Wir segeln und wandern durch die Welt

La Gomera 06. – 14.12.2020

Etwas Abwechslung muss sein. La Gomera war schon vor 15 Jahren ein beliebtes Ziel für unseren alljährlichen Zelturlaub. Jetzt liegt diese grüne Insel quasi auf dem Weg. Wir möchten uns einen Eindruck davon machen, wie sie sich verändert hat. Ob es uns immer noch so gut gefällt auf Gomera ? Wir entscheiden uns für eine Unterbrechung des Rückweges, um noch eine Woche dort zu wandern. In der Nähe des Ankerplatzes vom Valle Gran Rey ist erst kürzlich eine Geröll-Lawine abgerutscht, so dass der Weg am Strand entlang gesperrt wurde. Deswegen werden wir uns erneut den Luxus eines festen Liegeplatzes gönnen.
Wir starten am Nachmittag von Santa Cruz, weil wir gerne über Nacht segeln und damit die Gewissheit haben, dass wir bei Tageslicht ankommen. Es wird ein ziemlich ungemütlicher Törn bei zunehmendem Wind und kabbeliger See, mit brechenden Wellen, die gefühlt von allen Seiten kommen. Wir nehmen viel Wasser über, so manche überraschende Welle trifft die Walkabout mit voller Wucht von der Seite. Es leckt durch die Dachluken. Damit rutschen neue Fenster in unserer Prioritäten-Liste wieder ein Stück nach oben. Die Selbststeuer-Anlage hält tadellos den Kurs. Trotzdem brauchen wir demnächst ein paar Ersatzteile, die wir in Großbritannien bestellen müssen. Verschleiss bei Baujahr 1983 und nach einer Weltumsegelung der Voreigner ist wohl ganz normal. Wir leihen uns ein kleines Autochen, um die Ausgangspunkte von abgelegenen Wanderzielen zu erreichen. Allerdings haben wir kein Glück bei unserem Vorhaben, im Garajonay Nationalpark eine große Tour zu laufen. Jeden Tag auf’s Neue stecken wir in dichtem Nebel und heftigen Windböen bei 11° Außentemperatur, sobald man ein paar Kilometer bergauf ins Landesinnere fährt. Dezember ist der Monat mit den meisten Niederschlägen, die sich aber größtenteils an der Nord- und Ostküste abregnen. Bei unseren Rundfahrten über die Insel landen wir deshalb mehrmals im sonnenverwöhnten Valle Gran Rey.


Von Arure aus laufen wir über die Hochebene Riscos de la Merica bis ins malerische Dörfchen La Calera. Nach einem Aufstieg von 850 Metern winkt zur Belohnung eine schöne Höhenwanderung. Normalerweise gibt es vom Plateau eindrucksvolle Ausblicke hinunter zur Küste. Aber das Wetter ist bedeckt, es nieselt immer wieder. Zwischen den feuchten Passatwolken haben wir heute keine tolle Aussicht. Nicht besonders tragisch, denn wir waren schon einmal hier. Nach einer kurzen Rast an einem verfallenden Bauernhof führt ein langer Abstieg wieder hinunter ins Valle Gran Rey.

Das Künstlerdorf El Guro ist Ausgangspunkt für eine nette Halbtages-Tour im „Barranco der Arure“. Durch dschungelartiges Dickicht, über glitschige Steine und zum Teil durch den Bach gelangt man zu einem versteckten Wasserfall. Es ist faszinierend, wie wild und ursprünglich diese Schlucht ist, obwohl unsere Wanderung nicht weit entfernt von der Hauptstraße verläuft.
Voll motiviert starten wir Mitte der Woche auf eine Route, die uns zu einem abgelegenen Strand führen soll. Vor einigen Jahren haben wir bereits einen Versuch gemacht, dann allerdings aus Zeitmangel abgebrochen. Zunächst führt ein gut erkennbarer Weg bis zu den Cuevas Blancas. Dort stehen einige verlassene Häuser, wir haben einen wunderbaren Pausenplatz mit schöner Aussicht auf’s Meer. Von da an wird der Pfad immer enger und unübersichtlicher, Markierungen gibt es nicht mehr. Es geht steil hinab. Wir steigen bis ganz nach unten, aber zum Playa Molino schaffen wir es wieder nicht. Insgesamt 900 Höhenmeter Unterschied, der Pfad windet sich in Serpentinen immer weiter. Dazwischen stehen Felsnasen, über die wir klettern, auf der einen Seite hoch, auf der anderen wieder hinunter. Nur um dann noch eine weitere Schleife zu sehen, die nächste Schlucht, noch eine Felswand …. Irgendwann drehen wir um und machen uns auf den Aufstieg zurück zum Wagen. Ziel nicht erreicht, aber es war trotzdem eine tolle Tour, jenseits aller Menschen, dafür umgeben von wilden Ziegen.

Am Freitag stehen wir besonders früh auf, fahren um 6.30 Uhr in San Sebastian los, damit wir in La Dama den ersten Bus erreichen. Das Auto wird unten im Dorf abgestellt, mit dem Bus geht es dann nach Chipude und von dort zu Fuß Richtung  Fortaleza. Der Aufstieg auf den 1241 Meter hohen Tafelberg fällt leicht, so dass wir schon morgens um 9.00 Uhr das Gipfelkreuz erreichen. Herrlich einsam ist es oben, denn natürlich sind so früh noch keine weiteren Touristen unterwegs. Ein steiler Abstieg, vom Fuße des Berges klettern wir noch weiter nach unten, immer tiefer steigen wir in die Schlucht nach La Dama ein. Es gibt keinen Weg, alles ist total zugewachsen und scheint an manchen Stellen undurchdringlich zu sein. Wir suchen und verlaufen uns, steigen auf und wieder ab. Stundenlang kämpfen wir uns durch vertrocknete Palmwedel und gemeine Kakteen, abwechselnd an steilen Hängen entlang oder durch das Flussbett. Ein paar kleine Kratzer und einige Stacheln in Händen und Armen, ansonsten kommen wir ohne Blessuren davon. Dieselbe 3-Schluchten-Tour hatten wir vor vielen Jahren schon einmal gemacht, ebenfalls mit zahlreichen Umwegen und viel Gefluche. Damals haben wir erst gegen 19.00 Uhr den Weg aus der Schlucht heraus gefunden und mussten danach noch 17 Kilometer auf der Straße zurück zum Wagen laufen. Bei unserem neuen Versuch wird es etwas später, aber das Auto wartet auf uns. Das Tageslicht schwindet, so dass wir das letzte Stück bis zum Dorf in der Dunkelheit zurücklegen müssen. Man sieht gerade noch etwa einen Meter voraus. Die dicken Steine, auf denen wir uns vorwärts tasten, sind hell und relativ gut auszumachen. Stockfinster ist es, als wir endlich aus dem „Barranco de la Rajita“ heraus sind und wieder am Wagen ankommen. Langer Tag, knapp 12 Stunden sind wir gelaufen und geklettert. Noch eine gute Stunde Rückfahrt, erst um 21.00 Uhr sind wir wieder zu Hause auf dem Boot.


Samstag startet die Talisker Whisky Atlantik Challenge von San Sebastian, das ist ein Ruderwettbewerb über den Atlantik. Wir dürfen dieses Spektakel live und ganz auf der Nähe miterleben. Die Strecke von 3000 Seemeilen bzw. 4800 Kilometern führt entlang der Barfußroute von den Kanaren zu den Kleinen Antillen in der Karibik. Die jüngste Solo-Teilnehmerin ist 21 Jahre jung, der älteste Einzel-Ruderer zählt bereits 70 Lebensjahre. Der sportliche alte Herr nennt sich „Alzheimer’s Research“. Das Motto der Veranstaltung „3000 Miles to Row“ gefällt uns sehr. Eine neue Idee entsteht ….. zumindest bei Thomas im Kopf. Vielleicht später einmal …. 😉


Viele Boote in der Marina von San Sebastian tragen die schwarz-rot-goldene Flagge, Gomera ganz allgemein kommt uns vor wie ein „deutsches Dorf“.
Abends besuchen wir Gaby und Wolfgang auf ihrer Amel „Mon Amour“. Sie sind seit vielen Jahren bekannt mit unseren Freunden von der „Meerbaer“. Außerdem haben sie auf den Kanaren die Crew der „Aplysia“ getroffen, die zur Zeit leider Corona-bedingt in Deutschland weilt. Die Welt ist groß, und die Welt ist rund. Trotzdem oder gerade deswegen kennt man sich in der Segler-Gemeinschaft. Und alle erinnern sich an Claus, der in diesem Jahr auf seiner Segelyacht „Julia“ viel zu früh seine letzte Reise angetreten hat. Auch wir werden ihn nie vergessen.
Nebenan liegt die Aluyacht „Enterprise B“, die uns schon beim ersten Vorbeilaufen aufgefallen ist. Es sieht ganz so aus, als ob deren Eigner damit in die Kälte reisen möchten. Stark genug gebaut ist das Schiff, die Ausrüstung an Deck so sicher, dass man damit auch in extremen Revieren segeln kann. Bei näherem Hinsehen stellen wir fest : Enterprise B ist eine Nordsee, gebaut von Dübbel & Jesse auf Norderney. Wahnsinn ! Wir sind schwer beeindruckt.

Später dann treffen wir Anke und Horst persönlich. Die Beiden kommen aus Hooksiel, also nicht weit entfernt von unserer Heimat. Befreundet sind sie mit Anne und Jürgen de Buhr, welche früher die Segelschule auf Norderney betrieben haben und nicht ganz unschuldig daran sind, dass wir auf den Weltmeeren unterwegs sind. 🙂 Falls ihr dieses irgendwann lesen werdet, Anne und Jürgen : An dieser Stelle ganz herzliche Grüße nach Emden oder auf „Rasmus“, wo immer ihr euch gerade aufhaltet. 
Am Tag vor unserer Abreise machen wir einen gemeinsamen Ausflug mit Gaby, Anke und Horst. Wolfgang hat keine Zeit, denn er muss „die Fender putzen“. 😉 Zu fünft geht es bei herrlichem Sonnenschein hinauf auf den Hausberg südlich von San Sebastian. Auf einem netten Wanderweg spazieren wir immer der Küste entlang, immer mit Blick auf die unter uns liegenden Strände. Es folgt ein feuchtfröhlicher Abend auf der „Enterprise B“ zum Ausklang, dann müssen wir uns schon wieder von unseren neuen Bekannten verabschieden. El Hierro ist nur eine Insel weiter, es zieht uns „nach Hause“, denn das Boot soll noch vor den Feiertagen aus dem Wasser.

Gomera – wir kommen wieder. Eventuell noch im nächsten Frühjahr, wenn die Arbeiten am Boot fertig sind und immer noch nicht die richtige Zeit zum Segeln ist. Die großen Wanderwege GR-132 und GR-131 locken. Ein Rundweg von etwa 160 Kilometer Länge führt entlang der Küste „cuesta a cuesta“ um die ganze Insel. Danach könnte man noch einmal 50 Kilometer dranhängen und die Wanderung über die Gipfel „cumbres a cumbres“ mitten durch’s Landesinnere laufen. Guter Plan – hoffen wir, dass es sich einrichten lässt.

Ein Kommentar zu “La Gomera 06. – 14.12.2020

  1. Steinfisch

    Liebe Frauke, lieber Thomas,
    eure Reise gefällt mir sehr, zumal wir nicht reisen dürfen. Danke für die Fotos und die Reiseberichte.
    Ich wünsche euch ein frohes, gesundes Weihnachtsfest. Für das neue Jahr Reiseziele, die ihr plant und erkunden möchtet.
    Herzliche Grüße und alles Gute wünscht euch Ingrid