Wir segeln und wandern durch die Welt

Lamb’s Marina bis Miami

Wir sind geimpft. Zum ersten Mal wenigstens. Im Frühjahr galt in Deutschland noch die Priorisierung, da waren wir noch nicht dran. Auf den Kanaren und den Azoren musste erst die einheimische Bevölkerung durchgeimpft sein, bevor die Touristen sich pieksen lassen dürfen. Auf der Insel Pico hätte es fast geklappt, da waren sogar schon unsere Pässe im Krankenhaus registriert. Nur leider war der Impfstoff dann nicht vorrätig. Zwei Wochen später bekamen wir eine e-mail, dass er nun da ist, wir sollten morgen zum erneuten PCR-Test kommen. Allerdings waren wir gerade auf dem Sprung zur nächsten Insel Santa Maria. Also wurde das den ganzen Sommer nichts mit dem Impfen, dafür waren wir in 2021 „dauer-getestet“. In den USA spaziert man einfach in die nächstgelegene Apotheke und holt sich die Spritze ab. Kein Warten, keine Fragen, noch nicht einmal die Ausweise mussten wir vorlegen. In unserem Fall gab es bei der CVS-Apotheke sogar noch einen ( bzw. zwei ) Rabatt-Gutscheine als Dank dazu.

Sonntag, Vierter Advent, Regentag. Es wird überhaupt nicht hell, alles ist grau und kalt. Es regnet ohne Unterbrechung vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Das ist eine günstige Gelegenheit, um alle unsere Segel zu waschen, die ja unterwegs reichlich mit Salzwasser kontaminiert wurden. Der nächste Morgen sieht vielversprechend aus, zaghafte Sonne am Himmel, kein Wind. Wir müssen die Segel hochziehen und alles wieder trocknen, bevor wir es verstauen können. Die Segel und Leinen sind gefroren, das Deck ist vereist. In der Ecke, wo wir liegen, hat sich eine dünne Eisschicht auf dem Wasser gebildet. Die Walkabout ist ein „Keller-Schiff“, der Salon befindet sich zum Teil unter der Wasserlinie. Da ist es wohl kein Wunder, wenn es im Inneren eiskalt ist. Wir gehen mit langem Shirt und zwei Paar Socken ins Bett.
Thomas verbringt viele Stunden damit, einen Leihwagen zu organisieren. Sehr schwierig, diese Preis-Politik zu durchschauen. Eine Versicherung ist grundsätzlich vom Anbieter nicht vorgesehen, dafür braucht es weitere Recherchen. Die günstigste Auto-Versicherung für 10,- US$ pro Tag gibt es leider nur für hier Ansässige, also nichts für uns.

Nette Steg-Nachbarn bringen Thomas bis nach Norfolk, wo er die Sache direkt bei der Mietwagen-Firma in Angriff nimmt. Und jetzt haben wir ein schickes Auto, das incl. Versicherung in etwa so viel kostet wie zwei Bus-Tickets nach Miami. In den nächsten Tagen werden wir unsere Reise nach Florida machen, wo es dann zum Glück wieder deutlich wärmer ist. Damit entkommen wir auch dem Weihnachts-Trubel in der Marina. Sowas haben wir ja gar nicht gerne. 😉 Um unsere Walkabout müssen wir uns nicht sorgen, die ist hier im Dismal Swamp gut aufgehoben.

Am Vormittag des 23. Dezember erledigen wir im freien WLAN von Hardee’s noch schnell die letzten wichtigen Dinge im Internet, dann starten wir Richtung Süden. Gut 1000 Meilen bzw. 1600 Kilometer sind es auf der kürzesten Route, das sollte doch in 48 Stunden bequem zu schaffen sein. Noch vor Einbruch der Dunkelheit haben wir North Carolina hinter uns gelassen. Nach einem kurzen Tank-Stopp geht es mit zunehmendem Verkehr weiter durch South Carolina. Wir beenden den Tag gegen 21.30 Uhr auf dem Parkplatz vom Walmart, einem riesigen Einkaufscenter. Übernachten ist hier ausdrücklich erlaubt. Wir klappen die Rückbank um und machen es uns mit Schlafsäcken gemütlich.

Erstaunlich guter Schlaf, morgens ein Coffee-to-Go und ein kurzer Abstecher ins Post Office. Auf nach Florida, wir möchten in die Sonne. Bereits um 10.00 Uhr fahren wir an einem riesigen Monument vorbei : „Florida welcomes you.“ Und es wird tatsächlich wärmer. Eine Stunde später liegt die Außen-Temperatur schon bei 22° Celsius. Auf dem Boot in der Lamb’s Marina hatten wir beim Aufstehen etwa 15° weniger. Am Rande der Interstate stehen Palmen. Melonen, Erdbeeren, Orangen und Mangos werden auf Werbe-Schildern zum Verkauf angeboten. 🙂 Für einen guten Start brauchen wir noch ein paar Ausrüstungs-Gegenstände. Deswegen machen wir einen Abstecher nach REI in Gainesville. Wir kaufen Gas, Wasserfilter, chemische Tropfen zur Wasser-Behandlung, Hiking-Socken und das aktuelle Handbuch. An der Kasse wird sogar noch unsere Gutschrift auf der Mitgliedskarte berücksichtigt, obwohl diese schon ein paar Jahre alt ist. Zufrieden geht es weiter durch Zentral-Florida. Bei Taco Bell nehmen wir einen kleinen Imbiss ein und sind völlig überrascht, als plötzlich das Telefon mit der nagelneuen US-Nummer klingelt. Leslie ist dran, unsere mexikanische Austausch-Tochter, die inzwischen einen Amerikaner geheiratet hat und in den Bundesstaat Arkansas übergesiedelt ist. Vor 14 Jahren hat sie 8 Monate bei uns in der Familie gelebt. Lange ist es her. Wir freuen uns total über den Weihnachts-Anruf und hoffen auf ein Wiedersehen während unseres Aufenthaltes in den USA. 🙂 Am Heiligabend gegen 20.00 Uhr erreichen wir die Westküste der Halbinsel und sind zum ersten Mal am Golf von Mexiko. Wir lernen ein neues Verkehrsschild kennen, welches in kurzen Abständen am Straßenrand steht : „Panther Traffic“ – Achtung, Panther könnten die Straße überqueren ! Natürlich haben wir gelesen, dass es diese Raubkatzen in Florida gibt …. Aber dass die uns in der Stadt vor’s Auto laufen könnten, dafür reicht die Vorstellungskraft nicht. Das ist ja verrückt ! Wir fahren weiter entlang des Tamiami Trails durch das Big Cypress National Preserve. Etwas weiter verkündet ein grünes Zeichen „Indian Village“. Sind wir jetzt schon in Indianer-Gebiet ? Noch mehr dieser grünen Ortsschilder liegen auf dem Weg. Jedes Mal kommt kurz danach eine Ansammlung von kleinen Häusern und Hütten, mit bunten Lichterketten und leuchtenden Weihnachts-Motiven grell geschmückt. Das sind tatsächlich die ersten Indianer-Siedlungen. Wir befinden uns jetzt im Everglades National Park. Camping ist hier nur an ausgewiesenen Plätzen erlaubt. Für das Durchqueren des Indianer-Gebietes müssen wir uns eine Erlaubnis im Visitor Center holen, aber das hat am 1. Weihnachtstag geschlossen. Für die Nacht suchen wir uns den nächstgelegenen Walmart. Eine sehr gepflegte Anlage, sauber und ordentlich. Morgen ist geschlossen wegen Feiertag. Wir parken unter Palmen. 🙂 Das Thermometer zeigt noch 19° Celsius. Einziger Nachteil : Der Flughafen von Miami ist nicht weit entfernt, Fluglärm also inclusive. Spät genug ist es geworden, haben erst um 23.00 Uhr Feierabend.


Am ersten Weihnachtstag müssen wir das Auto abgeben. Die Skyline von Miami sieht gigantisch aus. Wolkenkratzer, 6-spurige Autobahnen, Über- und Unterführungen ….. Alles Superlative, laut und hektisch. Uns stresst es am frühen Morgen. Thomas schreibt eine Nachricht an den Shuttle-Dienst, der uns am Flughafen abholen und zum gut eine Stunde entfernten Campingplatz bringen wird. Etwa 1700 Kilometer in zwei Tagen, erstmal haben wir genug vom Autofahren. Morgen geht es endlich auf den Florida-Trail. Die nächsten Tage laufen wir durch die Everglades. Im Sumpf wird es keine Netz-Abdeckung geben, also wieder Internet-freie Zone.