Wir segeln und wandern durch die Welt

Santa Maria bis Madeira – 496 Seemeilen

Der CQR-Anker, welcher beim Kauf zum Boot gehörte, wird ausgetauscht gegen unseren Deutschen Bügelanker, der bisher nur unter der Koje gelegen hat. Den möchte Thomas nicht mehr haben und verscherbelt ihn für 50,- € an einen anderen Segler, der davon völlig begeistert ist. Macht uns nicht reich, aber der nimmt nun auch keinen Platz mehr weg. Den Jambo von der kleinen Walkabout haben wir in La Restinga an João verschenkt. Unter unseren Matratzen schlummert jetzt noch ein 30 Kilo schwerer Stockanker, sehr gut, aber total unhandlich. Demnächst soll es ein neuer „Rocna“ sein, den wir wahrscheinlich in den USA kaufen werden.
Lothar war mit seiner Gersvind zum Angeln draußen und hat so viel Fisch gefangen, dass man ein ganzes Dorf damit satt bekommen könnte. Deswegen gibt es am Freitag in der Marina einen netten Grillabend mit unseren Freunden und ein paar neuen Gesichtern. Wieder kommen wir erst spät in die Koje, so langsam wird es anstrengend mit der Geselligkeit. 😉

Samstag früh landet unser CDT-Bekannter Johnny auf Santa Maria. Ursprünglich hatten wir einen Törn zu Dritt geplant, aber er geht jetzt als Crew-Verstärkung zu Lothar. Wir werden im Konvoi mit der Gersvind segeln, dabei täglich Funk-Kontakt halten. Alle sind tagsüber sehr beschäftigt damit, die Boote seeklar zu machen und letzte Kleinigkeiten zu erledigen. Abmelden, noch einmal waschen, einkaufen, zur Post ….. Egal, wie gut man sich vorbereitet, am letzten Tag wird es doch immer etwas stressig. Zumal wir uns nach kurzer Beratung dazu entschlossen haben, nicht noch eine weitere Nacht zu bleiben. Um 17.30 Uhr legen wir ab, viel Wind, vergleichbar mit dem Start von Pico. Unsere Freunde stehen am Steg, und wieder sind wir traurig, dass wir uns verabschieden müssen. Viele helfende Hände ziehen uns mit Leinen in eine bessere Position, damit die Walkabout trotz Winddruck rückwärts aus der Box fahren kann. Im Vorhafen warten wir auf die Gersvind, dann starten wir gemeinsam Richtung Madeira. Stramme 6 Beaufort aus Nord-West, in den Regenböen auch mal etwas mehr. Aufgewühlter Atlantik, hohe Wellen, aber von achtern. Das Großsegel brauchen wir gar nicht. Wir setzen nur die Genua, die wir im Frühjahr auf El Hierro gebraucht gekauft haben. Eigentlich ist dieses Segel etwas zu klein für unser Boot, aber bei den aktuellen Bedingungen machen wir damit 6,5 Knoten Fahrt voraus. Was will man mehr ? Vielleicht angenehmere Schiffs-Bewegungen, denn das Schiff rollt stark …. aber man kann nicht alles haben. 😉 Schon bald wird die Windsteuer-Anlage eingehängt und hält zuverlässig Kurs 130°. Danach gibt es eigentlich nichts mehr zu tun. Wir dürfen uns entspannen und lassen die Walkabout einfach laufen. Erstaunlich wenig Tageslicht, inzwischen ist es wohl Herbst geworden. Um 20.00 Uhr wird es bereits dunkel, erst morgens früh um 7.00 Uhr können wir die Beleuchtung ausstellen.

Den nächsten Tag präsentiert sich der Atlantik von seiner wilden und schönen Seite. Sonnenschein, hellblauer Himmel, tiefblauer Ozean und prachtvolle Wellen mit weißen Schaumkronen, die uns von hinten einzuholen versuchen. Dazu diese unendliche Weite voraus, kein Schiff ist weit und breit zu sehen. Ach, was haben wir das vermisst ! So lange hat sich die Walkabout wegen Corona nicht weit bewegt. Ein bisschen Kanaren, ein paar Azoren-Inseln, aber immer nur kurze Strecken. Allein in der Wache mit dieser wilden Natur wird mir bewusst, wie sehr ich mich auf die lange Passage über den Atlantik freue.
Schnell und genau auf der Kurslinie zieht die Walkabout nach Süd-Osten. Funk-Kontakt mit der Gersvind hat geklappt, die sind uns etwa 15 Seemeilen voraus. Es bleibt eine raue Passage. Viel Wind, hohe Wellen und „Rock & Roll“ unten im Schiff. Während Thomas sich bemüht, an der Funke ein paar e-mails via Pactor zu versenden, möchte ich das Abendessen kochen. Die Zwiebelwürfel landen auf dem Boden, das Schneidebrett bald hinterher, dann auch noch das Schälmesser. Ich habe nicht genug Hände, um den Schnellkoch-Topf, Deckel und die Schüssel für Gemüseabfall gleichzeitig festzuhalten. So habe ich beim Zubereiten wohl noch nie geflucht. Schweißausbruch, der Seekrankheit nahe, aber irgendwann ist es vollbracht. Die Topfhalter sind nicht stark genug, um den Topf bei diesem Gehopse zuverlässig zu halten. Zwischendurch hängt sich der kardanische Ofen an der Bordwand fest, weil er bei diesen starken Bewegungen zu sehr schwingt. Erschwerte Bedingungen, vielleicht hätten wir am zweiten Abend noch auf’s Kochen verzichten sollen. 😉

Rauschende Fahrt durch die Nacht. Immer wieder kommen von achtern schwarze Wolken heran, die viel Wind und Regen mitbringen. Ab 7.00 Uhr früh am Montag wird das Leben an Bord deutlich angenehmer. Nur noch 5 Windstärken aus Nord, keine Schlechtwetter-Zellen mehr am Himmel zu sehen. So langsam beruhigt sich auch der Seegang. Mittags können wir das Großsegel im 2. Reff setzen, dazu beinahe die volle Genua. Thomas entdeckt eine Schildkröte im Wellenkamm achteraus. Die muss gar nicht selber paddeln, sondern lässt sich einfach mit der Strömung treiben.
Während der Nacht gibt es noch ein paar Unregelmäßigkeiten, Winddreher und heftige Regenschauer. Am vierten Tag erleben wir dann herrliches Segeln bei Sonnenschein. Die Wogen haben sich geglättet, der Wind weiter nachgelassen. Geschwindigkeit immer noch gut 5 Knoten bei voller Besegelung, völlig mühelos und ohne Geschaukel. Die Funk-Verbindung mit der Gersvind klappt jetzt sogar zweimal am Tag. Ansonsten ist hier nichts los, wir hatten mit mehr Schiffsverkehr gerechnet. Uns geht es inzwischen total gut. Wir hätten beide Lust auf eine längere Passage. Schade, dass wir morgen vermutlich bereits ankommen werden. Inzwischen haben wir Dreiviertel der Strecke hinter uns, schnell und ohne Umwege. Unsere Position etwa 100 Seemeilen nord-westlich von Madeira könnte einen Winddreher gebrauchen, damit wir weiter direkten Kurs halten können. Unser Freund Henning begleitet uns virtuell und schaut sich die aktuellsten Wetterkarten an. Tatsächlich schickt er uns den richtigen Wind, von Nord-West über Nord nach Nord-Ost drehend. Genau das, was wir für die letzten 24 Stunden brauchen. Vielen Dank an das Kompetenzzentrum Hamburg. 🙂

Nach wie vor haben wir nicht viel zu tun. Es weht gleichmäßig mit 4-5 Beaufort. Thomas holt das letzte Reff aus dem Großsegel. So verläuft unsere letzte Nacht ganz gemütlich. In der Frühe nähert sich ein Frachtschiff und passiert in 3 Seemeilen Abstand achteraus. Gegen 10.00 Uhr morgens tauchen die Umrisse Madeiras aus dem Dunst auf. Aber wir sind noch lange nicht da. Etwa 30 Seemeilen Distanz bis zum Land, und dann müssen wir noch die ganze Küstenlinie entlang bis nach Funchal im Süden. Hier gelten andere Dimensionen als auf den kleinen Azoren-Inseln, Madeira hat eine Gesamtfläche von 740 km². Obwohl schon in Sichtweite, so dauert es doch noch den ganzen Tag. Der stramme Wind aus Nord-Ost steht lange durch und bringt uns flott vorwärts.

Irgendwann fangen die Segel an zu schlagen, der Ozean wird ruhig wie ein Ententeich. Wir befinden uns in der Wind-Abdeckung der großen Insel. Ein Schlauchboot der Hafen-Polizei kommt auf uns zugebraust. Zwei Offizielle sitzen darin und machen Notizen. Die Walkabout wird umrundet, aber anscheinend möchten sie nicht an Bord kommen. Die letzten 4 Stunden muss die Maschine herhalten. Unter Motor laufen wir nur mit 3,5 Knoten. Wir schaffen es nicht bei Tageslicht. Die Gersvind liegt schon am Ankerplatz, als wir im Dunkeln eintrudeln. Ortszeit 21.30 Uhr, es gibt eine Zeitverschiebung von einer Stunde, hier ist es später als auf den Azoren. Unser „neuer“ Anker fällt in 13 Meter Tiefe und hält sofort. Morgen früh müssen wir Kontakt mit der Marina aufnehmen, um das weitere Prozedere ( Test, Quarantäne, Liegeplatz etc.) zu erfragen.


Auf unserem Kartenplotter sind alle Wegpunkte seit dem Start mit der alten Walkabout gespeichert. Vor ungefähr 10 Jahren, Mitte September 2011, sind wir an Madeira vorbeigesegelt. Keine Zeit – wir wollten möglichst schnell nach Argentinien. Dann wieder im Januar 2019 auf dem Rückweg von Norderney mit der neuen Walkabout. Keine Lust zum Anhalten – schnell raus aus dem unwirtlichen Winterwetter und zu den Kanaren. Jetzt sind wir Corona-bedingt immer noch in Europa. Gute Gelegenheit, endlich die Azoren und Madeira kennenzulernen, bevor wir über den großen Teich verschwinden.


Insgesamt war es ein toller Törn von 496 Seemeilen. Gefühlt die beste und schnellste Passage, seitdem wir das Schiff gekauft haben. Alles hat prima geklappt, wieder ist nichts zu Bruch gegangen. Endlich scheinen die Schwachstellen ausgemerzt zu sein. Es läuft einfach gut und macht Spaß. 🙂

Corona macht das Reisen schwierig. Auf den Azoren, die ja zu Portugal gehören, wurden wir bereits doppelt getestet. Dann mal eben nach Madeira segeln, was ebenfalls portugiesisch ist …. Trotzdem gelten strenge Einreise-Bestimmungen. Digitale Reiseanmeldung haben wir vor dem Start auf Santa Maria erledigt, die Reservierung in der Marina Funchal wurde per e-mail bestätigt. Aber wir haben die gelbe Flagge gehisst, müssen mit der Hafen-Polizei einen PCR-Test organisieren und solange auf dem Boot in Quarantäne bleiben. Mittwoch sind wir abends angekommen, Donnerstag gegen Mittag dürfen wir den Anker lichten und in die Marina fahren. Bekommen einen Platz an der Kaimauer in zweiter Position neben einer schicken deutschen Yacht. Da liegen wir sehr gut, aber es nützt uns gerade nicht viel. Wir dürfen nicht von Bord, obwohl wir die Stadt direkt vor der Nase haben. Die Küstenstraße sieht sehr reizvoll aus. Wie gerne möchten wir duschen und einkaufen ! Freitag um 10.00 Uhr kommt ein Wagen mit dem mobilen Test-Team vorgefahren. Es wird uns erlaubt, kurz von Bord zu huschen. Stäbchen in Rachen und Nasenlöcher einführen lassen, dann schnell wieder zurück auf die Walkabout. Wir warten und warten ….. 🙁 Hatten eigentlich gehofft, dass unser ( natürlich negatives ) Ergebnis am Nachmittag vorliegt und wir endlich Ausgang bekommen. Das wird wohl leider nichts …. Abends schleichen wir uns unerlaubt von Bord und gehen zwei Boote weiter, wo mittlerweile die Gersvind liegt. Wir betrachten uns großzügig als einen Haushalt, da wir ja schon seit Santa Maria ohne Masken zusammen sind, gemeinsam angekommen und jetzt unsere Quarantäne absitzen. Es wird dann doch noch ein netter Abend zu Viert. Lothar, der Meisterangler, grillt Fisch. Johnny zeigt uns am Laptop eine Präsentation über den CDT, wo wir uns 2017 kennengelernt haben.

Mittwoch sind wir abends angekommen, mittlerweile haben wir Samstag Mittag und warten immer noch. Langweilig ! 🙁