Wir segeln und wandern durch die Welt

Walkabout segelt wieder

Ein Jahr und acht Monate lag unser Boot fest verankert im Hafen von La Restinga. Wahnsinn – wie schnell die Zeit vergeht …. und wie unvorhergesehene Ereignisse wie Covid19 die Pläne durchkreuzen können ! Was haben wir in all dieser Zeit gemacht ? Gestartet sind wir im April 2019 mit einem Flug in die USA. Dort sind wir den Continental Divide Trail und den Appalachian Trail  ( Frauke zum 2. Mal ) zu Ende gelaufen. Darauf folgte Heimaturlaub auf Norderney, dann zwei Wochen Schweiz mit Stellensuche, eine weitere Woche zusammen auf dem Boot. Thomas hat den Winter über in Saas Fee gearbeitet, ich habe meine Zeit abwechselnd auf den Kanaren, Norderney oder der Schweiz verbracht. Wegen Covid19 und Lockdown konnten wir im Frühjahr einige Monate auf Norderney ( ohne Touristen ) genießen. Während dieser Zeit entstand die Idee, dass wir durch Deutschland wandern möchten. Gesagt, getan. Von Dresden bis nach Passau sind wir mit Rucksack und Zelt gelaufen. Kammweg und Goldsteig komplett, dazu die Verbindungsstrecke zwischen den beiden Wanderwegen. Das war unser Sommer 2020, in dem wir ohne Mund-Nasen-Bedeckung alleine zu Zweit im Wald unterwegs waren. Danach schon wieder Zeit übrig und keine Chance, Reisepläne für die Zukunft zu schmieden. Thomas fährt noch einmal in die Schweiz und arbeitet weitere 3 Monate als Koch. Zwischendurch gibt es für uns zwei wichtige Termine Ende September und Mitte Oktober. Die Hochzeitsfeiern unserer Kinder, welche im April und Mai dieses Jahres leider nicht stattfinden durften, sind im zweiten Anlauf zum Glück gut über die Bühne gegangen. Es gab zwar einige Einschränkungen, aber beide Feste waren wunderschön. 🙂
Am 31. Oktober kommt endlich Thomas aus der Schweiz nach El Hierro und sieht seit über einem Jahr die Walkabout wieder. Erst jetzt kann der Käpt’n den Schaden begutachten, den ein anderer Segler verursacht hat, indem er während unserer Abwesenheit sein größeres Boot unsachgemäß an unserer Steuerbord-Seite festgemacht hat. Die Reling ist verbogen, zwei Relingstützen sind unten durchgebrochen, eine Relingstütze fehlt ganz. Leider ist diese komplett weg, mitsamt der Ankergurt-Rolle, die daran befestigt war. Nicht schön, aber es ist eine Lösung in Sicht. Dafür müssen wir zurück nach Teneriffa, denn dort gibt es einen fähigen Schweißer.
Nun versuchen wir, der Walkabout wieder neues Leben einzuhauchen. Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit springt nach so langer Standzeit der Motor nicht an. Anscheinend ist die Starter-Batterie kaputt. Daneben gibt es noch zwei Verbraucher-Batterien, die zusammengeschaltet auch ihren Dienst erfüllen. Thomas bastelt eine Weile, dann ist das Problem gelöst.
Unser Taucher Jeff entknotet und löst die Ankerverbindungen unter den Felsen. Seine Konstruktion hat bombenfest gehalten. Außerdem hat Jeff immer mal wieder, besonders nach Sturmtagen, die Anker unter Wasser kontrolliert. Wahrscheinlich hätten wir hier noch ewig liegen können, ohne dass sich das Schiff vom Fleck bewegt. Trotzdem ist es ein gutes Gefühl, endlich wieder „frei“ zu sein.

Einige Tage verbringen wir am Steg mit der Reinigung von Ankergeschirr, Kette, Leinen und Deck. Die Segel müssen neu angeschlagen werden,  Fallen und Schoten an der richtigen Stelle platziert, das Dingi gewaschen und versorgt werden. Keine Langeweile, aber alles ohne Stress. Zum festen Tagesprogramm am Nachmittag gehört eine Runde Schwimmen, gefolgt von der Tee-Zeremonie mit Uromas Teegeschirr. 🙂
Einen Tag vor unserer geplanten Abreise stellen wir fest, dass die Windsteuer-Anlage nicht in Ordnung ist. Stundenlange Versuche, zusammen mit dem Bootsnachbarn Gregory das Ding aus dem Wasser heraus zu reparieren, schlagen fehl. Letzten Endes muss die Anlage abmontiert und komplett auseinander genommen werden. Irgendetwas sitzt fest, das kriegen auch zwei starke Männer nicht so einfach gelockert. Okay, dann muss es ohne die Aries gehen. Wir werden den kurzen Törn draußen an der Pinne sitzen und von Hand steuern.
Vor dem Ablegen soll der Motor etwas warmlaufen. Neues Problemchen : Die Lichtmaschine lädt nicht. So können wir nicht fahren, weil wir dann spätestens in der Nacht nicht mehr genug Strom haben. Einen Ausfall der Beleuchtung oder des Plotters wollen wir nicht riskieren. Thomas bastelt erneut an der Batteriebank und schaltet alle Batterien zusammen. Damit kommen wir auf jeden Fall gut bis nach Santa Cruz auf Teneriffa, wo wir bereits neue Batterien bestellt haben.
Start Freitag, der 13. – wie gut, dass wir nicht abergläubisch sind. 😉 Mittags um 13.00 Uhr verlassen wir den Hafen von La Restinga. Draußen werden wir gleich von kabbeliger See empfangen, obwohl gar nicht viel Wind herrscht. Das Setzen der Segel klappt super, alles ist gut vorbereitet. Leider hält der Wind nicht das, was uns drei Wetter-Modelle angekündigt haben. Er kommt zunächst aus Nord-Ost, genau da möchten wir hin. Mit vollem Groß und Genua segeln wir gegenan. Kurs 70 ° lässt sich über einen längeren Zeitraum nur mit Motor-Unterstützung halten, sonst schrammen wir zu nahe an La Gomera vorbei.
Der neu eingebaute Tagestank kommt zum Einsatz, Füllmenge 40 Liter Diesel. Die Seekrankheit hält sich in Grenzen. Unten im Salon hält es Niemand lange aus, da geht nur Hinlegen und Schlafen. Aber draußen am Steuer ist es okay. Zum Glück haben wir für diese Passage wenig Wind, und auch das Wellenbild wird nach einigen Stunden gleichmäßiger.
Der Himmel bleibt den ganzen Tag bedeckt, Sonnencreme können wir uns sparen. Nach 22.00 Uhr klart es endlich auf, und ein funkelnder Sternenhimmel breitet sich um uns herum aus. Aber irgendetwas ist anders – das Kreuz des Südens passt nicht richtig ins Bild. Wir segeln nicht wie gewohnt nach Süden oder Westen, sondern nach oben bzw. zurück. Das ist ungefähr so, wie wenn man auf einem Trail in die falsche Richtung läuft.
Gegen Mitternacht passieren wir die Südspitze von Gomera. Auf dem Kartenplotter ist noch immer unser Ankerplatz vom 04.10.2011 im Valle Gran Rey eingezeichnet. Damals hatten wir eine unruhige Zeit. Mehrmals in den Nächten Ankeralarm wegen der böigen Fallwinde, die von den Bergen hinunter an den Strand blasen, außerdem wenig Erfahrung. Ob wir das heute wohl noch genauso empfinden würden ? Die stürmischen Ankerbuchten in Patagonien sowie die Umrundung von Kap Horn, die Pazifik-Überquerung, 54 Tage als längste Segelpassage ….. Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und das Vertrauen ins Schiff wachsen mit den zurückgelegten Seemeilen und Erfahrungen. Mit der kleinen blauen Walkabout haben wir uns überall hin getraut, das war so ähnlich wie Fahrradfahren. Auf die schwarze Walkabout habe ich mich noch nicht so perfekt eingestellt, denn damit haben wir bisher verhältnismäßig wenig Strecke ( 4800 Seemeilen ) zurückgelegt.
Kurz vor der Einfahrt in den Hafen sichten wir Delfine auf unserer Backbord-Seite. Immer ein schönes Erlebnis, wir nehmen es als freundliche Begrüßung. Um 11.00 Uhr morgens machen wir am Steg der Marina Amarilla ( San Miguel de Abona ) fest.

Nun haben wir uns endlich wieder bewegt. Der Probetörn nach Teneriffa ist gut gelaufen und soll der Anfang von einer neuen Segel-Etappe sein. Herzlichen Dank an Henning – genannt Kompetenzzentrum Hamburg – der es sich nicht nehmen ließ, unseren Törn zu verfolgen und aufzuzeichnen. Danke natürlich auch an Hermann von der Pacifico, durch den dieser freundschaftliche Kontakt erst entstanden ist. Liebe Grüße an euch Beide ! 🙂

Sonntag ist frei. Wir möchten den Tag gemeinsam genießen und laufen nach El Medano. Was früher nur ein uriges Fischerdorf war, das hat sich in den letzten Jahren zu einem etwas schick gemachten Touristenort entwickelt. Unsere Wanderung entlang der Küste – 10 Kilometer hin und 10 Kilometer zurück – ist wenig beeindruckend. Die Bewegung tut gut, aber muss man nicht wiederholen. Originalton Thomas : „Diese Gegend ist an Scheußlichkeit kaum zu überbieten“ . Da nützen auch die fein gepflegten Rasenflächen des angrenzenden Golfplatzes nichts.  Aber wir sind natürlich etwas verwöhnt. 😉

3 Kommentare zu “Walkabout segelt wieder

  1. Hilde

    Liebe Frauke, danke für den Überblick. Ist es wirklich schon so lange her, dass ihr das Boot festgemacht hattet? Wirklich unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen ist. Und schön, dass ihr jetzt wieder an Bord seid. Euren ersten Trip habt ihr nun auch schon gemacht und Henning konnte nach langer Zeit mal wieder ein Boot „begleiten“, nachdem Pacifico und Amiga ja nun auch schon quasi ein Jahr und vier Monate Corona-bedingt in den Solomon Islands festhängen. Da kommt er wenigstens nicht ganz und gar aus der Übung . Gutes Gelingen für die Reparaturen.
    Herzliche Grüße aus Gizo, Salomonen
    Hilde

  2. Steinfisch

    Liebe Frauke, lieber Thomas,
    schön, wieder von Euch zu lesen! Danke für die Zusammenfassung.
    Wie gestaltet Ihr Eure nächsten Ziele in dieser Corona-Zeit?

    Bleibt gesund und herzliche Grüße von Ingrid

    1. 871385 Autor des Beitrags

      Liebe Ingrid,
      wir haben keine konkreten Pläne. Erst einmal gesund bleiben und Corona aussitzen. Wir hatten darüber geredet, in diesem Winter die Küste Westafrikas zu besuchen, denn einige Länder haben ihre Grenzen offen bzw. dürfen nach der Quarantäne auf See besucht werden. Aber wenn wir an die armen Menschen dort denken, dann möchten wir denen lieber doch nicht vorführen, wie „reich“ wir sind.
      Im Moment gibt es wieder viel Arbeit am Boot. Gerne würden wir dann im März oder April den Atlantik überqueren und ( wie eigentlich schon 2018 geplant ) an die Ostküste der USA segeln.
      Pass gut auf dich auf, bleib gesund !

      Liebe Grüße von der Walkabout