Wir segeln und wandern durch die Welt

New York

Unser Boots-Nachbar Roman ist so nett und spielt für uns „Wassertaxi“. Auf Anruf fährt er mit seinem motorisierten Beiboot zum Steg, nimmt dort unser Dingi in Empfang und bringt es zurück. Wir möchten keinen Anlass zur Beschwerde geben. Manhattan gilt als das Herz des „Big Apple“ und ist eines der wichtigsten Geschäfts-, Finanz- und Kulturzentren der Welt. Zu seinen Wahrzeichen zählen diverse Wolkenkratzer wie das Empire State Building, der in Neonfarben erleuchtete Times Square und die Theater am Broadway.  Gleich am ersten Tag schauen wir uns das „World Trade Center“ an, wenigstens schon einmal von außen. Davor liegt das 9/11 Memorial mit seinen beiden Wasserfällen. Es ist ein andächtiger Ort, der uns fast die Tränen in die Augen treibt. Aus den Ruinen der ehemaligen Twin Tower ist eine zentrale Gedenkstätte mit angeschlossenem Museum im neuen World Trade Center entstanden. Man gedenkt hiermit den 2977 Todesopfern der Terroranschläge am 11. September 2001. Die Namen der Verstorbenen sind für immer eingemeißelt in die Kupfer-Umrahmung der Wasserfälle. Sehr schön umgesetzt, dieses Projekt macht absolut Sinn. Es ehrt die Verstorbenen, aber auf eine sehr unaufdringliche Weise. Dieses Denkmal ist überhaupt nicht kitschig, sondern sehr einfühlsam gestaltet. So werden die Namen der Verstorbenen und der Ursprung der Gedenkstätte unvergesslich bleiben. Die Atmosphäre am 9/11 Memorial ist von Nicht-Begreifen und Trauer geprägt, auch wir sind tief berührt. 🙁

Das nächste Ziel ist China Town, ein dicht besiedeltes, sehr lebhaftes Viertel in Manhattan. Dort kommt man schnell auf andere Gedanken, das Leben ist bunt und quirlig. Die Einheimischen treffen sich zum Schach- und Mah-Jongg-Spielen und zum Tai-Chi im Columbus Park. Faszinierend. Natürlich geht man in China-Town zum Mittagessen in ein Chinesisches Restaurant – dort ist das Essen gut und günstig. Daran angrenzend gibt es ein italienisches Stadtviertel, deutlich ruhiger und gepflegter. Little Italy gefällt uns  sehr gut. Viel Blumenschmuck und mediterranes Flair in den Farben Italiens. Jedes zweite Restaurant wirkt einladend, aber wir haben ja gerade erst gegessen. Danach geht es über den Broadway bis zum Times Square. Es wird schon langsam dunkel, die Leuchtreklamen und das Leben auf der Straße werden immer verrückter. Wir setzen uns auf auf die roten Treppen, beobachten und staunen. 

Für den Rückweg am Abend nehmen wir eine Fähre, die uns in einer Viertelstunde hinüber zum Liberty State Park bringt. So kommen wir an der berühmten Colgate-Uhr vorbei. Das ist eine freistehende, achteckige Uhr am Ufer des Hudson River in Jersey City mit einem Durchmesser von 15 Metern. Seniorengerecht. 😉 Während unseres Fußweges von der Anlegestelle bis zum Ankerplatz beginnt es zu regnen. Lady Liberty geht ein Licht auf. Zunächst wird die weiße Fackel angeknipst, im nächsten Moment leuchtet die ganze Statue hellgrün auf, zum Schluss sieht man Lichterschein aus allen Fenstern des Turmes. Roman holt uns ab.  Er hat unser Dingi zum Steg gebracht und passt darauf auf, während der strenge Wachmann in Sichtweite in seinem Wagen sitzt.

Thomas schwimmt an Land, nachdem er zunächst mich mit Gepäck und Kleidung am Ufer abgesetzt hat. Das Dingi ist an der Walkabout festgebunden, so gibt es keinen Ärger mit den Sheriffs. Außer : Schwimmen ist im State Park auch verboten. 😉 Im Falle des Erwischt-Werdens kann man sich immer noch dumm stellen und entschuldigen. Diese Regel ist nämlich nicht auf den Schildern im Park zu finden, sondern nur zu lesen, wenn man sich den dicken Katalog der Verbote im Internet anschaut. Das Wetter ist trübe, grau und regnerisch. Draußen-Aktivitäten sind nicht verlockend, die Besichtigung der höchsten Bauwerke mangels Aussicht ebenfalls nicht sinnvoll. Eine halbe Stunde zu Fuß durch den Park bis zur Liberty Landing Marina, von dort setzen wir über nach Manhatten. In diesem Bereich gilt unsere Wochenkarte für die U-Bahn, nebenbei laufen wir ja auch ganz gerne. Ein Hingucker : Japanischer Imbiss, dessen Küche kleiner ist als unsere Toilette an Bord. Zwei Japaner werkeln auf diesem engen Raum und verkaufen das Essen aus einer Durchreiche heraus. Etliche Leute stehen draußen in einer Schlange, also scheint es gut zu sein. Aber wir sind auf dem Weg zu IKEA, wo man auch lecker essen kann. Schon allein der Weg dahin ist spannend, wie Alles in New York. Dafür fahren wir mit der U-Bahn unter dem East River auf die andere Seite in den Stadtteil Brocklyn. In etwa einer Woche werden wir mit dem Boot auf dem East River unterwegs sein. Brooklyn ist einer der 5 Stadtbezirke von New York City und liegt im westlichen Teil von Long Island. Der erste Eindruck : viel weniger schick. Müllsäcke stapeln sich am Straßenrand, mit Graffiti bemalte Häuser-Fassaden. Hier wohnen weniger wohlhabende und nicht so elegant gekleidete Menschen. Mittagessen, das freie WLAN nutzen, danach einmal durch das schwedische Möbelhaus flitzen. Fensterplatz im Restaurant mit Blick auf den leeren Parkplatz. Erstaunlich wenig los hier im Vergleich zu anderen Läden, anscheinend kommt das Konzept bei den Amis nicht so gut an. Witzig : Meine IKEA-Family-Karte aus Oldenburg wird auch hier akzeptiert. 🙂 Ruckzuck ist später Nachmittag, die Stunden scheinen in New York schneller zu vergehen. Heimweg mit Bus, U-Bahn unter dem Hudson River auf die andere Seite nach New Jersey, danach Umstieg in eine andere U-Bahn und zum Schluss mit der Light-Rail-Bahn bis zum State Park. Allein die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist sehr interessant. Thomas schwimmt zum Boot, paddelt mit dem Dingi zurück und holt mich ab.

Fußweg, dann Light Rail, U-Bahn, S-Bahn …. Die Grenze zwischen New Jersey und New York verläuft mitten durch den Hudson River. Es ist ein langer Weg bis Downtown. Kostet jeden Tag 20,- $ hin und zurück, obwohl wir eine Wochenkarte für die Metro gelöst haben. Unser Ankerplatz im Liberty State Park liegt weit außerhalb, ist aber dafür umsonst. Bis in die City brauchen wir ungefähr 1,5 Stunden. Wir möchten ein weiteres neues Verkehrsmittel ausprobieren. Es gibt eine Schwebebahn über den East River bis nach Roosevelt Island. Gedacht, getan ….

Mittags sind wir auf diesem kleinen Eiland und laufen am äußersten linken Ufer des East River entlang. Diese Seite ( die linke ) müssen wir nehmen, wenn wir mit der Walkabout zur Washington Port Marina fahren. So hat es uns Charly erklärt, mit dem wir gestern telefoniert haben. Ein weiterer Tipp von unserem ehemaligen Nachbarn aus der Lamb’s Marina : 2 Stunden vor Hochwasser starten, denn die Strömung im East River ist sehr stark. Über die Roosevelt Island Bridge laufen wir hinüber bis zur IKEA-Insel auf Long Island. Die ist weniger als einen Kilometer lang, eigentlich nicht besonders spektakulär. Im Norden dieses New Yorker Stadtbezirks liegt Queens, offensichtlich ein Schmelztiegel aller Kulturen. Wir schlendern am Ufer des East River entlang und kommen an einem Hoch-Sicherheitstrakt mit auffälligem Stacheldraht vorbei. Was muss man denn dermaßen absichern ? Ein Kraftwerk, wie wir später herausfinden. Mehrere Wohnblöcke fallen uns auf, die alle gleich gestaltet sind. Sozialer Wohnungsbau – ganz klar. Die „Queensbridge Houses“ wurden 1939 als öffentliche Wohnungsbaumaßnahme errichtet. Sechs Blocks mit insgesamt 96 Gebäuden, in denen sich 3.142 Wohneinheiten befinden. Wir schätzen die Anzahl der Bewohner auf mindestens 15.000 Menschen, da diese Schichten eher kinderreich sind.

Für den Rückweg  wählen wir den Fußmarsch über die Queensboro Bridge von Long Island nach Manhatten. Die ist schon imposanter, immerhin 9 Fahrspuren plus eine Spur für Radfahrer. Als Fußgänger diese Brücke zu nutzen ist eher ungewöhnlich, vielleicht sogar ein bisschen verrückt. Wir teilen uns den Weg mit Zweirädern in jeder Form :  Radfahrer, mit oder ohne Elektro-Antrieb, Roller, E-Scooter, Mopeds, besetzt mit 1-3 Personen. Alles dabei, ständig werden wir überholt, und nicht immer mit ausreichend Sicherheitsabstand. Der Geräuschpegel ist einfach unbeschreiblich. Es kommt mir vor, als wenn es in meinem Kopf vibriert. Und um diesen Irrsinn komplett zu machen fliegt gerade noch ein Wasser-Flugzeug dicht über uns hinweg. Genug Reize für einen Tag. 😉 Italienischer Abend mit Lasagne-Dinner auf der Walkabout. Jonathan ist zum Essen eingeladen, den haben wir auf „SY Keeper“ kennengelernt. Er ist ein guter Freund von Danny und zur Zeit beruflich in der Nähe von New York. Jonathan ist intelligent, dabei total entspannt und angenehm. Ein sehr netter Gast. 🙂

Wir haben uns einen City-Pass für 3 Tage gekauft. Kostet mal eben 420,- Dollar für zwei Personen, und da ist schon ein Rabatt mit verrechnet. Bisher sind wir nur sinn- und ziellos durch New York geschlendert bzw. gefahren. Ab jetzt gibt es das volle Touristen-Programm. Dafür stehen wir extra früh auf, damit sich der teure Spaß auch lohnt. Erstes Ziel ist das Rockefeller Center mit 260 Metern Höhe. Ein Regenbogen-Laufsteg führt zum Portier, der unsere Fragen sehr professionell beantwortet. Über einen roten Teppich gelangen wir zum Eingang, von da aus werden wir weitergeschoben wie Schafe in einer Herde. In einem gläsernen Aufzug rasen wir in Minutenschnelle 70 Stockwerke hoch zum „Top of the Rocks“. Drei Aussichts-Plattformen in 260 Meter Höhe bieten einen 360°- Panoramablick über die ganze Stadt. Nicht schlecht, aber es haut uns auch nicht um. Regulärer Preis für uns Beide zusammen wären 90,- Dollar. Das ist es meiner Meinung nach nicht wert, darüber hätte ich mich richtig geärgert. Aber wir haben zum Glück 3 Tage „all inclusive“ gebucht, müssen zu unserem City-Pass nichts mehr an Eintritt bezahlen. Eigentlich würde es reichen, das Leben und Treiben draußen zu beobachten. Da gibt es goldene Skulpturen, künstliche Wasserfälle, Springbrunnen, eine Rollschuh-Bahn. Das Ganze wird untermalt mit Rock-Musik aus überdimensionierten Lautsprechern, weil leise geht nicht in den USA. Alle verrückt hier ! 😉

Schräg gegenüber sticht eine Kirche ins Auge. Die St. Patrick’s Cathedral ist die größte im neugotischen Stil aus weißem Marmor erbaute Kathedrale in den Vereinigten Staaten. Geöffnet für Jedermann nach Taschen-Kontrolle. Wirklich schön, trotz Stuck und Prunk sehr harmonisch, hell und freundlich. Es riecht gut im Inneren, nicht muffig wie so oft in alten Kirchen. Mittagessen heute beim Spanier, wir finden ein nettes Lokal in einer etwas ruhigeren Seitenstraße. Danach geht es weiter im Programm. Eigentlich möchten wir gerne eine Bus-Rundfahrt machen, aber die Warteschlange ist unglaublich lang. Stattdessen besuchen wir die „M & M World“, direkt an der Haltestelle gelegen. Ein Eckhaus, großzügig an Quadratmetern, drei Stockwerke voll mit bunten M & M’s. Einfach nur irre. 😉

Ein weiterer Laden macht uns neugierig : „World of Weed“ Hier gibt es alle denkbaren legalen Drogen. Marihuana wurde in diesem Bundesstaat seit 31.05.2021 legalisiert und ist frei verkäuflich für Erwachsene ab 21 Jahren. Draußen ein Türsteher, wir müssen unseren Ausweis vorzeigen. Dann haben wir Zugang zum Verkaufsraum mit allen möglichen und unmöglichen Rauch-Utensilien. Es gibt keine Fotos und Videos aus dem Inneren, das ist ausdrücklich verboten.

Das „Edge“ steht auf unserer Liste ganz oben, ein weiterer Wolkenkratzer in Manhatten. 100 Stockwerke, 395 Meter Höhe. Im Fahrstuhl flimmern faszinierende Filmchen in einer Qualität, die uns staunen lässt. Wir haben Zugang zur höchsten Freiluft-Plattform der westlichen Hemisphäre. Die Glasscheiben sind schräg angewinkelt und blitzsauber, sie erwecken die Illusion, dass der Sturz in die Tiefe nicht weit ist. Im Boden der Terrasse ist ein gläsernes Dreieck eingelassen, welches begehbar ist. Komisches Gefühl, bei Thomas im Kopf, mir wird es im Bauch ganz mulmig. Lange sitzen wir auf den Stufen, und ganz Manhatten liegt uns zu Füßen. Der Wahnsinn ! Absolute Empfehlung, lohnt sich unbedingt ! 🙂 Die neue Aussichtsplattform namens „The Edge“ wurde am 11. März 2020 eröffnet, war jedoch ab dem 13. März 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie geschlossen. Es ist quasi noch brandneu und heute eine der besten Sehenswürdigkeiten in New York. Eröffnung des Rockefeller-Komplexes war im Jahr 1939. Dazwischen liegen mehr als 80 Jahre Entwicklung, der Unterschied ist gewaltig.

Danach hat der Tag noch etwas Zeit übrig, aber für einen Museums-Besuchs reicht es nicht mehr. So lernen wir einen weiteren Stadtteil kennen : Chelsea, das Künstlerviertel. Wir entdecken den High Line Park, einen auf alten Bahnschienen gebauten Spazierweg in luftiger Höhe. Sehr grün, sehr schön. Wir staunen darüber, dass es in dieser  Metropole doch so viele Nischen gibt, in denen die Menschen ihre Freizeit verbringen können. Davon wird die Luft nicht besser, aber es steigert die Lebensqualität der Stadt-Bewohner beträchtlich. Durch den Hudson River Park laufen wir eine weitere Stunde am Ufer des Flusses entlang bis zur Fähre. Das ist die Sport-Meile für Jogger und Radfahrer, Tennisplätze, Minigolf. Es gibt neue Nachbarn, Melissa und Jerry auf einer Motoryacht. Sie haben gerade ihren Hund an Land ausgeführt und sind so nett, uns hinüber zur Walkabout zu bringen. Bei uns haben sie gesehen, wie man es macht. Er setzt Frau mit Hund trocken am Ufer ab, bringt dann das Dingi zurück zum Boot und schwimmt. 😉

Wecker klingelt um 7.00 Uhr. Thomas bringt erst mich zum Anlegesteg und paddelt zurück. Dann hilft er noch Robert an Land, einem anderen jungen Mann aus unserem Ankerfeld. Mit Dingi zurück zur Walkabout, dann eine Runde Schwimmen. Alles ein bisschen umständlich, aber so ist kein Dingi am Steg festgemacht. 😉 Wir sind mit Jonathan verabredet, der für die nächsten beiden Tage unser Begleiter sein wird. Hop on – Hop Off …. Das volle Programm New York. 🙂 Wir beginnen unseren Tag mit der roten Linie „downtown“. Hier ist das Herz von Manhatten, das meiste davon haben wir bereits zu Fuß erkundet. Häuserschluchten links und rechts, vor uns und hinter uns. Wir fahren wie durch einen Tunnel zwischen den Wolkenkratzern hindurch. Jedes Hochhaus hat einen fest installierten Kran auf dem Dach für die Fensterputzer und für Wartungsarbeiten. Blick auf die Fronten der riesigen Gebäude zu beiden Seiten der Straße. Oben ist ein ganz schmaler Streifen blauer Himmel zu sehen, unten auf der Straße kriecht der Verkehr. Menschen wimmeln wie Ameisen auf den Bürgersteigen. Alles ist schrill, grell und bunt. Hupen, Sirenen, Baulärm, laute Musik ohne Unterbrechung. Augenflimmern, Ohrensausen und nervöse Zuckungen sind da vorprogrammiert. Da wird man doch irre, länger als eine Woche kann das nicht gesund sein. Stress-resistent sind die New Yorker auf jeden Fall. Die merken gar nicht, dass sie den ganzen Tag in schlechter Luft einer massiven Lärmbelästigung ausgesetzt sind. Für Freitag und Samstag zeigt die Wetter-App einen Alarm an. Allerdings keine Sturmwarnung, keine Gewitter, sondern erhöhte Luft-Belastung. Uns macht der ständige Geräuschpegel ganz schön zu schaffen. Entspannung wird es wahrscheinlich erst geben, wenn wir fertig sind mit dieser Wahnsinns-Metropole. Noch einmal schlendern wir mit Jonathan durch China-Town und Little Italy.

Einige Metro-Abenteuer weiter, dann haben wir die Haltestelle vom Bus gefunden. Hop on – Hop off der zweite Teil, diesmal fahren wir die blaue Route „uptown“. Nachmittags besuchen wir das World Trade Center. New Yorks höchste Aussichtsplattform ist das „One World Observatory“. Es ist mit moderner Technik ausgestattet. Schon der Weg zur 100. Etage macht Spaß, denn im Fahrstuhl läuft eine beeindruckende Lichter-Show. Es geht über Treppen noch zwei Stockwerke höher. Oben kann man den 360° Rundum-Blick in entspannter Atmosphäre genießen. Aussicht von so weit oben haben wir nun schon zum dritten Mal, das Besondere hier ist die andere Perspektive. Wir sind gerade zur richtigen Zeit da, um einer interessanten Vorführung zu lauschen. Die Geschichte New Yorks wird uns nähergebracht. Wir hören spannende Sachen über die verschiedenen Stadtteile, deren Unterschiede wir ja bereits selber bemerkt haben. Das „One World Trade Center“ rangiert in unserer Gunst im Mittelfeld zwischen „Top of the Rocks“ und „Edge“.

Indisches Restaurant am Abend. Kurze Verschnaufpause, denn wir haben eine Reservierung für das Empire State Building für 22.00 Uhr. Das funkelnde Lichtermeer über der riesigen Stadt vom 86. Stockwerk aus 320 Meter Höhe ist einzigartig – es lohnt sich auf jeden Fall bei Nacht. 🙂 Das Empire State Building wurde 1931 eröffnet, es ist älter als alle bisherigen Wolkenkratzer, also ein ehrwürdiges Gebäude. Unzählige Filme wurden hier gedreht, unter anderem King Kong und Superman.

Die Anzüge der Bediensteten sehen so altmodisch aus, als ob sie beim Rockefeller Center ausgemustert wurden. Das Empire State Building wurde von 1930 bis 1931 in ungewöhnlich kurzer Bauzeit errichtetet. Es war damals nicht nur das höchste Gebäude New Yorks, sondern bis 1972 auch höchstes Gebäude der Welt. Jonathan bringt uns bis zur Anlegestelle. Mexikanische Party am Rande des State Parks, laute Musik die ganze Nacht hindurch. Das ärgert die wichtigen Aufpasser bestimmt maßlos, genau deswegen finden wir es lustig. Nacht-Schwimmen bleibt Thomas trotzdem nicht erspart, wenn er seine Frau und die Wertsachen an Bord haben möchte. 😉 Wir gehen erst um 3.00  Uhr früh in die Koje. Die Party draußen ist noch lange nicht zu Ende.

Sind schon wieder zeitig auf den Beinen. Wir haben uns das 9/11 Memorial Museum vorgenommen, die bedeutendste Gedenkstätte des Landes. Bereits vor der Öffnungszeit stehen wir diszipliniert in einer langen Schlange an. Um kurz vor 10.00 Uhr am Morgen sind wir drin, zusammen mit einigen Hundert anderer Touristen. Unsere Taschen werden durchleuchtet, wir durchlaufen einen Körper-Scan. Alles wird für die Sicherheit getan. Kein Wunder, dass die USA nach den tragischen Ereignissen von 9/11 so strenge Maßnahmen ergriffen haben. 10000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in verschiedenen Hallen, viel größer als erwartet. 23 Meter unter der Oberfläche gelangt man zum „Bedrock“, dem Urgestein, wo einst das Fundament der Zwillingstürme lag. Dieses Museum ist ein wichtiges Stück Zeit-Geschichte. Das muss man gesehen und gefühlt haben. Die ganze Ausstellung ist sehr bewegend. Taschentücher im Spender stehen bereit. 🙁

Im Osten des Central Parks befindet sich die Museums-Meile. Das Guggenheim-Museum wurde uns wärmstens empfohlen, also nichts wie rein. Mehrere strenge Sicherheitskontrollen, ähnlich wie beim Einchecken am Flughafen. In einer weißen Rotunde führt die Ausstellung über mehrere Etagen nach oben. Ein Feuerwerk an Farben mit bunten Gemälden von Künstlern wie Picasso, van Gogh, Kandinsky und Cézanne.

Danach spazieren wir ein Stückchen am Rande des Central Parks. Die „grüne Lunge“ New Yorks ist sechs Mal so groß wie Monaco, 340 Hektar Grünfläche, 75 Kilometer an Wegen, 9000 Bänke stehen hier. Zum Fahrrad-Ausleihen ist es schon zu spät. Alternativ-Plan ist der Zoo. Dafür steigen wir in den nächsten Bus, immer entlang des riesigen Central Parks. Stehen dort kurz an, aber ohne Reservierung dürfen wir nicht hinein. Kapazität ausgelastet, für heute werden keine Besucher mehr eingelassen. Schade. 🙁 Dafür geraten wir in eine Pride-Parade. Der New York City Pride March ist eine Veranstaltung zur Feier der LGBTQ-Gemeinschaft. Es ist die größte Zusammenkunft dieser Art in der Welt, die jedes Jahr Zehntausende von Teilnehmern und Millionen von Zuschauern anzieht. Wir sind Zaungäste einer einzigartigen Party auf der Straße und erleben eine durchweg friedliche Veranstaltung, vielleicht vergleichbar mit dem Woodstock-Festival. „Peace and Love“, alles im Zeichen des Regenbogens. Wahrscheinlich ist das Leben und Treiben auf der abgesperrten Straße viel bunter als der Zoo. 😉

Jonathan möchte gerne gegen 18.30 Uhr im Hotel sein. Das lässt sich leicht verwirklichen, denn wir haben eigentlich auch genug gesehen. Die Fahrt zurück bietet einige Überraschungen. Dachten wir gerade, wir haben es gecheckt, so gibt es am Sonntag einen ganz anderen Fahrplan. Unbekannte Wege, in New Jersey dann noch Umsteigen in einen Bus, der uns zur Haltestelle am State Park bringt. Schienen-Ersatzverkehr heißt das bei der Deutschen Bahn und dauert immer etwas länger. Am Ankerplatz stehen drei Polizei-Wagen, auch das haben wir während der Woche noch nicht erlebt. Schwimmen ist eine ganz schlechte Idee, wenn man so auf dem Präsentierteller ist. Die Polizei-Fahrzeuge an der Landestelle kontrollieren die Tickets der Wassersportler genau und scheinen heute damit nicht fertig zu werden. Thomas ruft Roman an. Der ist hilfsbereit wie immer, nur leider geht ihm sein Beiboot stiften, bevor er einsteigen konnte. Der Wind treibt das Dingi langsam in Richtung Ufer, wo Thomas es dann „einsammeln“ kann. Passt. 🙂

Montag ist Regentag. Unseren City-Pass haben wir gut „abgearbeitet“. Die Top Five von New York haben wir gesehen, zwei Rundfahrten mit dem Bus gemacht, zwei Museen besucht. Außerdem haben wir alle 5 Stadtteile kennengelernt : Bronx, Brooklyn, Manhattan, Queens und Staten Island. Jetzt können wir es wieder entspannter angehen und etwas länger schlafen. Wir möchten die berühmte Brooklyn Bridge laufen. Diese Brücke überspannt den East River und verbindet die Stadtteile Manhattan und Brooklyn miteinander. Zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung 1883 war die Brooklyn Bridge die längste Hängebrücke der Welt und wurde für die Stadt New York schnell zu einem neuen Wahrzeichen. Das ist fast 140 Jahre her, das Alter beeindruckt uns gewaltig. Die Brücke hat heute sechs Fahrstreifen. In der Ebene über den Fahrzeugen befindet sich mittig ein getrennter Übergang für Fußgänger und Fahrräder. Man kann von dort wunderbar die Skyline von Manhatten sehen.

Mittagessen in einem „Diner“, einem typisch amerikanischen Lokal. Dieses ist sehr originell eingerichtet mit türkis-neonfarbenen Bänken, die Wände sind dekoriert mit Bildern alter Schauspieler. Danach fahren wir noch einmal mit der Schwebebahn zur kleinen Insel Roosevelt und zurück, einfach nur aus Spaß. Unser Metro-Ticket gilt hier, ebenso wie in der U-Bahn und den Bussen in New York City. Aus der Gondel heraus schauen wir uns den East River an, auf dem wir in den nächsten Tagen unsere Reise fortsetzen werden.

Wir haben nach einer sehr intensiven Woche genug von der Stadt, die niemals schläft. Länger können wir die Hektik und den Lärmpegel dieser Metropole nicht aushalten. Deswegen verbringen wir unseren letzten Tag in der näheren Umgebung. Zur anderen Seite des Ankerplatzes waren wir bisher noch nie unterwegs. Komischerweise steht das Fahrrad von Robert heute weit weg von der Anlegestelle. Sonst war es immer direkt gegenüber seines Bootes am Zaun angeschlossen. Wir vermuten, dass es Ärger gegeben hat, weil der Park-Sheriff sich gestört fühlte. Direkt am Wasser entlang verläuft ein Wanderweg. Es geht am Gelände eines Golfplatzes vorbei, dann an einem Vogelschutzgebiet. Es folgt eine private Wohn-Anlage mit Holzstegen, wo jeder Bewohner einen eigenen Liegeplatz vor der Haustür hat. Dieses Condominium nennt sich „Port Liberté“. Teuer, spießig, hässlich. Wir gehen bis zu einer Haltestelle der Light-Rail-Bahn und verbringen den Nachmittag in Jersey City. Immerhin knapp 300000 Einwohner, aber das kommt uns jetzt vor wie eine Kleinstadt. Letzter Einkauf im Asia-Supermarkt, dann laufen wir  zurück zum State Park. Keine Lust mehr auf Abenteuer, wir müssen erst einmal die Reiz-Überflutung der letzten Woche verdauen. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, wir kommen noch nicht so schnell an Bord. Zwei Wagen der State Police stehen auf dem Parkplatz, diesmal die dem Park-Sheriff übergeordnete Abteilung. Die Beamten sind nicht amüsiert, weil ein Beiboot trotz Verbot an der Rampe festgemacht hat. Sie fragen, ob es unseres ist, was wir guten Gewissens verneinen können. Dann zählen sie die Segelboote, mittlerweile sind es acht Ankerlieger. Mit einem Fernglas inspizieren sie die Boote und schauen, wo ein Dingi angebunden ist und wo nicht. Was für ein Kasperletheater ! 🙁 Gestern ist ein neues Boot angekommen, ein Ehepaar mit zwei großen Kindern an Bord, deren Beiboot liegt an der Rampe. Zwei weitere Segler haben anscheinend ihr Dingi umgedreht auf den Ponton der Segelschule gelegt und sind an Land geschwommen. Wir warten erst einmal ab. Die Officer sehen aus, als ob sie ewig hier stehen wollen, zumindestens bis sie einen der Übeltäter festnageln können. Schwimmen unter den Augen der Aufpasser ist also keine Option. Wir rufen Roman an, der sofort bereit ist. Er fährt mit seinem Beiboot zur Walkabout, bindet unser Dingi los und bringt es zum Steg. Die Beamten werden auf uns aufmerksam und kommen hinzu, woraus sich eine hässliche Diskussion ergibt. Wir haben unser Dingi nicht an der Rampe gelassen, sondern alternativ einen Taxi-Dienst eingeführt. Das ist nicht verboten. Wir liegen auf einem offiziell ausgewiesenen Ankerplatz und halten uns an alle Regeln. Neue Schikane : Jetzt wollen die uns erzählen, dass wir nicht vom Wasser aus in den State Park dürfen. Ich argumentiere, dass der State Park öffentlich ist und bis 22.00 Uhr geöffnet hat. Warum dürfen wir die Bootsrampe nicht betreten ? Es sei nur erlaubt, wenn wir mit dem Auto kommen …. Das wird mir zu bunt, mir platzt der Kragen. Passiert schon mal leicht, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle. 😉 Zum Glück sind die schwarz gekleideten Polizisten mit schuss-sicherer Weste und Waffe im Halfter so schlau, dass sie die Frau nicht weiter reizen. 😉 Sie ziehen sich für eine Beruhigungs-Zigarette zurück, wir paddeln zur Walkabout. Morgen möchten wir sowieso weiter. Roman bekommt eine Tüte mit Abschiedsgeschenken für die guten Dienste. Er freut sich offensichtlich über eine Flasche Wein, Schokolade, Kekse, ein Glas Erdnuss-Butter und eine Fleisch-Konserve. Hat er sich auch wirklich verdient mit seinem Hol- und Bringdienst. 🙂