Wir segeln und wandern durch die Welt

Punta Alta-Puerto Madryn Argentinien 27.10.2012 bis 08.12.2012

Wieder in Argentinien 27.10.2012

So, ein Abschnitt unserer Reise ist unwiderruflich zu Ende und muss nun noch bearbeitet werden. Knapp 6 Monate in den USA, davon 5 Monate und 10 Tage auf dem Appalachian Trail, waren eine tolle Erfahrung. Nach einem kurzen Deutschland-Aufenthalt sind wir am 24.10. abends in Buenos Aires gelandet. Der 3. Besuch in der Hauptstadt Argentiniens bedeutete fuer uns eigentlich nur Stress, Laerm und Kopfschmerzen. So etwas sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir haben also nur versucht, den Jetlag zu ueberwinden – Reisen mit dem Boot oder zu Fuss ist viel schonender – und unsere Weiterfahrt organisiert. Richtig angekommen bin ich erst heute : Santa Rosa, meine Lieblings-Stadt, wo wir uns fuer einige Tage bei Nestor einquartiert haben. Naechste Woche werden wir zur Walkabout nach Punta Alta fahren und als Erstes versuchen, unser Boot fuer die notwendigen Arbeiten an Land aufzustellen.

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Unsere Zeit in Punta Alta 05.11 bis 03.12.2012

Die Walkabout ist nun bereit für die nächste Etappe. Die letzten Wochen waren wir fleißig und haben unser Zuhause wieder schick gemacht. Der Bewuchs am Unterwasserschiff war unglaublich, und Rost war auch mehr als genug zu entfernen. Die Liste war lang: Großsegel-Augpressung ausgerissen, Vorluk undicht, Kocher am Rußen, Wassertank reinigen, die Ankerwinde entfernen, Zündschloss vom Motor defekt, Diesel und ölfilter wechseln, Motor reinigen und schmieren, Positionsleuchte ersetzen. Unsere Sprayhood war so zerfleddert, dass sich eine Reparatur nicht gelohnt hätte. Und so haben wir uns nach reiflicher überlegung entschieden, eine  neue Sprayhood aus Stahlblech schweißen zu lassen. Es war nicht einfach, einen vernünftigen Schlosser zu finden, der nach unseren Vorstellungen und zu einem annehmbaren Preis arbeitet.  Aber wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Und wir nehmen die optische „Verschlechterung“ gerne in Kauf, erhöht sich die Sicherheit und der Schutz doch erheblich. Uns erwartet in den nächsten Wochen viel Wind und schlechtes Wetter in Patagonien.

Am 05.11 haben wir unsere Koje auf der Walkabout wieder bezogen. Endlich zu Hause. Die Zeit vom Ende des Trails bis zur Walkabout war lang. Und er war schwierig, dieser Wechsel, so von einem zum nächsten Tag nicht mehr im Wald. Die Fliegerei, der Klimawechsel, der Zeitunterschied und vor allem die fehlende Bewegung. In Deutschland haben wir uns nicht so richtig wohl gefühlt. Aber dass wir Zeit mit unseren Kindern verbringen konnten, war sehr schön. Der Trail hat uns schon ein wenig geprägt.  Wir haben die Walkabout ausgemistet und viele vermeintliche wichtige Dinge verschenkt. Und wir haben immer noch viel zu viele unnütze Sachen an Bord. Es ist nicht viel, was man wirklich braucht. Unbewusst beurteilen wir alles nach dem Gewicht. Und wir werden auf jeden Fall in einigen Jahren den Pacific Crest Trail laufen!

Natürlich waren wir sehr gespannt auf den Zustand der Walkabout. Es war kaum zu glauben, aber alles war viel besser als erhofft. Und das haben wir Mauro zu verdanken. Er hat in den fast 8 Monaten ständig gelüftet, den Motor laufen lassen, die Leinen kontrolliert. Fast täglich ist er zur Walkabout gerudert. Auch in den letzten Wochen war er uns eine sehr große Hilfe. Wenn er nicht an der Walkabout gearbeitet hat, war er für uns  unterwegs. Kran organisieren, Termine mit den möglichen Schlossern machen, oder er war für uns auf der Suche nach Antifouling, Sikaflex usw. Mauro und sein Bruder Julian werden uns die nächsten Monate begleiten. Es war schon im März darüber gesprochen worden, und nun ist es abgemacht. Eine völlig neue Situation für uns, da wir ja unsere Zweisamkeit sehr genießen. Aber wir haben uns vorgenommen, keine langen Etappen zu segeln, so etwa 3 oder 4 Tage maximal. Und Frauke hat sich ausgiebig mit den Seehandbüchern beschäftigt. Wir sind so gut wie noch nie vorbereitet.

Die Zeit in Punta Alta verging wie im Fluge, und wir haben uns hier schnell wieder heimisch gefühlt. Obwohl die Walkabout an Land stand, haben wir auf dem Boot gewohnt. Oft ist die Arbeit hintenan geblieben vor lauter Besuchen und Palavern. Wir haben uns eben ein wenig angepasst an den Rhythmus hier. Mate trinken ist auch wichtig. Fernando hat uns bei den Boy Scouts Naval vorgestellt. Eine beeindruckende Einrichtung, ähnlich den Pfadfindern, wo sich jeden Samstag sehr viele Kinder und Jugendliche zu den unterschiedlichsten Aktivitäten treffen. Wir waren in einer Klasse mit 16 bis 18-jährigen, saßen dort am Lehrerpult und mussten etliche Fragen beantworten. Eine unglaubliche Stimmung, großes Interesse, leuchtende Augen und viel Spaß. Am folgenden Samstag gab es nochmal eine Einladung, damit die Gruppe Frauke zum Geburtstag mit einem riesigen selbstgebackenen Kuchen überraschen konnte. Und wir hatten Besuch aus Catrilo: Nestors Verwandtschaft. Ein lebhafter Tag, alles war am Angeln, und so sind sie mit über 20 Fischen im Gepäck wieder nach Hause gefahren. Wir waren mehrmals bei Bekannten zum Essen eingeladen und hatten immer geschenkten Kuchen an Bord.

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Puerto Belgrano nach Puerto Madryn 03.12. bis 07.12.2012 – 381 Seemeilen

Am 03.12.12 um 9 Uhr haben wir abgelegt, mit dem Ziel Puerto Madryn.  Aber nicht mal so eben. Irgendwie ist uns der Abschied schwer gefallen, mehr als bei unserem Start auf Norderney. Und die vielen Leute, die zur Verabschiedung da waren haben es nicht leichter gemacht. Die meisten waren natürlich wegen Mauro und Julian hier, ein großer Schritt für die Beiden. Wir wurden mit guten Wünschen überschüttet, und es gab eine weitere Ladung Kuchen zum Mitnehmen für die Fahrt.

Mit achterlichem Wind und mitlaufender Strömung hatten wir einen herrlichen Start. Mauro und Julian haben wir in die Wachen miteinbezogen, so dass wir wie bisher 4 Stunden Wache gehen. Frauke und Mauro sind ein Team und Julian geht mit mir Wache. Eine erhebliche Erleichterung vom ersten Moment an. So ist es nun möglich,  auch während der Wache in die Koje zu gehen, da der andere aufpasst. Und auch die Manöver mit den Bäumen und Segeln gehen zu zweit viel einfacher. Der günstige Wind war nicht von langer Dauer, wir hatten die ganze Zeit hindurch wechselnde Winde und so ziemlich jede Richtung und auch Stärke von 0 Bft. bis 8 Bft. . Ich  bin nicht mehr der einzige, der unter Seekrankheit zu leiden hat. Mauro und Julian ging es nicht besser, aber jeder hat seinen Job gemacht. Wir haben Delfine gesehen und die ersten vereinzelten Pinguine. Die letzten 25 Seemeilen nach Puerto Madryn in den Golfo Nuevo waren anstrengend. Der Wind war direkt von vorne, und so sind wir stundenlang unter Motor gegen an. Ein fragwürdige Sache. Aber uns war es wichtig, die erste Etappe in Puerto Madryn zu beenden. Unter anderem, damit sich die Verwandten von den Jungs nicht zu viel Sorgen machen. Abdrehen hätte weitere 4 bis 6 Tage bis zum nächsten Hafen bedeutet. Bei strahlendem Sonnenschein, mit viel Wind und Salz verkrustet haben wir an einer Muring festgemacht. Leider war es zuerst nicht möglich, das Boot zu verlassen. Der Wind war einfach viel zu stark, um mit dem Dinghi dagegen zu rudern. Wir wurden dann später vom örtlichen Yachtclub mit dem Motorboot abgeholt. Warmer freundlicher Empfang im Club Nautico Atlantico Sur, auch hier möchte man uns kein Geld abnehmen. „Schön, dass Ihr hier seid. Kommt, ich zeige Euch, wo die Duschen sind.“  Wir kennen diese Gastfreundschaft ja schon, aber dadurch dass wir Argentinier mit an Bord haben, wird es noch ein bisschen herzlicher !

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Puerto Madryn 08.12. 

Gestern abend konnten wir noch auf einen besseren Liegeplatz verholen. Beim Anmelden in der Prefektura haben wir die Baskische Crew von einer anderen Yacht kennengelernt. Die Pakea Bizkaia ist 20 Meter lang und mit einer 7 köpfigen Crew auf dem Weg in die Antarktis.  An Bord ist auch eine Meeresbiologin, und es werden verschiedene Untersuchungen vorgenommen. Das Boot liegt an einer kommerziellen Pier, und wir konnten längs gehen. Sehr gut, denn der Wind blieb knackig. Hier im Ort leben Verwandte  von den Jungs, die uns eingeladen haben, und so wurde der Tag mit einem leckeren Essen im Restaurant beendet. Puerto Madryn ist eine schöne Stadt, dessen Haupteinnahmequelle der Tourismus ist. Unglaublich, aber es gibt hier richtiges Strandleben, obwohl das Wasser sehr kalt ist (so um die 15 Grad). Aber es ist kristallklar, und in der Bucht tummeln sich die Wale (je nach Jahreszeit). Seehunde und Seelöwen runden das Naturspektakel ab, drumherum die endlose Einöde Patagoniens. Am 09.12 haben wir eine 30 Kilometer lange Fahrradtour unternommen, um eine Kolonie Seelöwen zu sehen. Eine eindrückliche Tour mit viel Sonne und Wind. Ja der Wind, der wurde am dem Tag auch zum Problem. Natürlich haben wir den Winddreher bemerkt, dem aber nicht viel Bedeutung beigemessen. Ein wirklich dummer Fehler! Als wir dann am späten Nachmittag entspannt in Richtung Boot gingen, sahen wir schon von Weitem den Mast der Walkabout große Bögen machen. Der Wind hat innerhalb kurzer Zeit Wellen aufgebaut, die uns nun ins Heck schlugen. Unsere Achterleine ist gerissen wie ein Bindfaden. Das hatte leider zur Folge, dass unser Bugsprit die Pakea Bizkaia bearbeitet hat, einige dicke Kratzer . Also, das muss bearbeitet werden. Ebenso unser Bugsprit, die Schweißnaht an backbord ist teilweise aufgegangen. Aber erst mal war nur die Rede davon, so schnell wie möglich dort weg und zurück an die Muring zu verholen. So waren für den Abend alle weiteren Aktionen gestrichen. Denn wieder war der Wind zu stark, um mit dem Dinghi von Bord zu gehen. Die Wellen haben zudem für Rock n Roll gesorgt. Mir wurde innerhalb kurzer Zeit speiübel, den Jungens ging es auch nicht viel besser. Also Feierabend und früh ins Bett.

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In der Nacht wurde es zum Glueck ruhiger und der Wind ist zurueck in seine urspruengliche Richtung. Wir haben wieder zur Pakea Bizkaia verholt. Der Bugspriet ist zum Schweissen gebracht worden, und ich habe mich mit dem Logbuch beschaeftigt. Gegen 16 Uhr wieder derselbe Zauber, innerhalb von Minuten hat der Wind um 180 Grad gedreht und weht mit 5 bis 6 Bft. Nach 10 Minuten schlagen die Wellen wieder in die Plicht. Also wieder verholen. Diesmal nicht ganz so schlimm wie am Vortag, oder wir gewoehnen uns dran. Jedenfalls sind wir trotz der Wellen zum Strand gepaddelt. Wir wollten noch duschen und hatten keine Lust, bei dieser Schaukelei an Bord zu bleiben. Das Ganze ging auch sehr gut. Zweimal hin und zurueck, und wir waren alle trocken und wohlbehalten an Land. Die Rueckfahrt war fantastisch, Windstille und untergehende Sonne ueber dem Golfo Nuevo.

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Am Morgen das gewohnte Verholen. Diesmal war die Crew der Pakea Biskaia an Bord. Und alles in Ordnung, nicht so schlimm die Kratzer, kein Problem. Mann, was haben wir ein Glueck ! Da Sie kein Geld annehmen wollten, haben wir Ihnen einen dicken Kuchen geholt. Der Bugspriet ist wieder an seinem Platz, und wir sind bereit zum Auslaufen.  Jetzt fehlt noch ein guenstiger Wetterbericht, und es geht los. Fuer morgen sind allerdings den ganzen Tag 8 Bft. an Windstaerke vorhergesagt, in Boen auch mehr. Wir wollen erstmal nach Bahia Janssen und dann zur Caleta Horno, zwei einsame Ankerbuchten. Dann steht Puerto Deseado auf dem Plan. Im Moment ist es unser Ziel, so um Weihnachten auf der Isla de los Estados zu sein und Silvester dann in Ushuaia zu feiern.

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