Die Marina ist klein, aber fein. Saubere Sanitäranlagen, heiße Duschen, Müll-Container, Strom am Steg. Porte Plaisance ist relativ neu und lockt noch mit Einführungspreisen. Wir zahlen hier glatt 50,- Euro weniger die Woche als in Cherbourg. Angenehm für die Bordkasse. 🙂
Auf einem schmiedeeisernen Schild am Ortseingang steht „Petite Cité de Caractère“, was soviel bedeutet wie „Kleine Stadt mit Character“. Stimmt, wie wir später feststellen werden.
Ein Spaziergang entlang der Küste offenbart Wattgebiet mit schroffen Felsen dazwischen. Sieht umheimlich aus, wenn die Wellen über den Steinen brechen und die weiße Gischt hochspritzt. Ich kann kaum glauben, dass wir hier so einfach hineingefahren sind.
Gleich am ersten Tag entdecken wir die Chapelle Saint Barbe, eine kleine Kirche auf einer Klippe, die früher als Orientierungspunkt für Seefahrer gedient hat. Sie bietet eine schöne Aussicht über die Stadt und rund um die Bucht.
Der alte Fischerei-Hafen fällt bei Niedrigwasser komplett trocken. Tonnenweise Algen werden eingesammelt und per Trecker abgefahren. Roscoff ist eines der Zentren der Algenernte und -verarbeitung. Sie finden ihre Verwendung in der Herstellung von Feinkost oder für Kosmetika. Im Hafen hat man sich auf das Fischen von Barsch, Heilbutt und Seeteufel spezialisiert. Die Flotte aus 90 Booten bietet ihren Fang auf einer Fischauktion an. Die „Viviers de Roscoff“ mit ihren Meerwasser-Becken nahe bei der Kapelle Sainte-Barbe verkaufen Fisch, Krusten- und Schalentiere auch an Privatleute.
Roscoff ist eine französische Gemeinde in der Bretagne mit ca. 3500 Einwohnern. Ein hübscher Badeort, der auf der kleinen Halbinsel in der Bucht von Morlaix gelegen ist. Es gibt ein biologisches Forschungszentrum, Meeresinstitut mit Aquarium, einen Botanischen Garten, ein Casino und diverse Thalasso-Hotels. Mitten in der Altstadt steht die imposante Kirche Notre-Dame de Croas-Batz mit ihrem umfriedeten Kirchhof. Schicke Wohnhäuser mit reich verzierten Fassaden und Yachten der oberen Preisklasse in der Marina lassen auf einen gewissen Wohlstand schließen. Das kleine Städtchen ist bei Touristen sehr beliebt und soll die meiste Zeit des Jahres ziemlich überlaufen sein. Jetzt im Winter allerdings sind die Straßen leer, es ist total ruhig, ganz so wie wir es gerne haben. Überhaupt gefällt uns dieser „Zwangsurlaub“ gerade ganz gut. Europa kennenlernen, nach Frankreich wären wir sonst nie gekommen, wenn uns nicht das Wetter ausgebremst hätte. In Roscoff finden wir es genauso schön wie in Cherbourg. Das hätten wir sonst verpasst. Wir können es hier sehr gut aushalten und genießen es, neue Orte mit viel Zeit kennenzulernen. In der Altstadt befinden sich viele historische Bauwerke und farbenfrohe Läden. Die Boutiquen laden zum Stöbern und Kaufen ein. In dieser Region Frankreichs haben die meisten Geschäfte am Montag geschlossen. Lebensmittel gibt es in der Épiceri. Der einzige Tante-Emma-Laden in der Altstadt von Roscoff bietet nur das Nötigste an, und das zu Apotheken-Preisen. Ein 6 Kilometer langer Fahrradweg, der auch gut zum Wandern geeignet ist, führt nach Süden in den kleinen Ort Saint-Pol-de-Léon. Hier gibt es tatsächlich Netto und Lidl. Nicht dass wir unbedingt deutsche Lebensmittel brauchen würden …. aber Einkaufen zu normalen Preisen ist schon angenehm.
Mittwoch ist Markt auf dem Parkplatz am alten Hafen. Ein wichtiges landwirtschaftliches Produkt der Region sind Zwiebeln. Sie werden traditionell zu Zöpfen geflochten. Die rosa Roscoff-Zwiebel ist wegen ihres leckeren Geschmacks, des Vitamin C-Gehalts, ihrer Milde und Haltbarkeit sehr beliebt.
Ein durchweg trockener Tag verlockt zu einem langen Marsch Richtung Norden um die Bucht herum, vorbei am alten Hafen und am Anleger der kleinen Ausflugsboote, die täglich mehrmals zur vorgelagerten île de Batz übersetzen. Es folgen zwei Tage Dauerregen. Aber dann …. Blauer Himmel, zaghaft scheint die Sonne hinter den Wolken hervor, es hält uns nicht länger auf dem Boot. Ein schöner Spaziergang führt zunächst am Strand entlang, dann an Feldern und Wiesen vorbei, bis wir wieder in Saint-Pol-de-Léon landen. Hier erwischt uns ein heftiger Regenguss, schon nach ein paar Minuten sind wir floddernass. Wir flüchten in die Cathérale St. Paul Aurélien. Kalt, dunkel, es tropft durch’s Dach und riecht muffig. Trotzdem haben Kirchen mit offenen Toren ihren ganz besonderen Reiz. In die leeren Bankreihen setzen und einen Moment der Stille genießen tut gut. Besonders beeindruckend ist ein Kirchenfenster aus dem Jahr 1560. Zurück nach Roscoff geht es per Bus, denn der Regen hält sich hartnäckig.
Handy verloren. Blöd, wenn der Tag so anfängt. 🙁 Nach drei Stunden ist es wieder da. Ein netter Segler hat es im Duschraum gefunden und an der Rezeption der Marina abgegeben. Danke. 🙂
Samstag nochmal ein langer Marsch über die Dörfer. Wir treffen nur einen Spaziergänger mit Hund – sonst nichts. Sowas gibt es auf Norderney zu keiner Jahreszeit. Durchweg trocken geblieben und sogar etwas Sonne gesehen. Ein schwarz-gelber Feuersalamander liegt auf der Straße, ca. 20 Zentimeter lang, leider platt. Auf den Feldern wachsen Blumenkohl und Zwiebeln.Auf unserer Wanderung kommen wir sogar an einem Acker mit Artischocken vorbei.
Ich habe viel Spaß beim Skulpturen-Suchspiel. Insgesamt 18 aus Stahl gefertigte Skulpturen des Künstlers Richard Brouard, allesamt mit Fisch-Motiven und netter Geschichte dazu, sind über den Ort verteilt. Der gesamte Parcours hat eine Länge von 6 Kilometern, wenn man alle Werke sofort findet und keine Umwege läuft. Das ist Kunst, die uns gefällt : farbenfroh und modern. Wir haben diese Aufgabe gut gelöst : Alle gefunden. 🙂
Unser Dieselofen muckt herum, seit wir ihn einmal eine Stufe höher gestellt haben. Immer wieder geht die Flamme aus, es rußt und stinkt. Tagelang probieren wir es mit Auseinandernehmen, Reinigen, viel oder weniger Dieselzufuhr. Nervige Sache. 🙁 Ein Telefonat mit Toplicht, Thomas baut den Ölregler mehrfach aus und wieder ein. Da hat sich anscheinend etwas verklemmt. Sehr mühsam, die richtige Einstellung am Rädchen zu finden und zu fixieren. Das Ding ist neu, theoretisch könnten wir es sogar noch umtauschen. Wir haben zwar einen weiteren Ölregler als Ersatz an Bord, aber das kann ja nicht die Lösung des Problems sein. Nur nicht aufgeben.
Auch das Funkgerät muss noch einmal ausgebaut werden. Eine Sicherung ist offensichtlich beschädigt und wird ausgewechselt. Damit ist der Fehler wahrscheinlich behoben, es war kein Wackelkontakt, sondern die defekte Sicherung. Hoffen wir das Beste.
Unsere Großschot-Führung wurde auf Norderney komplett verändert. Es gab dort neue Leinen, Rollen, Blöcke. Das Handling ist jetzt besser als vorher, aber immer noch nicht optimal. Die Leinen laufen nicht schön, verdrehen sich auf der Rolle und klemmen. Also wird noch einmal ausgefädelt, die Kinken entfernt, die Blöcke um 90° gedreht und wieder eingeschoren. Jeder Törn bringt neue Erfahrungen, wir arbeiten dran.
Zwei Holzleisten am Bücherbord und am Schrank über der Pantry sorgen dafür, dass auch hier in Zukunft nichts mehr verrutscht. Ein Messerblock wird passend gemacht zur sicheren Aufbewahrung für unsere Lieblingsmesser, damit man die scharfen Dinger nicht mehr extra einwickeln muss.
Thomas richtet ein netbook neu ein, löscht alle überflüssigen Dateien und macht ein update vom Airmail-Programm. Dieses soll dann wirklich nur noch zum Funken und Navigieren benutzt werden, nicht mehr mit an Land genommen und nicht mit Fotos, Videos etc. verstopft werden. Wenn wir uns konsequent daran halten, dann müsste so ein Ding doch eigentlich mal ohne Störungen laufen.
Ein weiterer Zeitvertreib bei Regen und Sturm ist das Sortieren und Sichern unserer Fotos, angefangen beim Start der großen Reise im Jahr 2011. Da kommt man ja sonst nie zu.
Bei Schietwetter ( wovon wir mehr als genug haben ) machen wir es uns so richtig gemütlich im Salon. Uromas Teegeschirr kommt zu neuen Ehren. Das war bestimmt noch nie in Frankreich. 😉 Den guten Thiele-Tee und Kluntje haben wir genug von zu Hause mitgenommen. Dazu gibt es gedeckten Apfelkuchen, der prima gelingt. Backofen funktioniert also tadellos. Schon einige Tage vor dem Fest werden auf der Walkabout Entenkeulen mit Klößen und Rotkohl serviert. 🙂
Der Wassertank ist wieder voll. 500 Liter insgesamt, für uns eine unvorstellbar große Menge. Tanken verläuft diesmal ohne Ärgern und Schweinerei am Steg gegenüber. Verbrauch 1,5 Liter Diesel pro Motorstunde, da kann man nicht meckern. Wir werden wohl eher in einer Schwachwind-Phase starten und möchten den Motor dann auch benutzen können. Großeinkauf für etwa 3 Wochen. Falls wir bis zu den Kanaren durchsegeln, dann soll die kleine Insel La Graciosa unsere erste Anlaufstelle sein. Von unserem ersten Aufenthalt im Herbst 2011 wissen wir, dass man dort nur wenig und teuer einkaufen kann. Also haben wir ein bisschen vorgesorgt. Es gibt sogar noch einen Möhrenkuchen als Wegzehrung für die ersten Tage unterwegs. 🙂
Weihnachten werden wir vermutlich auf See verbringen. Es liegen zunächst ca. 400 Seemeilen durch die Biskaya vor uns. Wenn es gut läuft und die Winde mit uns sind, dann gerne weiter bis zu den Kanarischen Inseln. Kann also 14 Tage dauern, bis wir wieder bei WhatsApp, Facebook und Co. aktiv sind.
Liebe Frauke, lieber Thomas,
vielen Dank für interessante Berichte und schöne Fotos!
Alles Gute! Sturmfreie Weihnachtsfeiertage auf See wünscht Euch Ingrid