27.06.2012 Trail Magic : Ein grosser Kanister mit Wasser an einem Zaun, dazu Orangen-Getraenkepulver und ein Brief an alle AT-Hiker mit Tipps zum Essen, Uebernachten, Verpflegungseinkauf in der naechsten Stadt. Falls der Wasserkanister leer ist, soll man sich das Wasser am nahegelegenen Wohnhaus holen. Und dazu ein offenstehendes Tor zu einer gruenen Weide. Im Brief wird dazu eingeladen, diese private Wiese zum Zelten zu benutzen. Ausserdem der Hinweis “ Dogs are friendly.“ Unglaublich ! Dieses Angebot und das Wasser haetten wir gestern sehr gut gebrauchen koennen, als wir ewig lange fuer einen Bach und einen nicht so tollen Zeltplatz laufen mussten. Nur ein kleines Stueck weiter finden wir das naechste freundliche Hilfsangebot. An einem Baum haengt ein Zettel mit einer Telefonnummer, wo man anrufen soll, wenn man in die Stadt gefahren werden moechte. Auch das ist immer eine grosse Hilfe, aber wir brauchen heute keinen neuen Proviant.
28.06.2012 Habe eine neue Blase am rechten Fuss, die ich mir aufsteche und verpflastere ( haelt nur leider nicht). Heute liegt der sog. „Roller Coaster“ vor uns, aber wir ahnen noch nicht, was uns dabei erwartet. Ein Schild am Beginn des ersten Berges warnt uns vor einer 13,5 Meilen langen Strecke von Auf- und Abstiegen. Tatsaechlich haben wir am Nachmittag 10 Berge auf 10 Meilen zu bewaeltigen, immer ganz nach oben auf den Top und dann wieder tief hinunter bis ins Tal. Dazu Bonebreaker-Steine, eine moerderische Hitze und Milliarden von Insekten, die einem dauernd vor dem Gesicht und in die Augen fliegen. Obwohl wir eigentlich 20 Meilen laufen wollten, aendern wir unseren Plan und biegen zum Bears Den Hostel ab, wo wir unser Zelt fuer 10 US$ pro Person im Garten aufstellen. Der letzte Aufstieg hat uns voellig geschafft, wir sind mal wieder total fertig und genervt. Wir lassen diesen anstrengenden Tag ruhig ausklingen, immerhin haben wir noch 17 Meilen geschafft.
29.06.2012 Wir stehen schon um 6.00 Uhr auf mit dem Ziel Harpers-Ferry in 20 Meilen. Bei unserer Pause am Aussichtspunkt Raven Rocks sehen wir endlich unsere erste Black Rat Snake. Sie ist ueber einen Meter lang, etwas weniger schwarz am Bauch als unsere bisherigen Black Racer. Dieses Tier ist in der Morgensonne super aktiv, windet sich auf den hellen Felsen entlang, nimmt Kurs auf uns beide, schlaengelt sich dann in Richtung unserer Rucksaecke. Sehr schoen zu beobachten und sehr fotogen, weil diese Schlange immer ueber die offenen Flaechen kriecht und sich nicht versteckt. Nach einigen weiteren Meilen brauchen wir dringend Wasser und nehmen dafuer den Abzweiger zum Blackburn-AT-Center. Wir schwitzen und fluchen, denn der Weg dorthin geht sehr steil nach unten, ausserdem kommt uns die Entfernung viel laenger vor als in unserem Buch angegeben ist. Und das alles nur fuer ein wenig Wasser ! Immerhin werden wir unten auf der Veranda freundlich empfangen, fuellen unsere Wasserflaschen auf und koennen sogar eine kalte Dose Limo trinken. Am Nachmittag stellen wir fest, dass man in der Gegend um Harpers-Ferry gar nicht umsonst campen kann, auch die Hotels dort sind unverschaemt teuer. Also aendern wir mal wieder unseren Plan und bleiben schliesslich 3,5 Meilen davor auf dem letzten erlaubten Zeltplatz.
29.06.2012 Im ATC-Buero in Harpers Ferry tragen wir uns als Thru-Hiker mit den Nummern 111 und 112 ins Register ein. Nur zur Erinnerung : gestartet waren wir mit den Nummern 869 und 870 . Einige haben uns natuerlich ueberholt, aber viele haben den Trail auch schon verlassen. Wir warten mehr als 2 Stunden auf den Zug nach Washington D.C., wo wir uns zur Belohnung 3 Off-Days im Radisson- Hotel goennen.
29.06. – 02.07.2012 An unserem ersten Abend im Hotel fegt ein heftiger Gewittersturm mit Tornadostaerke durch die Region Washington, der mehr als 30 Todesopfer fordert. Es ist schwuel, zwischen 40 und 45 Grad, dazu gnadenloser Sonnenschein. Da kommt eine Sightseeing-Tour auf der oberen Ebene eines Doppeldecker-Busses ganz gelegen. Ausserdem besichtigen wir das Air und Space-Museum sowie das National Museum of Nature and History. Beide sind unbedingt einen Besuch wert, dazu ist noch der Eintritt frei. Der Botanische Garten hatte leider schon geschlossen, weswegen wir nur ein kleines Stueck durch die Aussenanlagen spazieren konnten. Einkauf fuer die naechsten 50 Meilen steht noch auf dem Programm, und der Weg fuehrt mal wieder zum Outfitter, weil ich unbedingt neue Schuhe brauche.