Wir segeln und wandern durch die Welt

Uyak Bay, Larsen Bay, Malina Bay

Überraschung ! Anscheinend ist doch eines der Häuser in der näheren Umgebung bewohnt. Wir werden auf Kanal 16 angefunkt. Eine sympathische Stimme fragt, ob wir zu Besuch an Land kommen möchten. Eigentlich fühle ich mich gerade nicht besonders ausgehfein. Bin gerade dabei, den Teig für ein Körnerbrot zu verrühren. Die letzte Dusche war in Sand Point. Wir haben 3 Nächte nicht richtig geschlafen. Ich habe eine Jogginghose an und auch keine Lust, dieses zu ändern. Egal. Wir werden von Wallace mit seinem stark motorisierten Dingi abgeholt. Als selbständiger Fischer hat er gerade die Saison beendet und genießt mit seiner Frau Beth hier den Herbst. Sie wohnen ganz alleine, keine Nachbarn, nur Natur pur. Absolut beneidenswert. 🙂 Hier sagen sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“. Und tatsächlich spaziert ein Fuchs durch deren Garten wie bei uns zu Hause die Kaninchen. Gestern konnten sie einen Kodiak-Bären am Strand beobachten. Bereits zweimal wurde in das Haus von Beth und Wallace eingebrochen. Nicht von Menschen, sondern von Bären, die sich gewaltsam Zutritt verschafft haben und nach Vorräten gesucht haben.

Wir lernen in der Uyak Bay wunderbare Menschen kennen, für die sich der Abstecher auf jeden Fall gelohnt hat. Die Beiden sind total hilfsbereit und für uns immer über Funk erreichbar. Sie laden uns in ihr schönes Haus zu Kaffee und Cookies ein. Beth fragt sogar, ob wir Lebensmittel brauchen. Wie lieb von ihr ! Natürlich dürfen wir das Starlink benutzen und können unsere e-mails checken. Ein Angebot der Marina in Homer ist dabei, die hätten Platz für die Walkabout. Es sieht aber vom Wetter her nicht so aus, als ob wir da in den nächsten Tagen hinkommen würden. Wallace telefoniert für uns mit der Marina in Kodiak und fragt nach einem Stellplatz. Er kennt den Mann, der das zu entscheiden hat, aber der ist gerade nicht im Dienst. Er wird sich so bald wie möglich melden, also warten wir weiter auf eine Antwort. Wäre auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, ohne die immer im Starkwind liegende Strecke nach Homer einschlagen zu müssen. Auch Port Lion wäre eine gute Option zum Bleiben, da diese Marina quasi auf dem Weg liegt. Leider erhalten wir auf unsere Anfrage per e-mail eine Absage. Alles ist voll belegt, kein Platz für uns.
Zum Abend hin wird der Wind stärker. Ich bin immer unzufrieden, wenn wir Schutz in einer Ankerbucht suchen, obwohl das Wetter noch ganz moderat ist. Okay, es brist auf. Wir bleiben noch ein bisschen. 😉

Von Boot aus können wir Rehe am Ufer beobachten. Es gibt große Herden in diesem Teil der Kodiak Insel, da ist die Rede von 80 – 100 Tieren. Dutzende von Seeottern aalen sich im Wasser. Es scheint, als ob die den Sonnenschein genießen. Super schönes Wetter lädt zu einem Tagesausflug ein. Wir machen unser Dingi klar, fragen kurz per Funk um Erlaubnis und paddeln an Land. Wir besuchen die Harvester Insel, die Häuser dort gehören der Verwandtschaft von Beth und Wallace. Niemand da im Moment, wir haben die Insel ganz für uns alleine. Ein Paar Weißkopf-Seeadler fliegt über unseren Köpfen. Riesige Seesterne liegen am Flutsaum. Am Strand stapelt sich von der Sonne ausgebleichtes Totholz. Darunter sind ausgewachsene Baumstämme wie der, mit dem wir kürzlich kollidiert sind. Ganz nebenbei : Windsteueranlage ist wieder repariert, es gibt eine neue Schraube als Soll-Bruchstelle.

Natürlich möchten wir ganz nach oben auf den höchsten Berg. Das ist der Auftakt zu einer schweißtreibenden Wanderung. Wege gibt es nicht, das Gelände ist steil und überwuchert. Wir schlagen uns durch mannshohes Gestrüpp einen rutschigen Hang hinauf. Meine Güte, was ist das anstrengend nach so einer langen bewegungslosen Zeit ! Warum machen wir das eigentlich ? Warum bleiben wir nicht im einfachen Gelände und spazieren unten entlang um die Insel ?

Oben angekommen gibt es eine kurze Pause mit schönem Rundum-Blick. Ein Weißkopf-Seeadler sitzt ganz in der Nähe auf einem Baum. Ein anderer dieser stolzen Vögel fliegt über uns seine Runden. Wir fragen uns, ob es dasselbe Paar von gestern ist. Die sind ihren Partnern lebenslänglich treu, wahrscheinlich bleiben sie auch ortsgebunden.

Schon bald machen wir uns auf den Rückweg, der zwar ebenfalls querfeldein ist, aber nicht ganz so kraus wie der Aufstieg. Vor uns läuft ein junger Hirsch. Wir staunen nicht schlecht, als sich das Tier nur wenige Meter von uns entfernt auf einem Sandhügel hinlegt. Es hat keine Angst, ist überhaupt nicht scheu. Anscheinend wird hier nicht gejagt. Der Hirsch ruckelt sich zurecht und stört sich nicht weiter an uns. Faszinierend. 🙂

Die Wettervorhersage ist gar nicht gut, um die Shelikof Strait zu überqueren und hinauf ins Cook Inlet zu segeln, wo unser Endziel Homer liegt. Wir haben nicht nur sehr viel Wind zu erwarten, sondern der kommt leider auch noch aus der falschen Richtung. Im Augenblick sieht es so aus, als würden wir eine ganze Woche festhängen. Geduld fällt diesmal besonders schwer, weil uns nur noch 150 Seemeilen vom Saisonende trennen. So nahe dran an Ruhe, Erholung, Stadt, ein klein wenig „normalem“ Leben. Wir werden ein Stückchen weiter in die Larsen Bay fahren, damit uns nicht die Decke auf den Kopf fällt.

Mittags kippt die Tide, genau der richtige Zeitpunkt, um mit dem Strom zu schwimmen. Mit unserem Anker holen wir eine Menge Kelp und einen Seestern hinauf. Dauert nur zwei Stunden, dann erreichen wir die kleine Ansiedlung und machen an einem rostigen Lastkahn fest. Sofort kommt ein bärtiger Mann in Arbeitskleidung und stellt sich als „Troy“ vor. Er ist der einzig Übriggebliebene der Fisch-Fabrik. Hier werden in der Saison Unmengen von Wildlachs angeliefert und verarbeitet. Jetzt ist der Sommer zu Ende, alle anderen Arbeiter haben den Ort verlassen. Nur ein Aufpasser bleibt, und im 4-Wochen-Rhythmus wird gewechselt. Troy heißt uns herzlich willkommen und gibt uns offiziell die Genehmigung, am privaten Anleger zu bleiben. Klasse, denn hinter dieser „Barge“ kann uns der Sturm gar nichts anhaben. Lediglich ein Stück von unserem Mast ist zu sehen, der Rest bleibt komplett im Windschutz. Genial. Nur das Internet fehlt. Wir haben uns in Nome eine SIM-Karte gekauft, die angeblich in Alaska funktionieren sollte, hatten damit aber leider nur in Nome Empfang, also genau 2 Tage. Telefonieren innerhalb der USA können wir, aber null Data. Blöde SIM-Karte, schlechte Beratung. 🙁

Das Betriebsgelände der Lachs-Fabrik wird beherrscht von Vögeln. Möwen natürlich, schwarze Kormorane und Elstern haben hier ein glückliches Leben. Kein Fleck ohne Vogeldreck. Man braucht unbedingt Gummistiefel für den Weg über die Holzpier, die rostige Gangway und zwischen den verlassenen Baracken hindurch zum bewohnten Teil. Weißkopf-Seeadler haben ihr Revier am Eingang des Fabrikgeländes. Troy wohnt mitten in der Natur. Zum Verwalterhaus führt eine hölzerne Brücke, auf der ein Fuchs so selbstverständlich spaziert, als wäre er der Hund von Troy. Am Straßenrand stehen einige Bäume, aus denen das Gemecker eines Eichhörnchens zu hören ist. Wir suchen und entdecken das Nagetier in einer Astgabel. Etwas kleinwüchsig sieht es aus, aber das ist ja nicht weiter verwunderlich in dieser kalten Region.

Das Wetter wird schlechter, es fängt an zu regnen. Draußen heult der Wind, aber die Walkabout liegt absolut sicher und bewegungslos. Wir machen einen kleinen Rundgang durch Larsen Bay. Die paar Häuser kann man noch nicht einmal als „Dorf“ bezeichnen. Ganzjährig leben hier 20 Menschen, so erzählt uns Troy. Es gibt ein gut aussehendes Schulhaus sowie einen schönen Spielplatz, aber keine Kinder mehr. Ein kleiner Laden existiert, der manchmal geöffnet ist, aber Mitte Oktober gerade nicht. In jedem noch so kleinen Örtchen findet man erstaunlicherweise ein Post Office. Da fragt man sich doch, warum und für wen ist das täglich geöffnet ? 😉 Interessant ist auch der Job des „Public Safety Officer“. Diese Funktion beinhaltet Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst gleichzeitig. Die VPSO ist ein offiziell aussehendes Gebäude, ein geländegängiger Wagen steht vor der Tür.
Wir laufen über einen verlassenen Friedhof. Daneben steht eine Kirche ohne Kirchturm. Die Glocke finden wir draußen auf der Wiese. In den USA sind die Kirchen nie verschlossen, und auch in dieser einsamen Gegend sind die Türen auf. Wir betreten den muffig riechenden Raum und staunen über die vielen kostbaren Dinge, die dort liegen oder hängen. Am meisten beeindruckt eine alte Bibel in einer silbernen Buchhülle.

Früh am nächsten Morgen laden wir die neuesten Wetterdaten. Wir möchten schließlich keine Gelegenheit verpassen, die letzten 150 Seemeilen warten. Keine Chance, diese Etappe in einem Rutsch zu machen. Dafür brauchen wir ein zwei-tägiges Wetterfenster, aber das ist die ganze nächste Woche nicht in Sicht. Während wir noch überlegen und darüber diskutieren, ob wir uns vielleicht in kleinen Schritten vortasten, geht eine e-mail von Victor Wejer ein. Ende der Diskussion. Der Fachmann für diese kalten Regionen sagt ausdrücklich, dass wir im Schutz von Larsen Bay bleiben sollen. Auf gar keinen Fall sollen wir vor Freitag ans Weiterfahren denken. Heute ist Montag. Puh – harte Nummer ! 🙁

Am Eingang eines Hauses hängt ein Schild mit dem Ausdruck „Tribal“. Wir sind neugierig und schauen uns das Fenster etwas genauer an. Die indigenen Völker Alaskas sind Indianer und Eskimovölker aus dem Gebiet des heutigen US-Bundesstaates Alaska, wo 225 der 562 in den USA anerkannten Stämme leben. Diese haben besondere Rechte zugestanden bekommen, z. B. dürfen sie Wale und andere Meeressäuger jagen. Außerdem erhielten sie Landbesitzrechte. Zwei dieser „Alaska Natives“ stehen vor der Tür, mit denen kommen wir ins Gespräch. Sie stellen einige Fragen und geben uns zum Schluss die übliche Warnung mit auf den Weg : „Nehmt euch vor den Bären in acht !“ Der Mann ist offensichtlich der Dorf-Sheriff, denn er fährt den Wagen der VPSO. Die Frau läuft witzigerweise in Jogginghosen herum, wie kleine Kinder sie lieben. Schön weich und plüschig, mit buntem Weihnachts-Motiv. Man denkt sofort an Ausverkauf bei KiK. 😉 

Strand-Spaziergang bei Ebbe. Man kann die verschiedensten Vögel am Flutsaum beobachten, darunter auch ein Paar Weißkopf-Seeadler. Wir finden allerlei merkwürdige Dinge. Enorm große Quallen, interessante Muscheln, Steine mit eingewachsen bunten Steinchen drin. Neben den spannenden Auswüchsen, die die Natur bereitstellt, gibt es abgerissene Käfige zur Austernzucht und rostige Motorteile zu bestaunen. Der Größe und der Anzahl nach wird vermutlich irgendwo in der Bucht das Wrack eines riesigen Schiffes liegen.

Gegen Mittag müssen wir umkehren, denn das Wasser läuft wieder auf. An einer Stelle wird der Strand bereits so schmal, dass wir einen Weg weiter oben suchen. Tatsächlich gibt es eine zugewachsene Spur, die den Hang hinauf führt. Zwischendurch teilt sich der Pfad oder verliert sich zwischen umgestürzten Bäumen und nassem Kraut. Dauert länger, als wir dachten, und zum Strand zurück führt es bestimmt nicht. Es kommen leichte Zweifel auf, aber im Großen und Ganzen geht es immer weiter. Wir landen an einer Schotterstraße, der wir in Richtung der Häuser folgen. In der Ferne sehen wir ein großes Schild aus Holz, aus unserer Perspektive allerdings nur von hinten und ohne Text. Wir sind gespannt, was da drauf steht. So sehen die Schilder an den Wander-Parkplätzen aus. Aber das hier ist eher das Gegenteil : Bären-Warnung. Ein ganz klares Verbot. Betreten dieses Gebietes wird sogar bestraft. Ja, wenn wir das gewusst hätten ….. Von der anderen Seite haben wir kein Schild gehabt, weil wir erst am Strand und dann querfeldein durch die Büsche gestapft sind. Hoffentlich werden wir jetzt nicht verhaftet, weil wir unerlaubt dort gelaufen sind. Bären haben wir keine gesehen, aber die vielleicht uns.

Am nächsten Tag mischen wir uns unter die Leute, spazieren also Richtung „Ortskern“. Die Tür zur Post ist geöffnet, im Raum dahinter sitzt aber kein Mensch. Lediglich die Schließfächer sind zugänglich, außerdem steht da ein Schreibpult mit Utensilien und ein Briefkasten zum Einwerfen der Post. Man soll klingeln, wenn man anderen Service benötigt. Macht Sinn. Wahrscheinlich wohnt der oder die Postbeamte darüber in der Wohnung und kommt nur bei Bedarf herunter.
Nächste Station ist das „City House“. Dort haben wir Menschen herauskommen sehen und fragen die Jungs, um was für ein Gebäude es sich handelt. Das ist ein Rathaus, gleichzeitig Stadtwerke und Mini-Markt. Es gibt viele Zimmer mit offenen Türen, vorne eine Art Rezeption, an der Niemand sitzt. Wir machen uns durch Rufen bemerkbar und werden von Jessica erhört. Sie bringt uns in einen Büroraum, in dem tatsächlich noch eine weitere Dame arbeitet. Zwei Angestellte, bei denen die paar Einwohner ihre Rechnungen für Strom, Wasser, Müllgebühren etc. bezahlen müssen. Außerdem werden ein paar Kleinigkeiten an Lebensmitteln für den täglichen Bedarf verkauft. Heute ist leider nichts mehr zu holen. Das Regal ist leer, das ganze Dorf wartet auf’s Flugzeug mit der nächsten Lieferung. Auch Troy, unserem Wachmann von der  Lachs-Fabrik, gehen die Vorräte aus. Wir laden ihn für abends zum Essen ein. Ein interessanter Mensch, gute Unterhaltung. 🙂

Mittwoch bekommen wir zum ersten Mal etwas vom Sturm mit, weil der Wind gedreht hat. Bei uns pfeift es ganz ordentlich um die Ecken. Wir sind froh, dass wir trotz chronischer Langeweile an diesem geschützten Fleck geblieben sind. In der Shelikof Strait sind 35 bis 50 Knoten angesagt. Die Wellen kommen jetzt direkt von achtern und laufen unter der Walkabout durch. Das Boot zerrt an den Festmachern, so dass Thomas lieber noch ein paar mehr Leinen ausbringt. Es wippt kräftig auf und nieder, wir erleben ein paar schaukelige Stunden an Bord.

Die „cannery“ existiert bereits seit 1911 an diesem Ort und beschäftigt in der Saison 300 Mitarbeiter. Wir werden zu einer sehr exklusiven Betriebs-Besichtigung eingeladen. Zwei Stunden lang bekommen wir von Troy eine interessante Führung  durch riesige Hallen, voll mit Maschinen, die zum Teil seit der Gründung in Gebrauch sind. Da steht zum Beispiel eine uralte Singer-Nähmaschine, die angeblich noch funktioniert.  Museums-reif, aber auf jeden Fall noch sehr gut in Schuss.

Troy nimmt uns auch mit auf seiner Fahrt zur Müll-Deponie. Das ist eine Grube außerhalb des Dorfes, in der alle Abfälle verbrannt werden. Dort sollen sich oft Bären herumtreiben, aber heute lassen die sich nicht blicken.

Zum Abschied bekommt unser netter Wachmann eine Tasche mit Kaffee, Keksen, Bockwurst und Dosenfisch geschenkt. Kleine Gegenleistung dafür, dass wir hier so geschützt und kostenlos liegen dürfen. Auch wir bekommen Geschenke. Eine Original -Wasserflasche der Larsen Bay Company und 4 Orangen. Wir freuen uns riesig. 🙂 Wann hatten wir denn das letzte Mal Orangen ? Das war auf der Passage von den Azoren nach Grönland, danach gab es kein frisches Obst mehr.

Beth hat ein Schließfach bei der Post in Larsen Bay. Troy holt ihre erwartete Brief-Sendung ab und übergibt sie an uns. So ist das auf dem Dorf : Jeder hilft Jedem. Wir fahren also noch einmal von der Larsen Bay zur Uyak Bay, um Beth ihre Post zu bringen. Ein Karton mit leckeren Sachen wird von Boot zu Boot gereicht. Es fühlt sich ein bisschen an wie Weihnachten. Heute wird nicht mehr gekocht, Tortellini mit Bolognese-Sauce müssen wir nur aufwärmen. Auch ans Dessert hat Beth gedacht, dazu noch eine Dose ihrer selbstgebackenen Kekse. Was für eine tolle Überraschung ! Wir werden uns auf jeden Fall im nächsten Jahr wiedersehen. 🙂

Seit 16.30 Uhr unterwegs in der Shelikof Strait. Die ersten Stunden läuft es richtig gut, mit über 5 Knoten segeln wir entlang der Nordseite von Kodiak. Ab 22.00 Uhr werden wir immer langsamer. Der Wind nimmt zu und kommt aus Nord-Ost, leider ein paar Stunden früher als vorhergesagt. Die ganze Nacht hindurch kämpfen wir gegen Wind und Strömung, dabei kommen wir nur noch mit 2,5 bis 3 Knoten pro Stunde vorwärts. Nicht effektiv. 🙁 Um 7.00 Uhr in der Frühe entscheiden wir uns zum Abbruch anstatt noch weiter gegenan zu eseln. Kursänderung um 90° in einen Einschnitt, der bereits zur nächsten Insel Afognak gehört. Dort geht es in die Malina Bay. Wir fahren 10 Meilen hinein in den Fjord und ankern ganz am Ende auf 7 Meter Tiefe. Wieder nur 60 Meilen weiter, der Weg bis nach Homer durch die Shelikof Strait ist kein leichter.
Ein Schnellboot kommt auf uns zu, während Thomas gerade mit der Angel draußen steht. Das sind die „State Trooper“ in voller Uniform, bewaffnet mit allen Drum und Dran. Die Beamten verkörpern die höchste Staatsgewalt, Wasserschutz-Polizei und Sheriff gleichzeitig. Die ersten Fragen gelten der Schiffs-Sicherheit. Sie möchten wissen, ob wir Signalraketen, Fackeln, Rettungswesten, Epirb an Bord haben. Es ist die Zeit der Elk-Jagd, und die Beamten kontrollieren, ob alle Jäger die nötige Erlaubnis haben. Dummerweise braucht man in Alaska eine Angel-Lizenz, und die hat mein Käpt’n nicht. Oh weh, das riecht nach Ärger ! 🙁  Die State Trooper checken die Lage, sehen die Angel und fahren das volle Programm auf. Ich werde herausgerufen und begutachtet, Thomas muss seinen Ausweis zeigen, dann kommt der Wichtigere zu uns mit einem Stapel Papiere an Bord. Es folgt eine Belehrung über Sinn und Zweck der Angel-Lizenz, die verschiedenen Arten von Ködern, Höhe der Strafe. Der Officer macht es besonders spannend, indem er uns erklärt, dass er die Wahl hat zwischen einer hohen und einer milden Strafe. Er hat den Stift schon in der Hand. Dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Der State Trooper ist tatsächlich so nett und verzichtet auf das Ausfüllen und Abkassieren, dabei hätte er uns auch ein Ticket über 340,- Dollar verpassen können. Unglaublich ! Zum Abschied sagt er : „Enjoy Alaska“ – Genießt Alaska. 🙂 Meine Güte, was sind die Leute cool hier im Land !
Abends erreicht uns schon wieder ein Lob von Victor. Er findet es „very smart“, dass wir den Gegenwind in der Malina Bay abwarten.

2 Kommentare zu “Uyak Bay, Larsen Bay, Malina Bay

  1. Carsten

    Was für eine Grand Tour, wie cool, da werde ich beim Lesen ganz hibbelig. Umsomehr beim Lesen der Wanderung durch die Büsche. Nehmt die Bärenwarnung ernst, immer, überall, mit und ohne Schilder.

    1. 871385 Autor des Beitrags

      Hallo Kanu-Carsten !

      Brauchst nicht mehr hibbelig zu sein, bei uns passiert in nächster Zeit gar nichts mehr. Entspannte Winter-Pause. 🙂
      Danke auch für deine e-mails. Beim Lesen habe ich gedacht : „Meine Güte, was ist dieser Kanu-Carsten klug.“ Im Ernst, du hast ein paar ganz wesentliche Punkte erfasst und verstanden, obwohl du selber ganz anders unterwegs bist. Mein Haupt-Problem auf längeren Törns ist tatsächlich die Bewegungslosigkeit. Das war in der NW-Passage echt grob, muss ich nicht nochmal wiederholen.
      Jetzt freuen wir uns auf den Sommer in Alaska und auf den nächsten Long-Trail, PCT geplant in 2025.
      Wünsche dir schöne Weihnachten, einen guten Rutsch und viele Ideen für deine nächsten Abenteuer.

      Herzliche Grüße sendet dir Frauke
      ( Thomas arbeitet, um das für Diesel verschleuderte Geld wieder hereinzuholen )