Wir segeln und wandern durch die Welt

Freud und Leid in der Lamb’s Marina

Jeden Abend ertönt lautstarkes Frosch-Konzert im Sumpf. Mehrere Tage leiden wir unter brütender Hitze. Tagsüber rinnt der Schweiß beim Nichtstun. Nachts kann ich nicht schlafen, es ist viel zu warm. Heftige Gewitter ziehen direkt über uns hinweg und lassen das Boot erzittern. Grelle Blitze und unmittelbar darauf folgender Donner zeigen, wie nah wir dran sind am Unwetter. Eine Woche nach Beendigung des Trails haben wir uns wieder ganz gut eingelebt. Aufräumen, Putzen, Wäsche, einige kleine Arbeiten am Boot sind erledigt. Thomas kümmert sich um die Bestellung von Material zum Verkleiden unserer neuen Dachluken. Bestandsaufnahme beim Proviant und Zukauf von Lebensmitteln fallen in meine Zuständigkeit, Bank-Geschäfte ebenso. Einer der Feuerwehr-Männer vom Rescue-Team aus Buchanan hat uns eine große Freude gemacht. Ein Päckchen mit AT-Shirt und der guten Sonnen-Kappe von Thomas ist angekommen. Herzlichen Dank an Hunter Smith! 🙂 Wichtige Dinge konnten inzwischen abgehakt werden : Bestellung des neuen Segels läuft endlich. Wir sind gespannt, ob die zugesagte Lieferzeit von 4 Wochen eingehalten wird. Umtausch meiner Keen-Schuhe, die nach nur 800 Kilometern starke Ermüdungserscheinungen zeigen. Sehr kulant, wie gewohnt, wir bekommen ohne Diskussionen einfach das Geld zurück. Booster-Impfung „to go“ in Elizabeth City klappt nach Plan. Schnell und unkompliziert, wie in den USA üblich. Online buchen wir unsere Termine in der CVS-Apotheke. Eine hübsche junge Frau erscheint pünktlich mit dem Besteck, hockt sich vor uns auf den Boden und hinein mit der dritten Dosis Pfizer BioNTech.

Am längsten hat der Weg gedauert, 6 Kilometer hin und 6 Kilometer zurück bis zur Lamb’s Marina. Am Highway werden wir Zeugen einer Rettungsaktion. Da hat doch tatsächlich eine Tierfreundin ihren Wagen angehalten, um eine Schildkröte in Sicherheit zu bringen. Erst vorgestern war Thomas mit Charly im Auto unterwegs und hat gesehen, wie eine Schildkröte versuchte, die Straße zu überqueren. Ausgang ungewiss.
Unsere Luken sind fertig – sieht richtig schick aus und leckt hoffentlich in Zukunft nicht mehr.

Der Bug müsste schon wieder neu gestrichen werden, weil die Walkabout während unserer Abwesenheit ein paar Mal am Steg angestoßen ist. Der Wasserstand in der Marina war plötzlich um einen Meter gefallen, so dass die Länge unserer Leinen nicht mehr stimmte. Macht nichts, das ist nur Kosmetik. Wir sind eigentlich bereit zum Weiterfahren. Geplant sind einige Tage auf dem ICW, dann möchten wir Danny in der Chesapeake Bay besuchen. Anschließend soll es weiter an der Ostküste hoch nach Norden gehen. Wir liebäugeln mit einer Woche New York – mal abwarten, ob sich das ( finanziell gesehen ) realisieren lässt. Der Motor ist überprüft und brummt wie gewünscht. Unser Wassertank ist voll bis zum Anschlag. Trinken können wir es aus dem Kran immer noch nicht, es schmeckt trotz zweierlei Filtern einfach scheußlich. Irgendwie ist da der Wurm drin, seit die Walkabout auf El Hierro so lange weggeparkt war. Mit unseren Sawyer-Filtern vom Trail können wir das Wasser zum Trinken und Kochen brauchbar machen. Liegeplatz in der Marina Santa Cruz de la Palma ist ab dem 15.09. reserviert. Wir bekommen Besuch von Lisa und Johanna. 🙂 Danach steht Deutschland-Urlaub auf der Agenda. Wir werden im Juni zum dritten Mal Großeltern, weswegen wir natürlich gerne noch eine Ehrenrunde drehen. Die Famile lockt – Kinder, Enkelkinder, Freunde wiedersehen. Biggi und Jochen von der „Flying Dog“ möchten wir gerne besuchen, vielleicht klappt sogar ein Treffen mit Helga und Peter von der „Twiga“ in Österreich. Interview-Termin in Berlin für das US-B2-Visum ist am 03.11. bestätigt. Damit werden unsere Einreisen und Aufenthalte für die nächsten 10 Jahre gesichert. 🙂

Kakerlaken-Alarm am Abend. Eins dieser ekligen schwarzen Krabbeltiere kommt unter der Decke hervor, während ich die Schlafkoje richte. Mit unserem Elektroschläger bekommen wir den Schädling erledigt oder zumindest betäubt, er wird über Bord geworfen. Einfach nur widerlich. 🙁 Am nächsten Abend hat Thomas das zweifelhafte Vergnügen, als er die Tür zur Vorderkoje öffnet. Auch dieser Kakerlake wird der Garaus gemacht. Wir nehmen unser Schlafzimmer komplett auseinander, räumen alle Fächer leer. Es wird gesaugt und geputzt, alles kontrolliert. Wir finden NICHTS. Das könnte ja jetzt beruhigend sein. Aber nur einen Tag weiter flitzt eines dieser Viecher kackfrech durch den Salon, während wir gerade die Nachrichten im Fernsehen anschauen. Rechtzeitig entdeckt und wird sofort erledigt. Thomas findet noch eins dieser braunen Krabbeltiere in der Pantry. Diesmal sind wir nicht schnell genug, die Kakerlake verschwindet in irgendwelchen Ritzen des Schrankes. Das ist jetzt aber gar nicht mehr lustig. Die können wir nicht mehr wegleugnen oder wünschen, dass die Plage vorbei ist. Vier Tage in Folge, vier Kakerlaken, und mindestens eine hat überlebt.

Unsere Küche wird demontiert und sorgfältig durchsucht. Ohne Ergebnis. Inzwischen haben wir Köder-Boxen ausgelegt und werden noch zusätzlich Gel kaufen, mit dem wir den Befall hoffentlich in den Griff kriegen. Thomas macht sich im Internet schlau und bastelt eigene Fallen, in denen die Cucarachas mit Bier und Banane angelockt werden sollen. 🙁

Samstag erleben wir Hafen-Kino, wie man es seinem schlimmsten Feind nicht wünscht. Mitten im Kochvorgang ist das Gas leer. Thomas muss nach draußen, um eine neue Gasflasche anzuschließen. Ich höre nur : „Ach, du Scheiße !“ Mehrere Wagen stehen mit funkelndem Blaulicht auf dem Rasen, eine weitere Sirene nähert sich. Polizisten und aufgeregte Menschen rennen auf dem Steg herum. Das Nachbarboot wackelt bedenklich, da ist irgendwas los. Charly läuft rauchend umher, dann muss etwas mit Franny passiert sein. Sie wird von Bord transportiert und auf den Steg gebracht, umringt von Rettungs-Sanitätern. Mehr als eine Stunde liegt Fran mit bloßem Oberkörper auf dem Boden. Sie hängt an einer Maschine zur Herz-Massage, mehrere Flaschen Sauerstoff werden hintereinander verabreicht. Die Polizisten schwärmen in alle Richtungen aus, befragen die Leute, reden mit Charly, auch Mr. Lamb persönlich ist inzwischen erschienen. Das Boot direkt neben unserem wird hell beleuchtet, die Sheriffs knipsen innen Fotos aus allen möglichen Perspektiven, Notizen werden gemacht. Alle sehen sehr besorgt aus. Die Reanimation geht weiter. Gegen 22.00 Uhr wird die Krankenliege endlich in den Rettungswagen geschoben, und ab geht es mit Höchstgeschwindigkeit und Sirenengeheul. Noch eine weitere Stunde herrscht aufgeregte Unruhe in unserer kleinen Marina. Wir sind völlig geschockt. Noch am Nachmittag hat Fran mich zu ihrem Boot gerufen und gefragt, wann wir abfahren. Sie wollte heute einen Kuchen backen und hat mir ihr Geheim-Rezept verraten. Ich sehe sie noch ganz deutlich vor mir im schwarzen Mini-Rock und silberfarbenem Glitzer-Top. Ziemlich schräges Outfit. Die Dame ist bereits über 70 …. bzw. war. Franny hat es leider nicht geschafft. Charly sitzt nun alleine am Picknick-Tisch. 🙁 So schnell kann es gehen, und das Leben ändert sich von jetzt auf gleich. Das ist doch unfassbar ! 🙁

Ein Kommentar zu “Freud und Leid in der Lamb’s Marina

  1. Rainer

    Wie das Leben spielt! Bleibt gesund und munter fuer euren weiteren Weg in Richtung EU. Gute Weiterreise wuenschen die „meerbaeren“.