moab entfernt nehmen wir den Abzweiger zum Fisher Towers Trail. Am Trailhead ist angenehm wenig los, nur 3 Autos parken hier, die einzige Toilette ist frei. 😉 Erstmal essen wir warm und gemütlich im Wagen – was für ein Luxus. Es ist windig und rattenkalt, als wir aussteigen. Beim Start brauchen wir Daunenjacke, Kapuze und Handschuhe. Aber schon bald sind wir auf Betriebs-Temperatur. Der Himmel klart auf. Der Fisher Towers Trail ist ausgesprochen gut präpariert. Leichtes Auf und Ab, zum Teil etwas ausgesetzt entlang der Kanten, aber nie schwierig oder gefährlich. An einer ungewöhnlich steilen Stelle ist sogar eine Leiter aus Metall in den Felsen montiert. Es sind nur 7,5 Kilometer über griffiges Gestein entlang imposanter Felswände bis zum Titan Tower. Dort verkündet ein Holz-Schild “ Trail End „. Von diesem Plateau aus haben wir einen sehr schönen Panorama-Blick. Nicht weit entfernt sehen wir Schnee an den Hängen der Berge. Unter uns im Tal sucht sich der grüne Colorado River seinen Weg durch eine enge Schlucht. Dieser Trail ist kein Rundweg, wir müssen genauso wieder zurück. Aber es ist alles Andere als langweilig. Die aus Sandstein bestehenden Felsen bilden eine Landschaft, die echt zum Hingucken einlädt. Klasse Trail ! Wie gut, dass wir diesen Umweg gemacht haben. 🙂 Nach drei Stunden Bewegung an der frischen Luft geht es uns richtig gut. Wir starten gegen 15.00 Uhr in Richtung Denver, was etwa 500 Kilometer entfernt liegt. Etwa eine Stunde später passieren wir erneut eine Staaten-Grenze und befinden uns wieder in Colorado. Vor uns liegen die Ausläufer der Rocky Mountains, an den Nord-Flanken bereits mit Neuschnee überzogen. Und dabei bleibt es nicht …. Je weiter wir der Interstate nach Osten folgen, umso bedenklicher erscheint uns die weiße Pracht, vor allen Dingen aber der ständige Temperatursturz. Um 19.00 Uhr zeigt das Außen-Thermometer unseres Wagens bereits Minus 5 Grad Celsius. Brrr – so hatten wir uns die letzten Tage in den USA nicht vorgestellt. 🙁 Faszinierend, was die Menschen der Natur hier abgetrotzt haben. Unsere schnelle Fahrt auf einer mehrspurigen Autobahn führt durch enge Schluchten direkt am Colorado River vorbei. Unsere Fahrspuren sind zwischen die hohen Berge in die Landschaft gestampft. Der Gegenverkehr findet über uns statt, mal ziemlich dicht, an anderen Stellen durch starke Betonpfeiler abgestützt in 10-20 Meter Höhe an der steilen Kante. Tunnel von erstaunlicher Länge sind in den Granit gesprengt, da wo der Verkehr nicht genug Raum in den engen Schluchten hat. So werden wir durch massive Felswände hindurch geleitet. Nach jeder Tunnel-Durchquerung wird es winterlicher. Voller Schnee-Pack auf den Bergen, Schnee auf den Wiesen und Dächern der Häuser. Uns wird es schon etwas mulmig bei dem Gedanken, noch spät im Dunkeln und bei eisiger Kälte das Zelt aufbauen zu müssen. Gegen 21.00 Uhr erreichen wir Denver, gerade noch rechtzeitig, um beim Chinesen eine warme Mahlzeit zu bekommen. So müssen wir wenigstens nicht mehr draußen kochen. Danach fahren wir 30 Kilometer quer durch die quirlige Stadt. Unser Ziel ist ein Campingplatz am Cherry Creek, auf dem wir die Nacht verbringen möchten. Der Eingang ist nicht mehr besetzt. Ein Schild verkündet “ Ausgebucht „. Dumm gelaufen. Wir fahren trotzdem hinein, lesen die Schilder zur Selbst-Registrierung und nehmen uns ein Tages-Ticket mit. Die Park-Benutzung soll 9,- Dollar kosten. Das wäre ja noch in Ordnung, wenn es hier nicht absolut tot wäre. Wir kurven noch eine Weile herum, bis wir in der letzten Ecke zwei Wohnmobile stehen sehen. Aha ! Das wird der Platz zum Campen sein. Thomas entdeckt eine Schautafel mit weiteren Informationen und Preisen. Die wollen tatsächlich zum Tagespreis für den Park nochmal 18,- Dollar kassieren. Und das nur dafür, dass wir in einer kalten dunklen Nacht für ein paar Stunden unser Zelt im Schnee aufstellen. Die Toiletten sind abgeschlossen, das Wasser ist abgestellt. Wohnmobile brauchen sowas nicht, die haben alle Einrichtungen in ihrer warmen Stube. Für uns sieht es so aus, als ob der Zeltplatz bereits im Winterschlaf ist. Wahrscheinlich kommt sowieso Niemand zum Kontrollieren, aber wir möchten das Risiko lieber nicht eingehen. Zahlen wollen wir aber auch nichts für diese “ Leistung „. Deswegen verlassen wir den ungastlichen Park wieder und fahren die 30 Kilometer zurück in die Stadt. Langsam wird es nervig. Es wird immer später, wir sind müde und haben keine Lust mehr zum Suchen. 🙁 Der Walmart fällt uns ein, dort stehen immer einige Camper auf dem riesigen Parkplatz. Nicht besonders attraktiv, aber wir möchten endlich Feierabend haben. Deswegen beschließen wir, diese kurze Nacht im Auto zu verbringen. Wir parken in einer abgelegenen Ecke, kippen die Vordersitze so weit wie möglich nach hinten und schlüpfen in die Schlafsäcke. Mit dem freien Internet vom Walmart, guter Musik vom Classic Rock-Kanal aus dem Radio und einem 6-er Pack Bier wird es dann noch richtig gemütlich in unserem Kleinwagen. 🙂

Wir haben erstaunlich gut im Sitzen geschlafen. Morgens früh wird dann zunächst ein Wohlfahrts-Laden gesucht, um dort einen Koffer kaufen, den wir anschließend verschenken werden. Wir haben inzwischen zu viel Zeug angesammelt, um das noch bequem mit zwei Rucksäcken transportieren zu können. Danach geht es zu REI, einem großen US-amerikanischen Ausrüster. Ich kaufe mir Sandalen, weil wir ja bald wieder in die Wärme fliegen. Sehr zu meiner Freude haben meine Füße inzwischen fast wieder normale Ausmaße angenommen. Mehrere Monate lang jeden Tag 8-10 Stunden Laufen hatten mir zwei Nummern größer beschert. 😉 Anschließend fahren wir erneut 30 Kilometer durch den Stadtverkehr bis zum Vorort Golden. Uns wird mal wieder sehr deutlich bewusst, wie gut wir es auf Norderney haben – kurze Wege, nie ein Auto gebraucht, maximal 10 Minuten bei Gegenwind zur Arbeit oder zum Einkaufen. Das ist Lebensqualität, die wir sehr zu schätzen wissen. Aber nicht jetzt – erst wenn wir genug vom Reisen haben. 😉 In Golden beim Postamt warten zwei Pakete auf uns : Thomas bekommt neue Schuhe von Keen gesponsert. Wir haben uns Blechschilder mit den Symbolen vom AT und CDT bestellt. Die sollen später mal unsere Hauswand zieren. Die sehr kurzfristige Lieferung hat geklappt. Wir sind total begeistert – die Symbole, denen wir so viele Monate gefolgt sind, sehen klasse aus. 🙂 Ein Schild vom Te Araroa gibt es hier leider nicht, und den PCT müssen wir erstmal noch laufen. Anschließend suchen wir die Geschäftsstelle der Continental Divide Trail Coalition. Auf unserer Mitgliedskarte steht die Adresse, aber wir finden das Büro nicht. Thomas fragt einen Postboten, der schickt uns zum American Mountaneering Museum. Wir sind trotzdem unsicher, weil das Gebäude nicht sehr einladend wirkt. Überhaupt kein Publikumsverkehr, alles wirkt steif und ziemlich edel. Trotzdem wagen wir uns bis in den zweiten Stock vor und fragen dort nach dem CDT-Büro. Ein freundlicher junger Mann nimmt uns unter seine Fittiche und führt uns durch ein Labyrinth von Gängen, durch einen Vorführ-Saal, hinter einem schwarzen Vorhang entlang zu einem abseits gelegenen Raum. Tatsächlich ist dieses Zimmer das Hauptquartier des CDT. Das hätten wir ohne Führer und GPS nie gefunden. 😉 Es arbeiten dort vier Leute, allesamt Hiker, die bereits den AT, PCT und/oder den CDT selber gelaufen sind. Sie freuen sich richtig über den Besuch und fragen uns ordentlich aus. Eine junge Frau kennt sogar unsere Trail-Namen, weil sie die online-Buchungen des Shuttles zur mexikanischen Grenze bearbeitet hat. Das ist nun immerhin schon ein halbes Jahr her, aber sie kann sich an “ Skipper “ und “ Walkabout “ aus Germany erinnern. Wir fühlen uns geehrt. 😉 Wir halten die gesamte Mannschaft im Büro ungefähr eine Stunde lang von der Arbeit ab. Jeder hat etwas zu erzählen, es gibt spannende Geschichten zu hören. Dann möchten sie noch ein Foto für das Hiker-Jahrbuch von uns machen. Und wir können hier ein Poster vom CDT kaufen, welches wir zu Hause neben den anderen Trails aufhängen möchten. Einige Aufkleber in verschiedenen Größen gibt es geschenkt. Eine total nette Gesellschaft, der Besuch hat uns richtig gute Laune gemacht. 🙂 Die Speicher-Kapazität unserer Handys ist fast erschöpft, weil wir in den drei Nationalparks Unmengen von Fotos geschossen haben. Wir brauchen unbedingt einen vernünftigen Computer und zwei Stunden Zeit, um alle Bilder und Videos auf Sticks zu speichern. Da bietet sich die Bücherei in Golden an, denn in jeder Großstadt gestalten sich solche Dinge immer sehr kompliziert. Klappt auch einwandfrei, die Handys haben wieder Platz für neue Fotos. 🙂 Das einzig Blöde ist : 18.00 Uhr kommen wir erst heraus, der Tag ist schon fast wieder zu Ende. Wir fahren nochmal zum Chinesen, weil das Essen gestern so lecker war. Mit umgerechnet 20,- Euro für zwei Personen sind wir dabei. Das Geld wird an anderer Stelle wieder eingespart – wir schlafen noch eine weitere Nacht auf dem Walmart-Parkplatz im Auto. 😉

Wir haben kein Motel mehr gehabt, seitdem wir den CDT vorzeitig beendet haben. Das letzte Mal in einem Bett geschlafen haben wir, als wir bei Shelley und Jim in Logan zu Besuch waren. Nach drei Wochen ununterbrochen im Zelt und zwei weiteren Spar-Nächten auf dem Supermarkt-Parkplatz gönnen wir uns ein Zimmer im Days Inn. Seit unserem letzten Aufenthalt ( Bed Bugs-Hotel 🙁 ) sind die Preise in Denver stark gefallen, anscheinend ist keine Saison mehr. Gut für uns. 🙂 Wir müssen unser Leben neu sortieren und die Abreise vorbereiten. Erst einmal ausgiebig duschen, dann Wäsche waschen und trocknen, Koffer packen, letzte Karten schreiben. Maik hat inzwischen erfolgreich an unseren Flügen gebastelt. Passt wunderbar – Freitag um 12.00 Uhr müssen wir den Leihwagen am Flughafen abgeben, um 16.00 Uhr geht es dann los. Genau zum Ende unserer USA-Zeit lösen sich bei mir die Fußnägel beider großen Zehen. Sie verabschieden sich ganz unspektakulär, denn die neuen Nägel sind bereits darunter gewachsen.

Am Mittwoch treffen wir uns in Denver mit Cindy und Gideon, bei denen zu Hause wir Mitte Juli eine Tüte mit überflüssigem Kram deponiert hatten. Trotz ihres vollen Termin-Kalenders verbringen wir ein paar schöne Stunden mit unseren Freunden und haben uns viel zu erzählen. Wir werden von ihnen zu einem außergewöhnlich guten Essen im Thai-Restaurant eingeladen. Wer braucht schon deutsches Essen ? Wir vermissen es nicht. 😉

Auf meiner Wunschliste steht schon seit Juli ein Besuch im Cheyenne Mountain Zoo, der in etwa zwei Stunden Fahrzeit Entfernung bei Colorado Springs liegt. Der “ Shrine of the Sun “ am östlichen Hang des Cheyenne Mountain leuchtet in der Sonne und weist uns den Weg. Das ist ein historisches Monument, eine Turmanlage aus Granit, die als Mausoleum dient. Im Eintrittsgeld für den Zoo ist eine Genehmigung zur Durchfahrt enthalten, aber darauf verzichten wir. Leider darf man nicht zu Fuß zum Shrine of the Sun aufsteigen, deswegen sehen wir den Turm nur aus der Ferne. Im Cheyenne Mountain Zoo leben mehr als 750 Tiere, 150 unterschiedliche Arten, darunter sind mehr als 30 als gefährdet eingestufte Arten. Er ist eher klein und übersichtlich, aber durch seine Lage direkt in den Bergen auf über 2000 Meter Höhe etwas ganz Besonderes. Die großzügigen Gehege sind, soweit es eben möglich ist, naturbelassen. So gibt es zum Beispiel alten Baumbestand, Sträucher, Unkraut, Bäche oder einen kleinen Wasserfall, der sich von den Hügeln ins Bären-Gehege ergießt. Ein sehr schöner Rundgang ermöglicht von erhöhten Aussichtspunkten immer wieder tolle Rundblicke in das Tal um Colorado Springs.

Der Cheyenne Mountain Zoo lädt zum Mitmachen ein. Über eine geschmackvoll angelegte Steg-Anlage führt der Weg auf eine Plattform, wo man mit der großen Giraffen-Herde auf Augenhöhe ist. Die eleganten Tiere sind den Publikumsverkehr gewöhnt und kommen zutraulich näher. An einem Schalter kann man Salatblätter kaufen und die Giraffen damit füttern. Zur Zeit stolzieren 16 dieser hübsch gemusterten Tiere durch die Afrika-Abteilung. Das ist schon für uns Erwachsene ein faszinierendes Erlebnis. Die Augen der Kinder leuchten, wenn ihnen die Giraffen mit ihren langen blauen Zungen die Salatblätter aus der Hand fressen. 🙂

In diesem Zoo sehen wir auch endlich einen Grizzly-Bären, nur einen Meter von uns entfernt, allerdings durch eine dicke Glasscheibe. Auch das Grizzly-Gelände liegt an einem steilen Hang und bietet wilde Natur mit vielen Versteck-Möglichkeiten. Wir steigen über eine hölzerne Wendeltreppe bis zu einer Terrasse, von wo die Zuschauer ungehinderte Einblicke in das Bären-Gehege bekommen. Ein ausgewachsener Grizzly hat es sich zur Abkühlung in einem Wasserloch gemütlich gemacht. Eine Weile beobachten wir den zotteligen Koloss bei seinem Bad. Dann hat er anscheinend genug, steigt aus dem Pool und trottet in den Schatten der Bäume. Ein Tierpfleger erzählt den Besuchern, dass Meister Petz sich normalerweise erst in der Dämmerung blicken lässt. Wir haben wahnsinniges Glück, dass wir diesen mächtigen Grizzly so aktiv erleben dürfen.

Durch ein doppeltes Tor gelangen wir in die Australien-Ebene und spazieren zwischen friedlich grasenden Wallaby-Kängurus. Sie sind gar nicht scheu, sondern hüpfen neben unserem Weg herum wie große Kaninchen. Das sind hautnahe Tier-Begegnungen, wie wir sie noch in keinem Zoo erlebt haben. Absolut empfehlenswert, wir kommen gerne noch einmal wieder. 🙂