Wir segeln und wandern durch die Welt

Santa Maria nach La Palma

Vor genau zwei Monaten sind wir mit der Walkabout von Port Washington aus über den Atlantik gestartet. Seitdem waren wir ungefähr die Hälfte der Zeit auf See. 5 Tage Horta auf Faial, 19 schöne Tage mit unseren Freunden von der Marik auf São Jorge, 9 Tage auf Santa Maria inklusive Insel-Umwanderung. Mehr Zeit auf den Azoren war dieses Jahr nicht eingeplant, denn wir erwarten demnächst Besuch auf La Palma. 🙂
Ein fettes Tiefdruck-Gebiet zieht von Westen her näher und wird voraussichtlich am Wochenende die Azoren erreichen. Bei „Windy“ leuchtet es in den Farben dunkelrot mit lila im Kern, sieht aus wie in Patagonien. Schlechtes Wetter und Sturm sind im Anmarsch. Schnell weg hier. Henning vom Kompetenzzentrum Hamburg ist virtuell mit an Bord und wird ein wachsames Auge auf die weitere Entwicklung haben. Danke für’s Aufpassen und die täglichen Anekdoten. 🙂

Ruppiger Start von Vila do Porto am Mittwoch. Wind aus SW mit 5 Beaufort, in Böen mehr. Hohe Wellen laufen in die Hafeneinfahrt. Alle Luken sind zu, es geht gleich richtig zur Sache. Mit zweifach gerefftem Groß und halber Genua macht Walkabout rauschende Fahrt auf Idealkurs 150°. Himmel gritzegrau, ab und an spülen Regenschauer das Deck sauber. Blöder Seegang von der Seite, es rumpelt an Bord. Thomas verspürt die ersten Anzeichen von Seekrankheit. Gemütlich geht anders. 😉
Während der Nacht hat sich alles gut eingeruckelt. Der Wind bläst gleichmäßig, die Wellen glätten sich. Auch am nächsten Tag läuft es einfach und ganz ohne Anstrengung weiter. Entspanntes Segeln mit 5-6 Knoten Fahrt in Richtung Kanaren. Der Kontrollgang an Deck fällt gut aus. Unser Bord-Alltag mit regelmäßigen Mahlzeiten kann beginnen. Bei der Essensvorbereitung habe ich kleine Spinnentierchen im Reis entdeckt. Die müssen wir aus der Lamb’s Marina mitgebracht haben, ein Souvenir aus den USA. Zum Glück werden unsere Lebensmittel in Tupperdosen oder Plastikflaschen sicher verschlossen aufbewahrt, so dass keine Insekten hinaus oder hinein können. Der Reis mit Leben drin geht über Bord. Wir haben eine Schlangenmakrele an der Angel, gerade als unser Abendessen fertig ist. Diese hässlichen Fische gehören nicht zu unseren Vorlieben, weil sie voller Gräten sind. Die Makrele lebt noch und wird zurück ins Wasser befördert, ab zum Spinnen-Reis. Wir essen lieber vegetarisch. 😉


Vollmond in der dritten Nacht auf See. Kein Wölkchen am Himmel. Alles ruhig. Endlich haben wir mal wieder Zeit zum Lesen. Sehr schön. 🙂 Und es bleibt so, sieht nach einem glatten Durchmarsch aus. Wir scheinen einen guten Kurs gewählt zu haben. Das dicke Tief ist inzwischen von den Azoren bis nach Madeira gezogen. Unser Freund Henning schreibt, dass es sich weiter nach Süden ausdehnt und die Ausläufer uns am Montag früh viel Wind bescheren könnten. Recht soll er behalten. Vielen Dank für die Warnung ! 🙂
Kurz nach Mitternacht geht der Zauber los, nicht schlimm, sondern nur eine Schüppe mehr Wind obendrauf. Es wird laut unten im Schiff. Ausnahmsweise benutze ich Ohrstöpsel und schlafe damit meine Freiwache durch wir ein Murmeltier. Thomas hingegen hat Stress draußen. Er möchte ein zweites Reff ins Großsegel binden, aber das Segel rutscht nicht so einfach herunter. Irgendetwas klemmt, das Großfall ist blockiert. Vielleicht sitzt ein Mastrutscher schief, oder eine Rolle oben im Mast ist gebrochen. Auf jeden Fall eine schlimme Sache, die sich hoffentlich ohne großen Aufwand beheben lässt. Das hätte zum Problem werden können, wenn das Großsegel sich bei zunehmendem Wind nicht verkleinern lässt. Thomas muss ganz nach oben in den Mast klettern, um sich die Sache anzusehen. Aber das hat Zeit, bis wir im sicheren Hafen sind. Vorerst segeln wir so weiter, ohne noch einmal auszureffen. Wind ist genug vorhanden, und wir müssen sowieso bremsen, um „pünktlich“ mit Tageslicht anzukommen. Es liegen noch etwa 100 Seemeilen vor unserem Bug bis Santa Cruz de la Palma.

Das Wettergeschehen bleibt dynamisch. Man kann mit Allem rechnen, aber nichts passiert. Rund um die Kapverden sitzt ebenfalls ein Tiefdruck-Gebiet mit viel rot und lila, aber das wird uns nicht in die Quere kommen. Auf unserer Route bläst es in angenehmer Stärke zwischen 4 und 6 Beaufort, mal etwas mehr und mal etwas weniger Wind. Er kommt durchweg aus Richtung Süd-West, später auf West drehend. Den sonst hier üblichen Nord-Ost erleben wir auf dieser Passage gar nicht, die Wetterlage ist untypisch. Aber gut für uns, so haben wir eine flotte Überfahrt. Am späten Nachmittag schält sich langsam die Silhouette der Insel aus dem Dunst. Gigantische Kulisse, die Berge sind hoch. Etwa in der Mitte befindet sich der Nationalpark „Caldera de Taburiente“. Dieses Gebirgsmassiv besteht aus etlichen Gipfeln mit mehr als 2000 Metern. Höchster Berg ist der Roque de los Muchachos mit 2426 Metern, den haben wir letztes Jahr auf einer mehrtägigen Wanderung näher erkundet.
Die letzten Stunden müssen wir vor der Küste verbummeln, wir können erst ab 8.00 Uhr früh die Marina anfunken. Die Zeit-Verschiebung gilt es zu beachten, wir stellen die Uhren eine Stunde vor. Während der Nacht kommt man nicht in den Hafen, denn da ist der Zugang geschlossen. Ein riesiges Tor schützt den Yachthafen vor einlaufenden Wellen. Es wird erst bei Anruf über Funk geöffnet.

Um 9.00 Uhr früh sind wir drin und werden sehr nett empfangen. 650 Seemeilen in 5,5 Tagen. Schnell und dabei verhältnismäßig komfortabel. Alles lag immer schön auf derselben Seite, kein Klappern und Rollen. Wir haben noch nicht einmal das Kojenbrett gebraucht, sondern konnten uns beim Schlafen ganz bequem die Schräglage des Bootes zunutze machen. Herrliches Segeln während der ganzen Überfahrt, den Motor haben wir nur für die letzte Stunde zur Einfahrt gebraucht. Tolle Passage, sowas macht Lust auf mehr. 🙂 Einziger Wermutstropfen ist und bleibt unsere Aries. Auf halber Strecke der Passage von den Kanaren in die USA hat sie bei schweren Wetterbedingungen einen Knacks gekriegt. Seitdem will sie nicht mehr so, wie wir das wollen. Immer neue Reparatur-Versuche, viel Liebe und Pflege, trotzdem macht unsere Windsteueranlage ständig Ärger. Nun hat sie offensichtlich verloren, wenn ich die Zeichen vom Käpt’n richtig deute. Thomas hat den Kaffee auf und möchte das alte Teil ersetzen. Wahrscheinlich soll es eine Windpilot werden, wir stehen schon mit Peter Förthmann in Kontakt. Bleibt nur noch die Frage offen, wovon wir die bezahlen sollen … 😉

4 Kommentare zu “Santa Maria nach La Palma

  1. Rainer

    Ey, das nenne ich prompte Lieferung! Klasse. Hatten ein schoenes Gespraech gestern. Schoener Bericht Frauke. Wir sind auf dem Weg nach Westen. Liebe Gruesse aus Fiji.

    1. 871385 Autor des Beitrags

      Extra für euch, liebe Freunde von der Meerbaer. Gestern bestellt und sofort geliefert.
      Wir wünschen euch den richtigen Wind und dass eure Passage so easy wird, wie ihr euch das vorstellt.
      Herzliche Grüße vom Atlantik in den Pazifik !

  2. Brigitte Wagner

    Hallo, wiedermal ein toller Bericht. Wir staunen, wie ihr diese Segeltouren meistert. Unsere Reise geht morgen nach Sizilien und werden Ende Oktober zurück sein. Wir hoffen, euch danach zu sehen. Viele liebe Grüße von Biggi und Jochen

    1. 871385 Autor des Beitrags

      Ja fein, das hört sich doch gut an. Kriegen wir hin !
      Ab dem 7. November sind wir frei, wenn nicht bei Thomas noch ein Vorstellungsgespräch dazwischen kommt.
      Immer wieder schön, von euch zu hören bzw. lesen. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen !
      Liebe Grüße von La Palma