Von der Insel Ovalau bis zur Insel Makogai benötigen wir nur einen halben Tag. Seit dem Start von der Vuda Marina waren wir ziemlich alleine auf dem Wasser – keine anderen Segler, kein Kreuzfahrer, noch nicht einmal den gelben Yasawa-Hopper haben wir gesehen. Anscheinend sind wir mal wieder abseits der herkömmlichen Routen unterwegs. Heute bekommen wir Gesellschaft, ein größeres Segelboot aus der Schweiz läuft gleichzeitig mit uns in die Dalice Bay ein. Der Eigner Ferez ist mit seinem türkischen Bootsmann Deniz an Bord der “ Alamic „. Er kommt auch sogleich vorbei, um sich vorzustellen und erzählt uns, dass er bereits seit 3 Jahren nur in Fidschi und Tonga unterwegs ist. Sein Boot wird immer sechs Monate in der Vuda Marina gelagert, damit er zur Hurricane-Saison heimfliegen kann. Seine Frau mag nicht segeln – wie gut haben wir es, dass wir alles gemeinsam erleben !
Die Insel Makogai hat eine Gesamtflaeche von nur 8,4 qkm und befindet sich in staatlichem Besitz. Es gibt kein Resort, wahrscheinlich ist es für Investoren nicht attraktiv genug dort. Kein schöner Sandstrand, kein Internet, zu weit entfernt von der Hauptinsel mit ihren Antennen. Das Wasser ist schön klar und von tiefblauer Farbe. Bei der Einfahrt in die Bucht konnten wir den Grund bei 30 Meter Wassertiefe sehen. An Land sieht es nach geschäftigem Treiben aus, hier wird wohl richtig gearbeitet. Rohre, Steine und anderes Baumaterial, Rasenmäher und sogar ein Bagger stehen herum. Als erste Pflicht steht der Besuch des Oberhauptes auf dem Programm.Wir kommen wohl gerade zur Mittagspause, etwa ein Dutzend Männer sitzen und liegen im Schatten. Thomas fragt nach dem Boss, der uns sogleich in ein festes Haus nebenan führt. Uns werden sogar Stühle hingestellt, drei weitere Männer sitzen beim Chef und wohnen der Sevusevu-Zeremonie bei. Wir überreichen unser Kava-Bündel, gesenkte Köpfe, gemurmelte Worte, drei mal in die Hände klatschen ….. unsere Sevusevu-Gabe wird akzeptiert. Wir bekommen die Erlaubnis, überall auf der Insel herumstreifen zu dürfen, das Dorf zu besuchen, zum Schwimmen und Schnorcheln. So einfach ist das. Was uns zu Beginn unser Fidschi-Zeit sehr komisch und unangenehm war, das gefällt uns nun immer besser. Wenn man die traditionellen Bräuche einhält und mitspielt, dann wird man auch an den weit abgelegenen Plätzen sehr freundlich empfangen und bekommt sozusagen eine Eintrittskarte in die Dorf-Gemeinschaft. Wenn der offizielle Teil erledigt ist, dann darf man natürlich auch Fragen stellen und erfährt so einiges Wissenswerte über die Geschichte und Struktur des Ortes. Im Dorf Makogai auf der anderen Seite der Insel leben zur Zeit 8 Familien mit insgesamt 40 Personen. Das ist ja schön übersichtlich. Nach unserer Kava-Prozedur erkunden wir zunächst ein vorgelagertes Inselchen, das eine Stunde vor Niedrigwasser gerade zu Fuß erreichbar ist. Wir finden eine superschöne Muschel, 25 Zentimeter lang und unversehrt liegt sie da am Strand. Kein Bewohner im Inneren, deswegen nehmen wir sie mit. Es handelt sich um eine Tritons Trumpet Shell, die nicht ausgeführt oder gehandelt werden darf. Mal sehen, was wir damit machen und ob wir diese Muschel im Reisegepäck nach Deutschland bekommen. Im seichten Wasser zwischen den Klippen schwimmt eine kleine Seeschlange irrsinnig schnell zwischen den Ritzen hindurch. Vorsichtig – die sind giftig ! In der Nähe der Arbeiter-Kolonne finden wir eine riesige Giant Shell, die sicherlich mehr als 50 Zentimeter Durchmesser hat. Das ist hier ganz normal, denn auf Makogai wurden diese Riesenmuscheln in speziellen Tanks gezüchtet, um sie später in der Natur auszusetzen. Im Moment gibt es leider keine Aufzuchtbecken, weil der Hurricane sie zerstört hat. Die fleißigen Männer haben bereits etliche neue Beton-Becken gebaut, darüber Strohdächer als Sonnenschutz. Zur Zeit arbeiten sie an der Be- und Entwässerung, indem sie Rohre zu den Tanks verlegen. Früher sollen hier auch kranke Schildkröten gepflegt und aufgepäppelt worden sein, bevor sie gesund wieder in die Natur entlassen wurden. Aber im Moment gibt es nichts Spannendes zu sehen, kein Wasser und keine Meerestiere in den Becken. Makogai ist seit jeher in staatlicher Hand gewesen und ein Ort mit Geschichte. In früheren Zeiten war hier eine Lepra-Kolonie angesiedelt. 5000 kranke Menschen lebten im Nordzipfel der Insel und ernährten sich von dem, was selber angebaut wurde. Die ehemaligen Plantagen sind verwildert, aber ein Weg führt zu den Ruinen der ehemaligen Lepra-Station. Das muss eine richtige Stadt gewesen sein mit großen Gebäuden aus massivem Stein. Die Grundmauern der Häuser sind noch gut erhalten, links und rechts des Weges stehen verfallene Gemeinschaftseinrichtungen und Sanitäranlagen. Ganz am Ende befindet sich der Friedhof mit Grabstätten aus Beton und Steinkreuzen in mehreren Reihen. Alles ist verwildert und zugewachsen, grüne Ranken verschlingen fast die Gräber. Auf manchen Tafeln sind die Inschriften noch gut lesbar. Die ganze Atmosphäre hat etwas sehr Bedrückendes. Für den ersten Tag reicht es uns an Geschichte, wir paddeln zurück zum Boot und kramen einige Sachen aus den Ecken, die wir morgen in der Schule abgeben möchten.
Das Dorf liegt eine gute Stunde Fußmarsch entfernt über die Hügel. Auf einem Gipfel gab es bis vor einem Jahr noch eine Walbeobachtungs-Station. Davon ist nun nichts mehr zu erkennen, die wurde wohl vom Sturm zerstört. In der Dalice Bay, wo wir vor Anker liegen, sollen erst vor einer Woche vier Buckelwale geschwommen sein. Das haben uns die Männer gestern beim Kava erzählt. Also, wenn wir lange genug bleiben, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir Wale aus nächster Nähe sehen. Bereits auf dem Weg zum Dorf fällt auf, dass der Hurricane im Februar auf dieser Insel besonders schlimm gewütet hat. Umgestürzte Bäume und Kleinholz überall, die Kokospalmen sehen total gerupft und verbogen aus. Der erste Blick auf die Häuser-Ansammlung zeigt, dass noch längst nicht alle Schäden beseitigt wurden. Mehrere Zelte stehen immer noch auf dem zentralen Dorfplatz, die als erste Hilfe für die obdachlosen Einwohner von Unicef und Rotary International gespendet wurden.
Die Schule wurde gerade wieder neu aufgebaut, sehr stabil und schön bunt bemalt. Das haben die freiwilligen Helfer von “ Sea Mercy “ geleistet, eine Initiative von Seglern aus aller Welt. Eine Dankes-Tafel listet die Namen, Bootsnamen und Nationalitäten der Ehrenamtlichen auf, die erst vor Kurzem nach Fertigstellung der Schule die Insel verlassen haben. Wir haben einige Artikel im Gepäck, Spenden von “ Sea Mercy „, die wir von Neuseeland mitgebracht haben. Stifte, Malkreiden, Schulhefte und Bücher für verschieden Altersstufen werden vom Haupt-Lehrer gerne angenommen. Und wir sind froh, dass wir das Zeug loswerden und etwas mehr Platz auf der Walkabout bekommen. Der Rest unserer Schulartikel soll für Yasawa-I-Rara sein. An der Makogai Elementary School werden zur Zeit 24 Kinder in vier Klassenräumen unterrichtet. Die beiden männlichen Lehrkräfte haben nur zwei bzw. vier Schüler ab 8 Jahre, die beiden Lehrerinnen jede neun kleinere Kinder zu betreuen. Die Jüngsten bauen sich sogar für uns mit ihrer Lehrerin für ein Foto auf. Wir verschenken unsere restlichen Lutscher ( die reichen natürlich für alle Kinder plus Lehrer ). Nach der Schul-Besichtigung laufen wir einen schmalen Weg zum Strand, wo wir endlich eine Stelle zum Baden finden. Kaum sind wir im Wasser, da schwimmt eine rot-braune Wasser-Schildkröte direkt auf uns zu. Zum Glück bemerkt die uns und dreht kurz vor uns ab. Der Rückweg über die Hügel ist zäh und schweißtreibend in der Mittagshitze. Danach zieht Thomas es vor, eine Weile im Schatten auf dem Boot zu verbringen. Ich habe noch Lust auf einen weiteren Ausflug und paddele mit dem Dinghi zur Nordspitze der Insel. Spaziergang bei Niedrigwasser am Strand entlang, Klettern über die Klippen, Muscheln suchen. Habe eine unheimliche Begegnung mit einer aggressiven Kokoskrabbe, die so groß ist wie mein Fuß und drohend eine ihrer Scheren gegen mich erhebt, während sie sich seitlich entfernt. Die soll man sehr gut essen können …. aber, nein danke. Ich bin froh, dass alle meine Zehen noch dran sind.
Auf dem Heimweg werde ich von Thomas abgefangen, der schon mit einem kalten Bier bei Ferez auf der Alamic sitzt. Ein interessanter Mensch, der sich nach 3 Jahren in Fidschi sehr gut auskennt. Er gibt uns wertvolle Tipps und setzt uns ein paar neue Ideen in den Kopf. Wir bleiben einige Stunden und müssen uns dann verabschieden. Morgen soll es weitergehen, aber wir haben verschiedene Richtungen geplant.
Die Mooring ist uns nicht geheuer, deswegen stellen wir den Ankeralarm auf sehr kleine Distanz ein. Werden in der Nacht mehrmals vom Alarm geweckt, obwohl eigentlich nichts los ist. Es ist fast windstill, deswegen haben irgendwann auch die Moskitos unser Boot gefunden. Sehr unruhige Nacht, schlechter Schlaf.